Der neue CA-CEO Mike Gregoire kommt aus einer anderen Welt. Den Großteil seiner Karriere hat er im Silicon Valley verbracht, zuletzt an der Spitze des Talent-Management-Spezialisten Taleo, den Oracle im vergangenen Jahr für 1,9 Milliarden Dollar übernommen hat. Vor vier Monaten nun hat Gregoire die Leitung von CA Technologies übernommen, einer der größten Softwarekonzerne der Welt mit Sitz in Islandia bei New York.
Gregoire weiß, dass jetzt eine ganze Branche darauf schaut, was “der verrückte Kerl aus Kalifornien” mit CA vorhat. Aus der Ruhe bringen lässt er sich davon nicht. Im Interview mit silicon.de am Rande der Kundenkonferenz CA World in Las Vegas beschreibt er entspannt und gut gelaunt sein persönliches Fitnessprogramm für CA und lässt gleichzeitig keinen Zweifel daran: Einmal gesetzte Ziele verfolgt Mike Gregoire schnell und geradlinig.
silicon.de: Sie stehen seit rund vier Monaten an der Spitze von CA Technologies, Monate in denen es in erster Linie darum ging, das Unternehmen so gut wie möglich kennenzulernen. Nach allem was Sie bislang wissen: Was sind die Stärken und Schwächen des Konzern?
Gregoire: Es gibt viele Stärken aber auch einige Dinge, die wir sicherlich verbessern können. Zu den Stärken gehört der absolut fantastische Kontakt mit unseren Kunden. Als ich den neuen Job angefangen habe, dachte ich, zwischen dem Unternehmen und den Kunden gäbe es Spannungen. Aber ich habe in den vergangenen vier Monaten mit hunderten Kunden gesprochen und nicht die geringsten Spannungen gefunden. Sie vertrauen CA und wollen, dass der Konzern ihre Applikationen und Sicherheitslösungen betreibt – egal ob in den Bereichen Infrastruktur, Mainframe oder Distributed Computing. Und sie bitten uns darum, sie bei der Migration in die Cloud zu unterstützen. Das war die große positive Erkenntnis, die ich in den vergangenen vier Monaten gewonnen habe.
Wo wir besser werden müssen: Unser Unternehmen ist seit 37 Jahren im Geschäft und wir schleppen ein wenig Extra-Gewicht mit uns herum. Deshalb müssen wir eine Diät machen und ins Fitnessstudio gehen, um zu trainieren. Denn bisher sind wir manchmal zu schwer und zu langsam. Wer das beste Softwareunternehmen sein möchte, muss schlank, aktiv, schnell und agil sein. Dieser Art Umfeld werden wir schnell schaffen. Sie werden sehen, dass neue Produkte sehr bald viel schneller auf den Markt kommen werden.
silicon.de: Wie soll dieser Geschwindigkeitswechsel gelingen?
Gregoire: Nun, dazu gehört eine Reihe von Dingen. In erster Linie geht es um die Art und Weise wie gearbeitet wird. Deshalb haben wir im ganzen Unternehmen das Prinzip der agilen Softwareentwicklung eingeführt. Langatmige Sitzungen, mit denen Anforderungen und Definitionen des Wasserfallmodells festgelegt werden, entfallen. Wir arbeiten bei der Softwareentwicklung eng mit unseren Kunden zusammen und verwandeln ihre Anforderungen – mit Hilfe der modernsten Tools und der modernsten Infrastruktur – wirklich schnell in Programmcode.
Außerdem sind wir in der Lage objektiv zu beurteilen: Machen wir etwas nur so, weil wir es bislang immer so gemacht haben oder gibt es – gerade auch mit Blick auf die Cloud und die neuen Denkprozess innerhalb der Firma – bessere Möglichkeiten, um die Dinge einfacher und schneller zu machen.
silicon.de: Bedeutet das auch, Sie werden sich von Produkten trennen, die nicht länger zum Kerngeschäft gehören?
Gregoire: Das war tatsächlich nicht gerade eine unserer Stärken. Wir sind ein bisschen wie eine Sammelbox, in der alles für immer aufgehoben wird. Nehmen Sie beispielweise nur unsere Produkte für verteilte IT-Umgebungen. Einige davon gibt es bereits seit vielen Jahren und wir haben einige Kunden, die in unterschiedlichen Unternehmensbereichen verschiedene Versionen einsetzen.
