Social Media meets Arbeitsrecht: Wozu den Betriebsrat fragen? (Teil 2)

Eine typische Situation aus der anwaltlichen Beratung:

Ein Unternehmensverantwortlicher meldet sich und berichtet, man habe diese und jene Maßnahme geplant. Sie soll zeitnah umgesetzt werden. Man habe schon entsprechende Vorkehrungen getroffen, die Maßnahme selbst, deren Umsetzung und das Budget geplant. Der Inhalt steht und ist auf Geschäftsführungsebene beschlossen.

Nun habe der Betriebsrat davon erfahren und sich zu Wort gemeldet. Er meine, man hätte ihn bereits von Anfang an mit einbinden müssen. Er werde sich auf jeden Fall gegen die Umsetzung stellen und sei es auch nur aus dem Grund, dass man ihn vorher nicht darüber informiert habe.

Der Betriebsrat solle nach Möglichkeit “ruhig gestellt” und die Maßnahme genauso umgesetzt werden, wie von der Unternehmensführung – seit nun mehreren Monaten – minutiös geplant. Außerdem könne man aufgrund der Vorgaben aus dem Mutterunternehmen (z. B. in USA) ohnehin nicht mehr zurück. Von dort aus erwarte man eine zeitnahe Umsetzung und verstehe nicht, weshalb plötzlich auch Arbeitnehmergremien Einfluss nehmen können sollen.

Wenn der Betriebsrat eine Maßnahme in diesem Stadium – womöglich mit Recht – blockiert, kann das fatale, kostspielige Folgen aus mehreren Gründen haben. Blockiert der Betriebsrat mitbestimmungspflichtige Maßnahmen in einem späten Stadium, treten sie oftmals nie in Kraft. Wenn Regelungen (z. B. Social Media Guidelines) im Unternehmen umgesetzt und gelebt werden, die rechtswidrig ohne Beteiligung des Betriebsrates in Kraft getreten sind, sind sie auch nicht durchsetzbar.

Herausforderung

Die Aufgabenstellung betrifft vom Mittelstand bis großen Konzern jeden gleichermaßen, und lautet konkret formuliert wie folgt: In welchen Fällen, wie und wann, muss der Betriebsrat beteiligt werden?

Wann der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat, lässt sich besser verstehen, wenn man genauer untersucht, warum dieser überhaupt Mitbestimmungsrechte hat.

Social Media Nutzung im Unternehmen sowie diesbezügliche Richtlinien und Regelungen (Social Media Guidelines) rufen das Betriebsverfassungsgesetz auf den Plan, denn sie betreffen die Arbeitnehmerschaft als Kollektiv.

Das Betriebsverfassungsgesetz verleiht dem Betriebsrat unter anderem ein Mitspracherecht,

  • wenn Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb geregelt werden sollen oder
  • bei der Einführung oder Anwendung technischer Einrichtungen, die objektiv dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung des Arbeitnehmers zu überwachen.

Diese beiden Bereiche sind im Zusammenhang mit der Nutzung und Regelung von Social Media im Unternehmen stets betroffen. Ob der Betriebsrat in diesen Bereichen ein Mitspracherecht hat, hängt wiederum von der Art der Maßnahme ab.

Mitbestimmungspflichtig ist – allgemein gesagt – alles, was dem Arbeitnehmer ein Verhalten abverlangt. Danach besteht immer nur dann eine Mitbestimmungspflicht, wenn konkrete Handlungsanweisungen und Handlungsvorgaben definiert werden sollen.

Solange sich die Maßnahmen auf reine Handlungsempfehlungen, die Darstellung der Unternehmensphilosophie oder Hinweise auf sowieso allgemeingültige Grundsätze beschränken, sind diese mitbestimmungsfrei. Auch Regelungen, die allein den privat persönlichen Bereich der Arbeitnehmer betreffen, sind mitbestimmungsfrei. Allerdings sind die Möglichkeiten des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer in diesem Bereich überhaupt Vorgaben zu machen, aus anderen Gründen äußerst beschränkt.

Wenn eine Mitbestimmungspflicht besteht, muss sich der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat in allen mitbestimmungspflichtigen Punkten einigen und hierüber eine Betriebsvereinbarung abschließen. Erst wenn diese wirksam in Kraft tritt, können die Maßnahmen zur Umsetzung kommen.

