“Für SAP brechen goldene Zeiten an.” Mit diesen Worten kommentiert Rüdiger Spies, Analyst bei IDC die Tatsache, dass die SAP-Business-Suite jetzt voll auf der In-Memory-Technolgie HANA läuft. Und Spies ist mit dieser Einschätzung nicht alleine. Nicht nur SAP spricht von einem großen evolutionären Schritt.
Ab sofort sind Kernanwendungen der SAP Business Suite auf der Basis von SAP HANA. Somit können Unternehmen Abfragen und auch die Verarbeitung von Transaktionalen Daten deutlich beschleunigen. Geschäftsprozesse wie Planung, Ausführung, Berichterstattung und Analyse lassen sich in Echtzeit und unter Verwendung der Rohdaten steuern. SAP-Mitgründer und Aufsichtsratsvorsitznder Hasso Plattner sieht die Beschleunigung um den Faktor 10 bis 1000. Zudem falle die Notwendigkeit von Batch-Prozessen weg und auch Einsparungen in der Infrastruktur seien möglich, da die Technologie OLTP und OLAP innerhalb einer einzigen Infrastruktur abgedeckt.
“Wir müssen den Begriff Real Time heute nocheinmal neu definieren”, erklärt Co-CEO Jim Hageman Snabe auf der Vorstellung der neuen Business Suite, die SAP zeitgleich in Frankfurt, New York und Palo Alto abhält. Wer heute erfolgreich sein will, müsse schneller als der Wettbewerb in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen, so Snabe.
“Durch die Integration von Transaktionsverwaltung mit Entscheidungsmanagement entfallen Verzögerungen und Ineffizienzen, wie sie üblicherweise durch parallele Systeme für den laufenden Betrieb und den Einsatz von Business Intelligence (BI) entstehen”, ergänzt IDC-Analyst Henry Morris.
Der Hersteller Ferrero, von dem unter anderem den Brotaufstrich Nutella stammt, etwa ist in 38 Ländern mit jeweils rund 1000 Produkten vertreten. Enzo Bertolini, CIO Ferrero, einer der Pilotanwender von SAP HANA, die SAP zur Ankündigung zu Wort kommen lässt, erklärt, dass bislang die Planung eine große Herausforderung war. Ferrero kämpfte mit dem Problem, die Daten der Landesniederlassungen und der einzelnen Produkte rechtzeitig auszuwerten. In einigen Monaten, spätestens in einem Jahr will Bertolini die Analyse dieser riesigen Datensätze dann vollständig über HANA ermöglichen.
“Durch bessere Simulationen und schnellere Planung erwarten wir klare Vorteile bei Verkaufsförderungen und in der Lieferkette. Für die Zukunft stellen wir uns die Verbindung von mobilen Technologien mit Big Data vor. Dies wird die Art und Weise, wie wir Entscheidungen treffen und unsere Prozesse steuern, verändern“, so Bertolini weiter.
Ein weiterer Pilotanwender ist der Landmaschinenhersteller John Deere. “Wir können die Markteinführung von neuen Produkten und Dienstleistungen revolutionieren und wichtige Prozesse wie Materialplanung in Echtzeit durchführen. Zudem stehen uns ganz neue Bereiche wie vorbeugende Wartung (Predictive Maintenance) zur Verfügung“, sagt Derek Dyer, SAP-Vernatwortlicher bei Deere and Company.
Schon jetzt stellt SAP zahlreiche Geschäftsszenarien vor, die bereits für HANA optimiert sind. Dazu zählen Marketinganalysen, Finanzabschlüsse, Forderungsmanagement oder auch die Materialplanung. Daneben habe SAP auch Verbraucher- und Online-Analysen optimiert.
Hasso Plattner erklärt, dass die neue “Version” kein R4 ist, sondern in Form von Enhancement-Packages ausgerollt wird. Funktional sei die HANA-Version der Busines Suite identisch mit dem Vorgängermodell. “Wir können ohne Änderungen im Applikations-Code auskommen, daher muss niemand auf dem alten Release bleiben”, so Plattner. Plattner betonte außerdem, dass “SAP die guten Beziehungen zu den Datenbank-Anbietern nicht abbrechen will”. Nach wie vor werden sämtliche Datenbanken unterstützt. Das sei unter anderen auch deshalb möglich, weil die gesamte Datenbank nach wie vor auf SQL basiert. Dennoch werde HANA, so Plattner weiter, künftig die Grundlage aller SAP-Produkte bilden. Zunächst werde HANA auch für Anwendungen innerhalb von SAP Business All-in-One verfügbar werden.
Doch gerade in der Frage der Datenbanken sieht IDC-Analyst Rüdiger Spies großes Potential für SAP. Sobald SAP die eigenen Produkte für den Betrieb mit HANA optimiert hat, “macht es für die Anwender ja gar keinen Sinn mehr, eine relationale Datenbank einzusetzen”. Allerdings werde diese Entwicklung einige Zeit in Anspruch nehmen, ergänzt Spies.
Zustimmung bekommt Spies hier von einem Spezialisten-Trio der Experton-Group: “Die Ankündigung von SAP bedeutet strategisch nichts anderes als den zweiten revolutionären Architektur-Wechsel in der Geschichte von SAP – vergleichbar mit dem Schritt von R/2 nach R/3”, kommentieren Wolfgang Schwab, Jürgen Weiß und Andreas Zilch. “Die neue Architektur-Plattform wird auch eher Informations-/Datenbankzentriert sein, als Applikationszentriert, obwohl Applikationen natürlich auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Konsequenterweise hat SAP ja auch eine “eigene” Datenbank in den Mittelpunkt gestellt und verzichtet damit in der Zukunft strategisch auf die bisher zumeist genutzte Oracle Plattform.” Die Experton-Experten erwarten massive Konsequenzen für Kunden, Wettbewerber und Partner.
Zumal, wie Plattner erklärt, die HANA-Hardware, die es von Partnern wie HP, IBM oder Fujitsu gibt, schon ab 100.000 Dollar zu haben ist. Die Lizenzkosten belaufen sich auf 15 Prozent der Applikation. Damit ist die Lösung auch für manchen Mittelständler erschwinglich.
Zudem werden, wie Vishal “Mr. HANA” Sikka, SAP-Vorstand und CTO, ab Februar Rapid Deployment Solutions für die HANA Business Suite bereit stehen. Dieses Angebot soll Anwendern ermöglichen, in weniger als sechs Monaten live zu gehen. Es umfasst ein Komplett-Paket aus vorkonfigurierter Software, Implementierungsservices, Inhalten und Trainings zum Festpreis.
Darüber hinaus will SAP die Lösung über den Channel in den Markt bringen. So will SAP mit einer Schulungsoffensive die Partner auf die neue Technologie vorbereiten. Derzeit gibt es rund 70 Partner, die über HANA-Expertise verfügen heißt es von SAP. Über eine Web-Seite bietet SAP darüber hinaus weitere Schulungsmöglichkeiten.
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