Lenovo kauft Motorola Mobility von Google
Lenovo auf Schnäppchen-Jagd: nach der IBM-x86-Serversparte übernimmt das chinesische Unternehmen nun auch den defizitären Bereich Motorola Mobility sowie zahlreiche Patente von Google. Lenovo, das im Heimatmarkt China als Smartphone-Hersteller etabliert ist, bekommt auf diese Weise einen weiteren Internationalen Brand.
Google ist Motorola Mobility wieder lost. 2,91 Milliarden Dollar bekommt Google für das verlustgeplagte Geschäft mit Motorola-Handy. Davon erhält Google 660 Millionen Dollar und 750 Millionen Dollar in Form von Lenovo-Aktien. Den Restbetrag von 1,5 Milliarden Dollar begleicht Lenovo mit einem Wechsel mit einer Laufzeit von drei Jahren.
Lenovo bekommt neben der Marke Motorola auch das gesamte Produktportfolio inklusive der aktuellen Modelle Moto X und Moto G. Zudem überträgt Google mehr als 2000 Schutzrechte auf Lenovo, wobei es die Kontrolle über die Mehrheit der Patente behält, die es ursprünglich zusammen mit Motorola erworben hat.
Lenovo versucht nun das bereits mit IBMs PC-Sparte erfolgreich durchexerzierte Modell auch auf den Mobil-Bereich zu übertragen. Durch den Kauf kommt Lenovo, das derzeit Smartphones vor allem in China verkauft, nun eine weltweit etablierte Marke.
Google kann sich im Gegenzug von einem Geschäftsbereich trennen, der zuletzt nur Verluste eingebracht hat. “Der Kauf der Kultmarke, des innovativen Produktportfolios und des unglaublich talentierten Teams macht Lenovo sofort zu einem weltweiten Konkurrenten im Smartphonemarkt”, sagte Lenovo-CEO Yang Yuanqing.
Der Verkauf zieht aber auch einen Schlussstrich unter eine der verlustreichsten Investitionen Googles: 2012 schloss der Internetkonzern die Übernahme von Motorola Mobility zum Preis von 12,5 Milliarden Dollar ab.
Damals wurde spekuliert, Google habe es in erster Linie auf das geistige Eigentum Motorolas abgesehen, um sich und seine Android-Partner von Patentklagen zu schützen. Doch bislang ging diese Rechnung nur mit Einschränkungen auf. Stattdessen schloss Google zuletzt ein Lizenzabkommen mit Samsung.
Die Übernahme von Motorola hatte aber auch zu Spannungen mit Herstellern von Android-Smartphones geführt. Auch wenn Google stets betonte, es gebe eine klare Grenze zwischen Motorola und der eigenen Android-Sparte, zeigten sich einige Anbieter irritiert, weil Google so zu einem direkten Konkurrenten wurde.
Trotz neuer Modelle wie dem Moto X mit seinen vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten und dem besonders günstigen Moto G schrieb Motorola Mobility zuletzt durchgängig rote Zahlen. Im dritten Quartal 2013 stieg der operative Verlust auf 248 Millionen Dollar. Die Bilanz für das vierte Quartal legt Google heute nach Börsenschluss in New York vor.
Der Verkauf der Handysparte kommt überraschend. Mit Produkten wie Google Glass, Chromecast oder zuletzt der Übernahme von Nest hat Google den Weg hin zu einem Hardwareanbieter eingeschlagen. “Das steht im Widerspruch zum Vorstoß in den Hardwarebereich”, sagte NPD-Analyst Stephen Baker. “Jeder hat gedacht, sie würden sich mehr auf Hardware ausrichten. Das könnte eine Kehrtwende signalisieren.”
Lenovo hat schon früher bewiesen, dass es Geschäftsbereiche etablierter Markenanbieter zu neuen Erfolgen führen kann. 2005 übernahm es IBMs PC-Sparte für 1,75 Milliarden Dollar. Inzwischen hat es die Branchengrößen Hewlett-Packard und Dell hinter sich gelassen ist laut Gartner der größte PC-Hersteller der Welt. “Lenovo wird Motorolas individuelle Markenidentität beibehalten, genau so, wie sie es auch schon bei der Übernahme von ThinkPad von IBM getan haben”, schreibt Google-CEO Larry Page in einem Blog.
Erst wenige Tage zuvor hatte Lenovo eine neue Unternehmensstruktur angekündigt. Vermutlich wird Motorola in die Unternehmensgruppe Mobile integriert werden. In wie weit die aktuelle Übernahme Lenovos Produkt-Strategie für Unternehmenskunden beeinträchtigt, ist derzeit nicht bekannt.
[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]
Tipp: Wie gut kennen Sie Google? Testen Sie Ihr Wissen – mit dem Quiz auf silicon.de.