Telekom: Erste Abmahnung wegen DSL-Drosselung

Auf dem Wege einer Abmahnung hat die Verbraucherzentrale NRW die Telekom aufgefordert, die Klausel für die Drosselung wieder aus den Verträgen zu streichen. Seit dem 2. Mai gibt die Telekom die geänderten Verträge aus, in der bei beim Überschreiten bestimmter Datenvolumina die DSL-Übertragungsvolumen gedrosselt werden. Die verbleibende Übertragungsrate von 384 KBit/s macht ihrer Ansicht nach eine zeitgemäße Nutzung des Internets unmöglich. Diese Drosselung sei eine unangemessene Benachteiligung für den Verbraucher, so die Verbraucherschützer.

In den Vertragsbedingungen der Telekom für DSL-Verträge wird seit Anfang des Monats für Neukunden ein vom jeweiligen Tarif abhängiges Datenvolumen festgelegt. Das erlaubte Volumen hängt von der maximal erreichbaren Übertragungsgeschwindigkeit des gebuchten Anschlusses ab. In Zukunft könnten auch Bestandskunden von der “Änderung der Leistungsbeschreibung”, wie die Telekom die Einführung der DSL-Drosselung nennt, betroffen sein.

Telekom-Chef René Obermann hatte die Kritik an dem Vorhaben unter anderem damit zurückgewiesen, das der Begriff Netzneutralität in der Debatte dazu missbraucht werde, “einen Flatrate-Anspruch auf unbegrenztes Datenvolumen im Internet zu zementieren”. Obermann zufolge betreffen die meisten Kunden die Änderungen ohnehin nicht.

Die Kritik daran, dass die Telekom den von ihrer IPTV-Plattform “Entertain” verursachten Datenverkehr nicht auf das in den neuen Tarifen enthaltene Highspeed-Volumen anrechnen will, wies Obermann als falsch zurück: Entertain sei kein “typischer Internetdienst, sondern eine von den deutschen Landesmedienanstalten durchregulierte separate Fernseh- und Medienplattform, für die Kunden ein entsprechendes Zusatzentgelt bezahlen.”

Das monatlich erlaubte Datenvolumen bei der Deutschen Telekom, bevor eine Drosselung auf 384 KBit/s einsetzt

Tarifbezeichnung Erlautes Datenvolumen
Call & Surf mit DSL 16 MBit/s 75 GByte
Entertain mit 16 MBit/s 75 GByte
Call & Surf mit VDSL 50 MBit/s 200 GByte
Entertain mit VDSL 50 MBit/s 200 GByte
Call & Surf mit Fiber 100 MBit/s 300 GByte
Entertain mit Fiber 100 MBit/s 300 GByte
Call & Surf mit Fiber 200 MBit/s 400 GByte
Entertain mit Fiber 200 MBit/s 400 GByte

Die Verbraucherzentrale stört sich in ihrer Abmahnung allerdings nicht an der möglichen Verletzung der Netzneutralität, sondern vorrangig daran, dass im Rahmen von mit Flatrates beworbenen Verträgen Begrenzungen eingeführt werden. Die Drosselung bedeute beispielsweise für VDSL-Kunden, denen bis zu 50 MBit/s versprochen werde, eine Reduzierung der Surfgeschwindigkeit um bis zu 99,2 Prozent.

Die verbleibende Übertragungsrate von 384 KBit/s macht nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW eine zeitgemäße Nutzung des Internets unmöglich: “Während die Geduld der Kunden bereits beim Aufruf von Internetseiten oder dem Versenden von E-Mails oder Dateien auf eine harte Geduldsprobe gestellt wird, sind manche Online-Dienste praktisch nicht mehr nutzbar. So dürfte ein unterbrechungsfreies Anschauen von Internetvideos regelmäßig scheitern und auch das Musikhören oder Telefonieren via Internet nicht mehr ohne Qualitätseinbußen möglich sein. Greifen wie üblich mehrere Anwendungen des Endgeräts gleichzeitig auf das Internet zu oder nutzen gar mehrere Endgeräte gleichzeitig den Internetanschluss, droht die Verbindung an der Drosselung zu ersticken.”

Dass all dies zu einer nicht hinnehmbaren Benachteiligung der Verbraucher führt, liegt nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW auf der Hand. “Die Anbieter übertreffen sich in der Werbung für Internettarife seit jeher mit Flatrate- und Geschwindigkeitsversprechen“, so NRW-Verbraucherzentralenvorstand Klaus Müller in einer Mitteilung. “Wer Verbrauchern den Saft fürs Surfen dann übers Kleingedruckte derartig abdreht, lässt sie auf der Datenautobahn auf der Standspur stranden und nimmt ihnen damit die Möglichkeit zum diskriminierungsfreien Zugang zu allen Diensten.” Eine FAQ-Liste zur Internetdrosselung hat die Verbraucherzentrale NRW unter www.vz-nrw.de/internet-drosselungv zusammengestellt.

Gibt die Telekom bis zum 16. Mai 2013 eine Unterlassungserklärung ab und verzichtet künftig auf die Verwendung der Klausel, ist der Fall erledigt. Das ist aber höchst unwahrscheinlich. Auch eine Online-Petition mit zunächst 150.000 Unterzeichnern konnte den Konzern nicht umstimmen. Lent die Telekom nicht ein, wird die Verbraucherzentrale klagen und müssen dann die Gerichte entscheiden, ob die Klausel zur Drosselung zulässig ist oder nicht.

EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hatte im Vorfeld schon signalisiert, dass sie keinen Anlass sieht, gegen die Klausel vorzugehen: Sie empfahl unzufriedenen Verbrauchern “mit den Füßen abzustimmen”.

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) dagegen erklärte, es sei sicher nicht verbraucherfreundlich, Flatrates auf diese Weise zu begrenzen. Auch sie stört sich an der Bevorzugung der Telekom-Dienste. Die Bundesnetzagentur hat bereits angekündigt, die neuen Telekom-Tarife dahingehend zu prüfen. Außerdem hat deren Präsident Jochen Homann von Telekom-Chef René Obermann in einem Schreiben Antworten auf seine Fragen zur Drosselung bis Mitte des Monats erbeten.

[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]

Redaktion

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  • Ich finde es super, dass auch die Verbraucherzentrale sich eingeschaltet hat. Ich habe gleich meinen Vertrag gecheckt und diesen zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt. Auch wenn ich angeblich nicht betroffen sein soll als Bestandskunde, will ich solche Machenschaften keinesfalls unterstützen.

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