EU-Vorratsdaten-Regelung gescheitert
Nach vier Jahren zieht die EU-Kommission eine Bilanz der umstrittenen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Das Ergebnis ist ernüchternd: Die Richtlinie ist gescheitert.
Ursprünglich sollte die Richtlinie zur so genannten Data Retention dazu führen, dass in allen EU-Staaten etwa gleiche Voraussetzungen für die generelle Speicherung von Verbindungsdaten von sämtlichen Internet- und Mobilfunkteilnehmern geschaffen werden.
Jetzt hat die Artikel 29 Datenschutzgruppe einen Bericht vorgelegt. Die Praxis sieht demnach leider völlig anders aus, als das formulierte Ziel der Richtlinie. So werden in einigen Ländern sechs Monate gespeichert, in anderen werden die Daten bis zu 10 Jahren für den Zugriff durch die Behörden gespeichert.
Einzelne Staaten speichern zudem mehr Daten, als durch die Richtlinie abgedeckt. Auch die Entschädigungen für die Telekommunikationsanbieter variieren von Land zu Land sehr stark. Daher, so die Gruppe in der Untersuchung, sei die Richtlinie als Instrument zur Harmonisierung des EU-Binnenmarktes gescheitert. Die Umsetzung sei daher nicht Gesetzeskonform.
Seit 2006 gilt diese Regelung, die Internet-Provider und Telefonanbieter verpflichtet, alle Verbindungsdaten eines Teilnehmers mindestens ein halbes Jahr ohne vorliegenden Verdacht zu speichern.
Gegen die Richtlinie verstoßen auch Länder, die neben den reinen Verbindungsdaten auch Inhalte abspeichern. So würden teilweise Texte aus Mails erfasst. Andere zeichneten nicht nur Beginn und Ende eines Telefonats auf, sondern auch, wie sich der Anwender während des Telefonats bewegt.
Bemängelt wurde von der Gruppe auch die Kommunikationspolitik der einzelnen Länder. So seien kaum statistisch relevante Daten zur Vorratsdatenspeicherung von den Staaten zu bekommen. Das mache es auch unmöglich, den Nutzen dieser flächendeckenden Aufzeichnung zu evaluieren.
Im September will die Kommission eine Evaluierung der Data-Retention-Direktive veröffentlichen. Bürgerrechtler und Verbände forderten inzwischen sogar eine Aufhebung der Massenspeicherung, nachdem im März das Bundesverfassungsgericht die deutsche Umsetzung der Richtlinie als verfassungswidrig eingestuft hatte. Karlsruhe sieht in der Überwachung einen “besonders schweren Eingriff in das Fernmeldegeheimnis”. Aus den gespeicherten Daten ließen sich inhaltliche Rückschlüsse “bis in die Intimsphäre” jedes Bürgers ziehen.