Wir müssen daran arbeiten, die Kunden auf die Releases zu bringen, auf denen die Innovation stattfindet. Das ist schwierig und wir werden das nie zu 100 Prozent schaffen. Aber es ist unsere Chance, einen Dialog mit den Kunden zu starten, um ihnen zu zeigen, dass wir ein aufrichtiges Interesse daran haben, ihren Geschäftswert so weit wie möglich zu steigen. Das ist die Art von Geschäftspartner, die wir sein wollen.
silicon.de: In Europa allerdings wird CA größtenteils weiterhin als US-Konzern mit europäischen Satellitenbüros wahrgenommen. Zuletzt hieß es immerhin, Europa soll mehr in den Fokus rücken. Warum erst jetzt?
Gregoire: Ich denke, das hat ausschließlich etwas mit der Frage zu tun, wo unsere Produkte Anklang finden. Europa war in den vergangenen Jahren kein ertragreiches Pflaster. Weder für uns bei Taleo noch für irgendeine Softwarefirma aus dem Silicon Valley. Europa ging durch wirtschaftlich sehr schwere Zeiten. Es war einfach nur schwierig, jemanden davon zu überzeugen, in neue Technologien zu investieren – die Unsicherheit, was im nächsten Quartal passieren könnte, war einfach zu groß. Aber es scheint, als hätten sich die Dinge inzwischen etwas beruhigt.
silicon.de: Dennoch konzentrieren sich US-Softwarehersteller oft nach wie vor auf den britischen Markt – Frankreich, Spanien, Italien und auch das wirtschaftlich stabile Deutschland sind oft zweitrangig…
Gregoire: Auch auf die Gefahr hin, mich in Schwierigkeiten zu bringen: Unsere Geschäfte in Italien und Frankreich laufen sehr gut, in Großbritannien haben wir dagegen bisweilen Schwierigkeiten. Gleichzeitig legen wir ein besonderes Augenmerk auf Deutschland und ich denke, dass unsere Lösungen dort großen Anklang finden werden. Wenn wir uns künftig verstärkt in Europa engagieren, möchte ich mehr in Deutschland machen und ich denke, wir können dort auch mehr machen.
silicon.de: Ein Schwerpunkt Ihrer Eröffnungs-Keynote zur CA World 2013 war das Thema “organische Innovation”. Was bedeutet das konkret?
Gregoire: Dahinter steckt das Prinzip, Applikationen von Grund auf selbst zu entwickeln, anstatt das Produkt-Portfolio nur mit Hilfe von Akquisitionen zu erweitern. Im vergangenen Quartal haben wir drei neue Produkte auf den Markt gebracht, alle wurden organisch entwickelt. Das haben wir verschmolzen mit den Lösungen von Nolio und Layer7, deren Übernahmen wir gerade angekündigt haben. Aber auch wenn wir Nolio und Layer7 zugekauft haben, haben wir Roadmaps, die festlegen, wie diese Produkte stärker werden und mehr Wert bringen können. Ich möchte, dass wir diese Art zu denken in unserem Tagesgeschäft verankern.
silicon.de: Das heißt, CA Technologies wird unter Ihrer Führung weniger Firmen als bisher übernehmen?
Gregoire: Man weiß nie, was man in einem vorgegebenen Jahr erreichen kann. Aber wir haben die Möglichkeiten, so viel wie nötig zuzukaufen, genauso wie die Fähigkeiten, ohne Akquisitionen voranzukommen. Wir werden das tun, was unserer Meinung nach am meisten Sinn macht.
silicon.de: Sie haben hier in Las Vegas mehrfach deutlich gemacht, dass SaaS-Angebote ein entscheidender Teil Ihrer Strategie sein werden. Wie hoch soll der SaaS-Anteil im Portfolio künftig sein?
Gregoire: (lacht) Die Mainframe-Sachen haben Vorrang. Nein, im Ernst: Im Laufe der Zeit werden sich meisten Angebote im Bereich Distributed Computing in Richtung SaaS entwickeln. Aber nur weil etwas auf einer SaaS-Architektur basiert, heißt das nicht, dass man es hinter der Firewall eines Kunden einsetzen möchte. In einigen Fällen, kommt für Unternehmen – wegen der Applikation oder den eigenen Präferenzen – ein Private- oder Public-Cloud-Angebot nicht in Frage.
