Versäumt es die Regierung, der Aufforderung nachzukommen, droht eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Im ungünstigsten Fall bekommt Deutschland dann ein Zwangsgeld aufgebrummt. Schweden war vor zwei Jahren verurteilt worden (Az. C-185/09), kam aber zunächst vergleichsweise glimpflich davon: Es musste lediglich die Gerichtskosten tragen. Die dortige Regierung weigert sich ebenfalls, die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in nationales Recht umzusetzen.
Deutschland hatte der EU-Kommission im Januar 2008 ihre innerstaatlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie übermittelt. Derzeit ist das Gesetz aber ausgesetzt: Das Bundesverfassungsgericht erklärte es Anfang März 2010 für verfassungswidrig. Die Regelung verstieß nach Ansicht der Karlsruher Richter gegen Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes – und damit gegen das Fernmeldegeheimnis. Alle gespeicherten Daten seien “unverzüglich zu löschen”. Das Gericht forderte zudem “anspruchsvolle und normenklare Regelungen” hinsichtlich Datenschutz, Datensicherheit und Zugriffsrechte.
Mitte Januar 2011 sprachen sich die Innenminister der Länder noch für eine rasche Einigung bei der Vorratsdatenspeicherung aus. Weil aber offenbar keine erfolgte, übermittelte die EU Mitte Juni vergangenen Jahres ein Aufforderungsschreiben an Deutschland. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte damals, man stehe seit langem im Dialog mit der EU-Kommission. Eine schnelle Umsetzung einer neuen Regelung lehnte sie jedoch ab.
Zwar legte die Bundesjustizministerin laut SZ im Juni einen neuen Gesetzentwurf auf Basis des Karlsruher Urteils vor, dieser sei Datenschützern und der Netzgemeinde zu weit, CDU und CSU aber nicht weit genug gegangen. Seither konnten sich die Regierungsparteien nicht einigen.
Ende Oktober forderte die EU-Kommission Deutschland förmlich auf, die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung binnen zwei Monaten vollständig umzusetzen. Damals hieß es, seit dem Urteil des deutschen Verfassungsgerichts hätte die deutsche Regierung keine Informationen zum Stand der Dinge mehr an die EU-Behörde übermittelt. Die Kommission befürchtete durch die Verzögerung nach eigenen Angaben “negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt für elektronische Kommunikation sowie auf die Fähigkeit von Justiz- und Polizeibehörden, schwere Straftaten aufzudecken, zu untersuchen und zu verfolgen”.
Die Richtlinie selbst stammt von 2006. Sie hätte eigentlich bis zum 15. September 2007 in innerstaatliches Recht umgesetzt werden sollen. Es bestand die Möglichkeit, Unternehmen die Speicherung erst ab dem 15. März 2009 zwingend vorzuschreiben.
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