Data-Scientist: Heißer Markt für kühle Köpfe
Einen eigenen Ausbildungsgang gibt es für den derzeit meistgesuchten technisch-wissenschaftlichen IT-Job noch nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Gemeint sind die Experten, die das wichtigste Unternehmensvermögen durchforsten, nämlich die eigenen oder alle öffentlich zugänglichen Datenbestände.
Data-Scientists, nennt man diese neuen Wissenschaftler in den USA, wo diese Experten inzwischen zu den meistgesuchten IT-Fachleuten gehören.
Doch was verbirgt sich hinter diesen vielgesuchten und hochdotieren Fachleuten? Sicher ist, dass zu diesem Berufsbild die Anwendung von wissenschaftlichen Verfahren und Methoden gehört, mit deren Hilfe die immensen Unternehmensdaten analysiert und ausgewertet werden, um damit wichtige Unternehmensentscheidungen zu unterstützen.
Bei den Voraussetzungen für einen solchen Data-Scientist-Job besteht weitestgehend Konsens.
Gefordert sind: Umfangreiches und fundamentales Wissen in den Bereichen Statistik und linearer Algebra sowie ausgezeichnetes Wissen in den IT-Segmenten Daten-Strukturen, System-Architekturen und Optimierung. Die meisten heutigen Data-Scientists haben einen Bachelor oder Master in Mathematik/Statistik oder Informatik. Das Wissen in dem jeweils anderen Bereich haben sie sich als Zweitstudium oder auf anderen Wegen angeeignet. Hilfreich sind darüber hinaus auch Erfahrungen in einem der vielen Anwendungsgebiete für Data-Science.
Doch gerade hier versagen die bisherigen Definitionen. Aaron Caldiero, Data-Scientist bei der Zions BankCorporation, sieht den Aufgabenbereich der neuen Wissenschaftler vor allem in den Bereichen Sicherheit und Online-Monitoring: “Es geht darum, die Datenströme fortlaufend zu beobachten und mit mathematischen Modellen Vorhersagen über Dateneinbrüche oder andere Betrugs-Ereignisse zu treffen”, lautet seine Job-Beschreibung.
David Smith, Vice President Marketing bei Revolution Analytics, sieht das Aufgabenspektrum von allem in der direkten Business-Unterstützung des Top-Managements. “Es müssen Schlussfolgerungen aus den Daten-Analysen erstellt werden, die am besten direkt in einen Business-Plan münden”, lautet seine Definition der Hauptaufgaben eines Data-Scientist.
Interessanterweise erfordert die tägliche Arbeit mit diesen modernen Tools nicht, dass man an vorderster Front der Informationstechnologie operiert. “Hauptsächlich geht es darum, mit bestehenden hausinternen Tools, die Daten in den ERP- oder CRM-Systemen nach neuen Aussagen und auf neue Trends abzuklopfen”, sagt Drew Duncan, Chef der der Data-Analytics-Abteilung beim Getränkehersteller Brown-Forman, zu dessen Produktportfolio unter anderem der Whiskey “Jack Daniel‘s” gehört.
Er sieht in jüngster Zeit eine Verschiebung seiner Arbeit in Richtung “unstrukturierte Daten” und “Real-Time”. “Jeder will alles sofort, zu jeder Zeit und auf jedes Gerät haben”, sagt über die neuen Anforderungen. Stacy Blanchard von Accenture geht noch einen Schritt weiter: “Die CEOs wollen wissen, was als nächstes passiert – nicht was letzte Woche oder letztes Jahr gelaufen ist.”
Wer das liefern kann ist ein hochgefragter Spezialist, denn die Aussichten für diese neue Berufs-Spezi sind immens. Laut dem Money Magazin wollen 23 Prozent der IT-Chefs in diesem Jahr Daten-Analysten oder –Wissenschaftler einstellen – sofern sie welche finden, denn laut McKinsey klafft bei diesen Analysten allein in den USA eine Angebotslücke von 140.000 bis 190.000. Und der Bedarf wird steigen, da diese Methoden immer neue Anwendungsfelder finden. “Es wird nicht mehr lange dauern, bis Data-Scientists an allen Phasen einer Produktentwicklung beteiligt sind”, prophezeit beispielsweise David Saul, Chef der Data-Science-Abteilung bei einer US-Bank.
Deutliche Hinweise auf den Boom bei den Analytics-Anwendungen sind auch die Prognosen über den Produktabsatz. Laut IDC ging der Umsatz mit Business-Analytics-Produkten im vorigen Jahr um 14 Prozent nach oben. Im Jahr 2016 sollen damit weltweit 50 Milliarden Dollar umgesetzt werden. Drei Faktoren sind es laut IDC, die den Markt nach oben treiben: Erstens, kleinere und mittlere Unternehmen entdecken die Business-Vorteile von Business Analytics – können sich aber keine internen Ressourcen leisten, sondern suchen deshalb nach “Analytics-as-a-Service”. Zweitens, das zunehmende Angebot vertikaler Standard-Lösungen findet immer mehr Interesse in den entsprechenden Branchen und Industrien. Und drittens, der neue Boom bei den BA-Appliances, der die Einführung von Business Analytics vereinfacht, beschleunigt und kostengünstiger gestaltet.