Tatsächlich sind einige unserer Applikationen so Netzwerk-intensiv, das es geradezu waghalsig wäre, sie in eine Private oder Public Cloud zu verlagern. Was für den einen passt, muss für den anderen noch lange nicht geeignet sein. Grundsätzlich würde ich aber sagen: Die agile Softwareentwicklung auf einer SaaS-Plattform ist einfach die bessere Technik und der bessere Weg, um Innovationen schnell zu unseren Kunden zu bringen.
silicon.de: Verkaufsgespräche zu Cloud-Angeboten werden in den meisten Fällen von der Frage nach den Kosten dominiert. Erwarten Sie, dass sich das auf die Umsätze von CA auswirken wird?
Gregoire: Der Preis ist immer Teil der Verhandlungen. Aber während meiner Zeit bei Taleo haben wir ‘günstig’ und ‘besser’ nie als Gegensätze betrachtet. Aus einer SaaS-Umgebung heraus erhält man schlicht eine qualitativ bessere Lösung als mit einer unbefristeten Lizenz, weil Verantwortung und der Druck viel höher sind, ein gutes Release zu veröffentlichen.
silicon.de: Das Geschäft mit Mainframe-Produkten macht immer noch mehr als die Hälfte des Konzernumsatzes aus – auf der anderen Seite steht das Bekenntnis zu SaaS. Wie lässt sich das unter einen Hut bringen?
Gregoire: Wir sind das einzige Unternehmen, das Innovationen auf dem Mainframe vorantreibt. Wenn Sie einen Blick auf unser Chorus-Produkt werfen, werden Sie sehen, dass niemand etwas Vergleichbares macht. Das ist eine hochentwickelte Lösung und ich denke, dass viele gar nicht verstehen, wie sehr dieses spezielle Produkt den Markt verändern kann.
Abgesehen davon, kann man damit eine komplett neue Generation Technologie-Experten in den Mainframe-Bereich bringen. Denn junge IT-Profis können mit Chorus genauso arbeiten, wie sie es an der Hochschule in einer Linux- oder Dotnet-Umgebung gelernt haben.
silicon.de: Der Mangel an Mainframe-Experten ist dennoch eines der dringlichsten Probleme, das sich nicht nur mit einer innovativen Management-Konsole beheben lassen wird…
Gregoire: Gerade in Europa machen wir eine Reihe von Dingen. In Prag etwa haben wir ein großes Mainframe-Entwicklungszentrum, das einen hervorragenden Job macht. Hinzu kommen Expertenteams in Islandia, New York und Boston.
silicon.de: Wann wird das Cloud-Angebot dem Mainframe-Bereich ernsthaft Konkurrenz machen, was Umsatz und Gewinn betrifft?
Gregoire: Nicht in absehbarer Zukunft. Möglicherweise wird der Tag kommen, am dem unsere Innovationen in den Bereichen Cloud und Distributed Computing die Einkünfte des Mainframe-Geschäfts überflügeln. Aber ich bin mir nicht sicher, wann das passieren wird.
silicon.de: Wenn Sie ein Jahr in die Zukunft blicken – was wird sich bei CA vor allem verändert haben?
Gregoire: Wir befinden uns in einer großen, steilen Innovationskurve. Wir sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort, wir haben das Geld, die Fähigkeit, das geistige Eigentum und es gibt definitiv einen Bedarf. Ich denke in einem Jahr können wir einer der wichtigsten Player für Cloud Management sein.
silicon.de: CA war bislang der Inbegriff eines konservativen Unternehmens, solide und vertrauenswürdig. Setzen Sie diesen Ruf mit all den SaaS- und Cloud-Angeboten aufs Spiel?
Gregoire: (lacht) Sie meinen, der verrückte Kerl aus Kalifornien verpfuscht die Firma? Im Ernst: Ich will Wege finden, wie wir unsere Kunden schneller erfolgreicher machen können. Deshalb würde ich sagen, dass es mehr darum geht Innovation und moderne Ingenieurskunst voranzubringen und als darum, irgendetwas zu zerstören.
silicon.de: Vielen Dank für das Gespräch!
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