FTD: Machtspiele bei Nokia Siemens Networks
Siemens bekommt beim Joint Venture Nokia Siemens Networks offenbar mehr Macht. Nach einem Bericht der Financial Times Deutschland baut der angeschlagene Netzwerkausrüster seine Führungsstruktur um. Demnach soll künftig ein CxO-Gremium das Tagesgeschäft leiten.
Dieses Gremium wäre deutlich schlanker als der 13-köpfige Vorstand, der das Tagesgeschäft aktuell verantwortet. Es würde sich aus einem Trio aus Vorstandschef (CEO), Finanzchef (CFO) und dem neuen Chef für das Tagesgeschäft (COO) zusammensetzen. Auch der Aufgabenbereich der C-Level-Teams soll bereits feststehen, schreibt die Financial Times Deutschland und beruft sich dabei auf eine interne E-Mail.
Darin beschreibt NSN-Chef Rajeev Suri den über 70.000 Mitarbeitern seine Pläne mit NSN. Das neue Führungstrio ist demnach für die kurzfristige strategische Ausrichtung, Entscheidungsfragen mit hoher Priorität und die Überwachung der Geschäftsergebnisse zuständig. Die Entscheidungsfindung soll so schneller und effizienter werden.
NSN-Chef Suri reagiert damit offenbar auf Kritik aus der Vergangenheit, wonach das jetzige Executive Board zu langsam und ineffizient arbeitet. Künftig soll sich dieses nur noch um die langfristige Ausrichtung des Netzwerkausrüsters kümmern. Zuletzt war das Gremium von 12 auf 13 Mitglieder aufgestockt worden, die Manager sitzen weltweit verstreut an verschiedenen Standorten, was die Zusammenarbeit zusätzlich bremst.
Das CxO-Trio soll dagegen von München und damit vom Siemens-Sitz aus agieren. Das dürfte vor allem bei Nokia für Diskussionen sorgen, denn bislang war das Unternehmen von Finnland aus gelenkt worden. Auch hier reagiert der Münchner Konzern offenbar auf Vorwürfe, wonach Siemens angesichts der offenkundigen Probleme früher hätte eingreifen sollen.
Der Betriebsrat hatte in der Vergangenheit die Organisationsstrukturen von NSN wiederholt kritisiert. Als Rajeev Suri im Herbst vergangenen Jahres erneut einen Stellenabbau ankündigte wurde Michael Leppek, Beauftragter der IG Metall für NSN, gegenüber silicon.de deutlich. Verursacher der jetzigen Situation seien nicht die Beschäftigten. Schuld sei eine Führung, die es nicht geschafft habe, Kunden zu halten und zu binden, vernünftige Entscheidungs- und Arbeitsstrukturen zu schaffen und zukunftsweisende Produkte, Lösungen und Services bereitzustellen.
Zudem üben die Aktionäre zunehmend Druck auf Siemens aus. Zuletzt hatte sich sogar Siemens-Finanzchef Joe Kaeser öffentlich gegen die Kürzungspläne von Rajeev Suri gestellt und damit durchgesetzt, dass der NSN-Standort in München nicht geschlossen wird. Gute Manager müssen mit ihren Teams und Partnern immer nach Lösungsalternativen suchen, so Kaeser.
Suri hat sich diese Kritik offenbar zu Herzen genommen und hat in der E-Mail an die Mitarbeiter auch Nachbesserungen an anderer Stelle angekündigt. Drei weitere Komitees sollen zusätzlich für mehr Effizienz sorgen. Sie sollen künftig die Restrukturierung, die Ergebnisse der einzelnen Sparten sowie die Preissetzung überwachen.
NSN hat seit der Gründung im April 2007 keinen Gewinn gemacht. Das Gemeinschaftsunternehmen wurde für Siemens und Nokia zum Milliardengrab. Als Ursachen nennen Branchenbeobachter in erster Linie neben Managementfehlern den scharfen Preiskampf mit dem chinesischen Rivalen Huawei.