Agile bedingt demnach Lean-Konzepte wie Kundenorientierung, Dezentralisierung, Empowerment, Total Quality Management, kontinuierliche Verbesserung (Kaizen), das Pull-Prinzip oder cross-funktionale Prozessorientierung. Die Umsetzung dieser Prinzipien für die Software-Entwicklung verlange daher meist einen organisatorischen Paradigmenwechsel, hieß es. Agile sei daher nicht nur ein Thema für Software-Entwickler – sondern zugleich und zuallererst ein Top-Management-Thema mit Auswirkungen auf die Gesamt-Organisation, den Unternehmenserfolg und den IT-Dienstleistungsmarkt.
Arthur D. Little hat nach eigenen Angaben bei großen Unternehmen Projekte zur Transformation in eine nachhaltige und umfassende agile Entwicklungsorganisation durchgeführt. Die Erfahrungen aus diesen Projekten hat der Berater nun im Rahmen einer weltweiten Studie unter Unternehmen der TIME-Industrien (Telekommunikation, Informationstechnologie, Massenmedien und Entertainment) zusammengefasst.
Diese zeige, dass Agile funktioniert, derzeit global ein breiter Trend in Richtung Agile vorliegt und Agile erhebliche Bottom- und Top-Line-Effekte für Unternehmen realisiert. Zugleich zeige die Studie jedoch auch, dass die Voraussetzungen, Risiken und Hürden einer agilen Transformation massiv unterschätzt werden und oft blind den Empfehlungen radikaler Agile-Evangelisten gefolgt wird.
Veränderung der Organisation und Auswirkung auf den Unternehmenserfolg
Die Transformation zu Agile Development impliziert demnach ähnliche radikale Änderungen der Unternehmen insgesamt, wie sie der Schritt zu Lean Production im Produktionsbereich der Automobilbranche verlangt hat. Dabei sind die Entwicklungsprozesse im Vergleich schwieriger zu steuern, sie beinhalten weichere Erfolgsfaktoren und viel Unsicherheit und Risiko.
Zudem sind sie komplex mit weiteren Haupt- und Serviceprozessen verknüpft, beispielsweise Anforderungsmanagement aus den Geschäftsprozessen sowie Marketing, Sourcing, IT-Betrieb sowie gegebenenfalls IT-Marketing und Vertrieb. Die Konsequenz: Die organisatorischen Implikationen sind nicht nur für die IT-Demand- und Supply-Organisation grundlegend, sondern das Prinzip Agile liefert einen starken Impuls für eine zweite Lean-Management-Welle innerhalb der gesamten Organisation.
Die Studie zeigt demnach, dass bei gelungener Transformation bis zu 40 Prozent der Entwicklungszeit und -kosten gespart werden können. Durch positive Effekte auf Kundennutzen, Qualität, Effizienz und Time-to-Profit können Benchmark-Unternehmen einen verallgemeinerbaren positiven Cash-Flow-Effekt von bis zu 3,5 Prozent des Umsatzes pro Jahr erzielen. Langfristige strategische Wettbewerbseffekte sind in diesen Werten noch nicht berücksichtigt.
Verschiebung der Gewichte im IT-Dienstleistungsmarkt
Agile verlange eine tiefe Partner-Partner-Beziehung zwischen Software-Entwicklung und Kunden (Third Generation R&D), hieß es. Dies betrifft vor allem die Risikoverteilung, die Form der Zusammenarbeit und die Kenntnisse der Entwicklung über den Kunden und das Anwendungsgebiet. In der Vergangenheit war Agile daher zunächst stark auf die unternehmensinterne On-Site-Software-Entwicklung ausgerichtet.
An dieser Stelle verschiebt Agile die Balance zwischen ‘Make-or-Buy’-Entscheidungen von IT-Produkt-Unternehmen wie zum Beispiel Telekomausrüstern oder Embedded-Software-Herstellern in Richtung ‘Make’, das heißt, sie übernehmen diese Aufgaben selbst. Doch auch die Adaption von Agile an Partnerschaften mit Entwicklungs-Dienstleistern ist möglich, verlangt jedoch neue grundlegende Formen der Zusammenarbeit und ist daher eine echte Herausforderung für beide Organisationen.
Dienstleistern und Kundenunternehmen, die diese Herausforderung meistern, winkt die “Agile Dividende” in den Dimensionen Kosten, Erlöse und Time-to-Profit. Gerade westliche High-Skill/High-Cost-Dienstleister können aufgrund ihres Kompetenzprofils diesen Schritt am besten tun und dadurch Kostenvorteile der Offshore-Konkurrenz erfolgreich kontern.
