EDI – Zukunft in der Cloud

Die größten Chancen für Electronic Data Interchange, EDI, also den automatisierten Austausch von Daten zwischen Organisationen, sehen Experten inzwischen in der Cloud.

EDI erlaubt den automatisierten Austausch von Dokumenten mit strukturierten Daten zwischen Firmen. Viele IT-Anbieter haben entsprechende Anwendungen im Portfolio. Die besten Perspektiven sehen Analysten jedoch für On-Demand-Lösungen.

Um die Integration ihrer Geschäftspartner zu optimieren, setzt die Edeka-Gruppe eine Lösung zum elektronischen Datenaustausch (Electronic Data Interchange, EDI) von SAP, genauer gesagt von dessen Tochter Crossgate, ein. Die Anwendung lasse die Kommunikation mit den Geschäftspartnern nahezu in Echtzeit zu, schaffe mehr Prozess-Transparenz und ermögliche es, schneller auf die Kundenanforderungen zu reagieren, so das Handelsunternehmen.

EDI automatisiert den Austausch von Dokumenten mit strukturierten Daten. Mit EDI erstellt der sendende Rechner die Nachricht und der empfangende Computer interpretiert sie, ohne jeglichen menschlichen Eingriff. “Durch diese direkte Kommunikation der Systeme”, sagt Frank Heuer, Senior Advisor der Experton Group, “ergeben sich verschiedene Vorteile gegenüber dem Papier-Handling: zum Beispiel die Rationalisierung von Prozessen, eine Verbesserung der Datenqualität durch Vermeidung von Mehrfacherfassungen und Erfassungsfehlern, geringere Kosten für die Bearbeitung von Papierdokumenten sowie kürzere Bearbeitungs- und Antwortzeiten.” Dadurch werde es erleichtert, bei Rechnungen Skonto in Anspruch zu nehmen, ganz allgemein verbesserten sich die Geschäftsbeziehungen zwischen den durch EDI verbundenen Partnern.

Aus Sicht von Rüdiger Spies, Independent Vice President Enterprise Applications von IDC Europe, spricht auch die Tatsache, dass EDI standardisiert ist und von einem Gremium kontrolliert wird, für die Technologie. “Außerdem herrscht eine breite Akzeptanz von EDI”, so Spies.

Fertigung, Handel und Logistik: Hier wird EDI vornehmlich genutzt

Einsatzgebiete von EDI sind klassischerweise alle Prozesse im Zusammenhang mit der Auftragsbearbeitung sowie die Rechnungsstellung. Vor allem Unternehmen aus den Bereichen Fertigung, insbesondere die Kfz-Industrie, sowie Speditionen und Handel nutzen EDI, wie das eingangs erwähnte Beispiel Edeka zeigt.

EDI-Kompetenz ist auch für IT-Schwergewichte von großer Bedeutung, etwa für Microsoft: Anfang Dezember wurde die nächste Version der Integrationslösung Microsoft BizTalk Server (BizTalk 2010 R2) angekündigt. “Natürlich beinhaltet dieser wie bisher die volle EDI-Funktionalität”, betont ein Sprecher.

Der BizTalk Server 2010 R2 soll laut einem Blogeintrag sechs Monate nach der Veröffentlichung des Windows Server 8 auf dem Markt kommen. Wann das OS erscheint, hat Microsoft jedoch noch nicht angekündigt. Im Rahmen der Weiterentwicklung ihrer Cloud-Services Plattform Windows Azure hat die Redmonder Softwareschmiede einen Service Bus EAI & EDI als Labs Release, also eine frühe Preview-Version, veröffentlicht. Die EDI-Lösung beinhaltet vorgefertigte B2B-Szenarien für das Partnermanagement.

Bei IBM gehören EDI-Lösungen zum Bereich B2B-Integration, der aus Lösungen des 2010 für immerhin 1,4 Milliarden Dollar aufgekauften Unternehmens Sterling Commerce besteht. IBM Sterling B2B Integration automatisiert Geschäftsprozesse, auf die gemeinsam mit Geschäftspartnern zugegriffen wird, sagt eine Sprecherin. Das Ziel sei die Automatisierung des gesamten Prozessablaufs von Einkauf, Verkauf, Lieferung und Bezahlung, der zahlreiche Dokumente und Geschäftsprozesse umfasst. Diese bezögen sich nicht nur auf den Käufer oder Verkäufer der Waren und Services, sondern auch auf Banken und Logistikunternehmen.

Eine EDI-Lösung findet sich als Bestandteil des IBM Sterling B2B Integrator. Sie umfasst verschiedene EDI-Standards wie zum Beispiel die internationale Norm EDIFACT. Mit IBM Sterling Gentran bietet das Unternehmen darüber hinaus eine dedizierte EDI- und Datenumsetzungslösung. Diese beinhaltet die Partnerverwaltung, die Prüfung, Verfolgung und Überwachung ein- und ausgehender Dokumente sowie eine Sicherheitsverwaltung, die Benutzer- und Funktionszugriffe steuert.

