silicon.de-Blogger Heinz Paul Bonn ist mit einem “frugalen Frühstück” in die Woche gestartet, um auf Microsofts World Wide Partner Conference in Toronto Steve Ballmer zu lauschen. Und plötzlich sehnt er sich nach den alten Zeiten: Als Steve Jobs noch lebte und zum Frühstück Muffins aus der Frischhaltepackung serviert wurden.
Früher, als Steve Jobs noch lebte, als Bill Gates noch nervös in seinem Stuhl hin und her rutschte, als Nick Donofrio uns noch erklärte, warum die Welt immer Mainframes brauchen würde… Früher, da pilgerten wir ins Mekka der Informationstechnologie – nach Las Vegas, nach Orlando, ins Silicon Valley. Dann hatten wir um sechs Uhr morgens nur eben ein Muffin aus der Frischhaltepackung gemampft, einen gerade noch genießbaren amerikanischen Kaffee geschlürft und uns in die Schlange vor dem Convention Center gestellt, um die nächste Offenbarung, die nächste Bergpredigt zu hören. Erleuchtung war uns gewiss und wir wussten, in welche Richtung wir im fernen Deutschland unser IT-Business ausrichten sollten, um auch weiter in unserem Sprengel erfolgreich Geschäft machen zu können.
Und jetzt und hier – 2012 in Toronto – bei der Microsoft Word Partner Conference stehen wir um sieben Uhr morgens mit einem frugalen Frühstück im Bauch vor diesem Air Canada Center, um ihm zu lauschen – Steve Ballmer, dem CEO von Microsoft, der uns erzählen wird, mit welchem Spin sich die Welt in den kommenden Monaten drehen wird. Es ist nicht gerade das nächste Gottesteilchen, deren Entdeckung wir harren. Aber so manch Teilchen für die nächste Cloudiade, die nächste Periode des Cloud Computings erhoffen wir doch.
Moment mal! Steve Ballmer? Ist das nicht der glücklose Vorstandsvorsitzende von jenem Unternehmen, dem Analysten schon den baldigen Marktabgang prognostiziert hatten? Ist das nicht der ewige zweite Mann in Redmond, der auch nach Bill Gates´ Rücktritt irgendwie wie die Zweitbesetzung einer Spitzenrolle wirkt?
Aber jetzt sitzen wir im Convention Center und hören ein Feuerwerk von Produktankündigungen. Hören, dass inzwischen eine Milliarde Menschen auf der Welt Office benutzen. Das ist immerhin mehr als Facebook-Freunde auf der Welt. Wir hören, dass es jetzt aber so richtig losgeht – mit Windows 8, mit Windows Phone 8, mit Windows RT – und alles (oder doch das meiste) schon ab August.
Und wir riechen das Geld, das für treue Microsoft-Partner unter der Wolke wächst. Wir applaudieren zu den Produktankündigungen, die uns in das Geschäftsmodell einbeziehen und uns erkennen lassen, dass alles, alles gut wird für die Zehntausende von Certified Partner ISVs, die in der jüngsten Vergangenheit kleinmütig ihren Glauben an das ewige Geschäftsmodell der Gates-Company verloren hatten. Jetzt sehen wir wieder eine Zukunft. Eine einzige Rede, ein einziger Auftritt von Steve Ballmer – und alles scheint wieder im Lot.
Einen Moment erschrecken wir uns. Da fallen die Mikrofone aus und der sonst so marktschreierische Steve Ballmer ist plötzlich stumm. Nur in den ersten Reihen – wo wir natürlich Platz genommen haben – kann man noch die Sprechversuche hören. Da ahnt man plötzlich eine schreckliche Sekunde lang, dass vielleicht doch im Lichte der nächsten harten Sales-Wochen doch nicht alles so zukunftssicher ist, wie es in dieser wichtigsten aller Keynote-Speaches des laufenden Jahres für ein paar Viertelstunden lang geklungen hat.
Dann aber, nach drei ausgewechselten Mikrofonen, ist die Stimme wieder da und fängt uns ein. Verkaufen, verkaufen und immer wieder verkaufen. Es ist nicht nur Balsam für die ISVs, was wir da hören. Es ist auch Balsam für Ballmer, den lange Gescholtenen. Aber: Wenn Toronto Vergangenheit sein wird – dann muss er liefern.