Insgesamt stehen Entwicklungsabteilungen vor der Herausforderung, sich für eine globale Wertschöpfung zu positionieren und Agile bietet ihnen ein sehr gutes Mittel dazu. Daher ist die Agile Readiness, also die Fähigkeit einer Organisation, Agile umzusetzen, eine zunehmend wichtige Determinante in der Konkurrenz der Entwicklungsstandorte sowie für den zu gestaltenden Entwicklungsmix multinationaler Konzerne.
Zusammenfassung
Die Bedeutung von Agile, wie die organisatorischen und strategischen Implikationen, sind gewaltig und werden meist massiv unterschätzt. Agile bedingt und bewirkt grundlegende Transformationsprozesse und schafft wettbewerbsrelevante strategische und erfolgskritische Unternehmenseffekte. Andererseits werden Risiken, Hürden und Voraussetzungen ebenfalls unterschätzt. Daher bedarf die Einführung von Agile einer genauen strategischen Planung – damit die Organisation wirklich in die Lage versetzt werden kann, Agile erfolgreich zu implementieren.
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Agil bedeutet auch ein Umdenken in der Art der internen Zusammenarbeit
Wir wenden selbst die Prinzipien der agilen Software-Entwicklung seit 3 Jahren an und habe u.a. unsere Software-Qualität soweit gesteigert, dass unsere Kunden uns in der Zufriedenheitsbewertung im ECM-Markt von Platz 7 auf Platz 2 gehoben haben.
Ein besonders wichtiges Merkmal der agilen SCRUM-Methoden ist der Verzicht auf Hierarchie. Die Teams arbeiten während einer Iteration, die 4 Wochen andauern, selbst organisiert. D.h. sie vereinbaren mit dem Product Owner am Anfang der Iteration eine Menge an Aufgaben zu erledigen. Während der Iteration organisieren sie selbst, wer was wann fertig macht. Kommt es zu Verklemmungen, sorgt der SCRUM Master dafür, dass diese beseitigt wird. Im täglichen Stand-Up Meeting über 15 Minuten wird der Status der einzelnen Aufgaben ausgetauscht und er neue Tag besprochen.
Während der Iteration werden die neuen Funktionen schon getestet und dokumentiert. So ist die Software laufend im Zustand der potentiellen Auslieferung.
Am Ende einer Iteration findet ein Review mit dem Product Owner im Sinne einer Abnahme statt. Anschließend wird in einer Retrospektive besprochen, was gut war und wo man sich noch wie verbessern will. Damit ist eine kontinuierliche Verbesserung erreicht.
Besonders positiv ist die persönliche Entwicklung der Team-Mitglieder zu bewerten. Anstelle des "Tu das" gibt es nun ein "Gib mir", d.h. an Stelle der Fremdsteuerung erfolgt eine Selbststeuerung. Und dadurch, dass das Team gemeinsam darüber spricht und entscheidet, wie sie die Aufgaben erledigen will, fühlt sich jeder in seinem Selbstbildnis respektiert und nicht unterdrückt. Diese Organisation ohne Hierarchie fördert das Selbstbewusstsein und die Übernahme von Verantwortung. So bekommt jeder ein Mehr an Freiheit und empfindet das Arbeiten dabei als sinnvoll.
Das Ergebnis hatte ich schon geschildert: Nicht nur unsere Mitarbeiter haben Spaß bei der Arbeit, auch unsere Kunden sind mit den Ergebnissen sehr zufrieden.
Und auf einem Markt, indem sich die Produkte immer mehr gleichen, ist dies ein bindender Faktor.
Viele Grüße, Martin Bartonitz
Siehe meinen gestrigen Post: http://www.saperionblog.com/agiles-geschaftsprozessmanagement-durch-intuitive-improvisation-a-la-scrum/3542/
Flurschaden durch Controller-Brille
Vordergründige Euphorie bei weitgehend beibehaltener hierarchischer Organisation sind geeignet, das Konzept vorzeigig zu verderben, zumal dann, wenn der Blick der Erbsenzähler noch dazu kommt, das Argumentieren mit den einsparbaren Kosten.
Glückwunsch
... dieser Artikel kommt auf dem http://www.blablameter.de auf den sagenhaften Bullshit Index von 0,85!