On-Demand-Lösungen verringern Kosten und Aufwand für EDI

Das Portfolio des Softwareherstellers Comarch umfasst EDI-Lösungen als eine der großen Produktlinien. Das Unternehmen bietet EDI als Inhouse-Lösung, als WebEDI mit Zugang übers Internet sowie als Managed Service. Die EDI-Inhouse-Lösung wird beim Kunden vor Ort installiert. Die Anwendung lässt sich an die jeweiligen Bedürfnisse anpassen und kann mit betriebsinternen Anwendungen integriert werden.

Als günstige EDI-Lösung bietet sich die WebEDI-Variante an: Diese besteht im Prinzip aus einem Lieferantenportal, auf das die Unternehmen übers Internet zugreifen. Dort werden dann EDI-fähige Dokumente erstellt, auf die der Zugriff durch die Handelspartner möglich ist. Es besteht also keine ständige Datenverbindung zwischen den Unternehmen wie bei “klassischen” EDI-Lösungen.

Comarch spricht mit seiner WebEDI-Lösung vor allem kleinere Lieferanten an. Das Verfahren bietet eine Alternative gegenüber der meist kostenintensiveren, vollständigen Integration in die eigenen Geschäftsprozesse, so das Unternehmen. EDI aus der Cloud schließlich basiert auf einer B2B-Plattform, dem EDI Clearing Center, das von mehr als 14.000 Kunden aus unterschiedlichen Branchen genutzt wird, so der Anbieter. Diese EDI-Infrastruktur ermöglicht Unternehmen einen Sofortzugriff auf das B2B-Netzwerk. Der Vorteil: Diese Lösung setzt keinen Implementierungsaufwand und keine Investitionskosten für Hardware voraus.

Eine On-Demand-Lösung bietet auch Retarus. Der Messaging-Dienstleister übernimmt die Anbindung an die Systeme und koordiniert den Anschluss der Geschäftspartner. Zum Leistungsumfang gehört natürlich auch dafür zu sorgen, dass alle Prozesse reibungslos funktionieren. Nach Abschluss der Integration erhalten die Unternehmen eine ausführliche Prozessdokumentation. Retarus betreibt die Managed EDI Services in einem eigenen Rechenzentrum, das laut dem Unternehmen den europäischen Datenschutzvorschriften genügt.

SAP hat sich im Bereich EDI sogar gezielt verstärkt, nämlich durch die Übernahme von Crossgate, einem Münchner Anbieter von Integrrations- und Vernetzungsdiensten. Die Akquisition fülle eine wesentliche Lücke in SAPs Portfolio für den elektronischen Einkauf zwischen Unternehmen, so Forrester-Analyst Duncan Jones. Schon vor der Übernahme hatten beide Unternehmen eng zusammengearbeitet. Das zeigt unter anderem die EDI-Lösung SAP Information Interchange by Crossgate.

Die On-Demand-Anwendung erübrige eine aufwendige Punkt-zu-Punkt-Integration, so SAP. Die Nutzer könnten vielmehr über vorkonfigurierte Profile die Geschäftspartner ans eigene SAP-System anbinden. Mit SAP Information Interchange by Crossgate – mit dem Status SAP Solution Extension – werden Daten und Dokumente unterschiedlichen Formats über das Business-Ready-Netzwerk von Crossgate übertragen.

Neben den breiter aufgestellten Marktteilnehmern mit einer Historie bei Standardsoftware und Messaging gibt es inzwischen auch neue Player, die sich ganz gezielt nur EDI widmen und mit Cloud-Angeboten vor allem mit einem günstigen Preis werben. Eines davon ist EDIGrid. Bei dem Berliner Unternehmen ist Datenaustausch via EDI ab 40 Euro im Monat möglich. Firmengründerin Andrea König will damit Mittelstand, kleine Unternehmen und den Onlinehandel für EDI gewinnen.

Fazit

“Solche gemanagten beziehungsweise as-a-Service-Lösungen haben ein zunehmendes Potenzial, da sie den kostengünstigen und einfachen Einstieg in die EDI-Nutzung ermöglichen”, erläutert Experton-Analyst Heuer. “Das ist besonders für kleinere und mittelgroße Unternehmen interessant.” Die Kosten sind es auch, die dem Einsatz einer klassischen EDI-Lösung oft im Weg stehen: “EDI gilt nach wie vor als relativ teure Lösung”, sagt IDC-Experte Spies. “Unternehmen suchen daher nach Alternativen. Allerdings ist das in Bezug auf Verlässlichkeit und Nachvollziehbarkeit nicht immer ganz einfach.” Das Fazit seines Kollegen Heuer lautet daher: “EDI ist eine etablierte Lösung, die trotz des raschen Wandels in der Kommunikationstechnik weiterhin Bestand hat.”