Einigung

Das heißt, der Betriebsrat muss nicht etwa nur in Kenntnis gesetzt oder unterrichtet werden. Er kann die Maßnahme inhaltlich komplett mitgestalten. Solange keine Einigung über die detaillierte Ausgestaltung einer Maßnahme zustande kommt, ist sie blockiert. Eine Einigung scheitert auf Grundlage des ursprünglichen Entwurfes mit hoher Wahrscheinlichkeit, wenn der Betriebsrat nicht frühzeitig in die Planung und die Entwurfsgestaltung miteingebunden worden ist.

Soll die Maßnahme dennoch zügig umgesetzt werden, bleibt allenfalls der Ausweg, die Maßnahme in einen mitbestimmungsfreien und einen mitbestimmungspflichtigen Teile zu splitten, um wenigstens den mitbestimmungsfreien Teil zügig umsetzen zu können. Dies gilt zum Beispiel für Social Media Guidelines, da sich die Mitbestimmungspflicht nach aktueller Rechtslage für jede Regelung einzelnen beurteilt und nicht pauschal für das gesamte Regelungswerk, von dem nur manche Inhalte mitbestimmungspflichtig sind, gilt.

Aber:Auch wenn keine Mitbestimmungspflicht besteht, heißt das noch nicht, dass der Betriebsrat völlig außer Acht gelassen werden sollte.

Wenn der Betriebsrat von vornherein “mit im Boot” ist, kommt ein Streit darüber, ob die Maßnahme mitbestimmungspflichtig ist, erst nicht auf. Außerdem gibt der Betriebsrat für diese sehr komplexen Themen die Meinung des gesamten Betriebes vor. Meistens ist der Wissensstand der Betriebsräte in diesem Zusammenhang weit fortgeschritten, so dass mit ihnen auf Augenhöhe offen und kompetent zusammengearbeitet werden kann. Spätestens wenn es dann um die Umsetzung und Akzeptanz der einzelnen Maßnahmen bei den Mitarbeitern geht, wird der Betriebsrat eine von ihm mitgestaltete Maßnahme per se eher unterstützen. Aufgrund der starken Außenwirkung unternehmensbezogener Social-Media-Nutzung ist die Akzeptanz der Mitarbeiter auch besonders wichtig.

Die Antwort auf die letzte Frage, wann der Betriebsrat zu diesem zukunftsträchtigen Thema am besten einbezogen werden sollte lautet daher ganz klar wie folgt: Spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem sich das Unternehmen für den Einsatz von Social Media entscheidet. Dies gilt übrigens schon dann, wenn dieser bloß geduldet wird. Warum dies so ist, wird in einem der weiteren Beiträge genauer behandelt.

Resümee

Die Grenzen zwischen Handlungsvorgaben und bloßen -Empfehlungen sind häufig recht verschwommen. Der Arbeitgeber sollte im Zweifel von einer Mitbestimmungspflicht ausgehen und den Betriebsrat von vornherein miteinbeziehen, wenn er sich nicht nur auf die Darstellung der Unternehmensphilosophie und allgemeine unverbindliche Hinweise beschränken will.

Ausblick

Der Beitrag “Wozu den Betriebsrat fragen?” wird in weiteren Teilen fortgesetzt. Hier beantwortet die Autorin unter anderem folgende Fragen:

    • Was ist die Konsequenz von mitbestimmungspflichtigen Regelungen, die ohne Einbeziehung des Betriebsrats in Kraft getreten sind?
    • Was passiert, wenn man sich mit dem Betriebsrat nicht einigen kann?
    • (Wie) kann man die Mitbestimmung umgehen?
    • für nichtmitbestimmungspflichtige Unternehmen: Was passiert, wenn nachträglich erst ein Betriebsrat gewählt wird?
    • Wäre es besser, auf jedwede Regelung zu verzichten um sich Diskussionen mit dem Betriebsrat von vorne herein zu ersparen?
    • Wie ist es, wenn die Nutzung von Social Media im Unternehmen “nur” kommentarlos geduldet wird, ohne etwas zu regeln?

Redaktion

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  • Guten Tag.
    Ihr Artikel gefällt mir. Bin BR Vorsitzender hauptberuflich.
    Möchte noch eine Seite ergänzen. Warum die Frage nach dem Wann Warum.
    Eine Zusammenarbeit mit dem BR so ganz grundsätzlich hat nur Vorteile. Den BR nicht als Gegner sehen sondern als Partner. Schon allein das Know how des BR in Bezug auf Verhalten der Mitarbeiter ist ein Anderes als das der Führungskräfte.
    Ich erlebe bei meinem Arbeitgeber ein befruchtendes Miteinander.
    Gruß Kutschker

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