Urteilsbegründung zu Gebrauchtsoftware veröffentlicht
Der Bundesgerichtshof hat die Urteilsbegründung im Verfahren zwischen Oracle und Usedsoft herausgegeben. Damit ist es offiziell, dass Lizenzen aus zweiter Hand zulässig sind. Die Entscheidung in dem Verfahren fiel bereits im Juli 2013.
Im Verfahren zwischen Oracle und Usedsoft hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Urteilsbegründung veröffentlicht. Das Gericht schließt sich der Auffassung des zuvor befragten EuGHs (PDF) über die Rechtmäßigkeit des Handels mit Gebrauchtsoftware an. Usedsoft hatte bereits am 17. Juli 2013 vor dem obersten deutschen Gericht Recht bekommen. Der BGH erklärte den Handel mit gebrauchter Software für grundsätzlich rechtmäßig und anderslautende Lizenzbedingungen für nichtig (Aktenzeichen I ZR 129/08).
“Hat der Inhaber des Urheberrechts dem Herunterladen der Kopie eines Computerprogramms aus dem Internet auf einen Datenträger zugestimmt, sind der zweite oder jeder weitere Erwerber einer Lizenz zur Nutzung dieses Computerprogramms nach § 69d Abs.1 UrhG zur Vervielfältigung des Programms berechtigt, wenn das Recht zur Verbreitung der Programmkopie erschöpft ist und der Weiterverkauf der Lizenz an den Erwerber mit dem Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie verbunden ist”, erklärt der BGH in der Urteilsbegründung im typischen, etwas umständlichen Juristendeutsch.
Jedoch legte der Bundesgerichtshof einige Bedingungen in Bezug der “Erschöpfung des Urheberrechts” bei Gebrauchtsoftware fest. Der Urheber verliert demnach sein Mitspracherecht bei der Verwertung des von ihm erstellten Werkes, wenn er vom Erstkäufer eine “dem wirtschaftlichen Wert der Kopie seines Werkes entsprechende Vergütung” bekommen hat (was angesichts der Preise bei Oracle-Lizenzen wohl unzweifelhaft der Fall ist). Der Käufer muss darüber hinaus zu dem Kauf das Recht erworben haben, die Software zeitlich unbegrenzt zu verwenden. Zudem müssen nach dem Kauf zur Verfügung gestellte Verbesserungen und Aktualisierungen von einem Wartungsvertrag abgedeckt sein.
Außerdem muss der Ersterwerber den Bedingungen zufolge seine Kopie unbrauchbar machen. Dies war jedoch nie Teil der Auseinandersetzung. Es ging dabei nicht um die Vervielfältigung, sondern den Weiterverkauf von Software. Der BGH legt zu dem fest, dass Lizenzbedingungen das Recht zum Weiterverkauf nicht aushebeln können. Das einmal eingeräumte Recht zur “bestimmungsgemäßen Benutzung” kann nicht durch vertragliche Bestimmungen ausgeschlossen werden, da dieses Recht dem Ersterwerber vorbehalten sei, so die Richter.
“In der Vergangenheit haben die Software-Hersteller immer wieder behauptet, das EuGH-Urteil könne noch vom BGH außer Kraft gesetzt werden”, erklärt Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider. “Das war zwar von Anfang an Unsinn, doch dürften diesen Monopolisten jetzt die Argumente ausgehen, auch wenn diese noch so haarsträubend waren. Die konstant steigenden Absatzzahlen während der vergangenen 1,5 Jahre zeigen, dass sich die Kunden davon ohnehin kaum mehr beeindrucken lassen.”
Die Frage der Aufspaltung von Lizenzen hatte der EuGH bereits geklärt. Verboten ist die Verteilung nur einer Lizenz auf mehrere Nutzer. Lizenzen aus einem Volumenlizenzvertrag für beispielsweise 1000 Nutzer dürfen Unternehmen wie Usedsoft in zehn Paketen zu je 100 Nutzerlizenzen weiter verkaufen. Das stieß besonders bei Microsoft auf Ablehnung.
Bereits im Dezember 2012 hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main nach dieser Vorgabe ein Urteil im Streit um Adobe-Lizenzen gefällt. In der Begründung hieß es, der Weiterverkauf von einzelnen Lizenzen, die ursprünglich im Rahmen eines Volumenlizenzvertrags erworben wurden, führe “nicht zu der Annahme, dass hier eine unzulässige Aufspaltung erfolgte.” Das sogenannte Aufspaltungsverbot des EuGH beziehe sich nur auf die “abweichende Sachverhaltskonstellation” von Client-Server-Lizenzen.
Hersteller könnten als Reaktion auf die Entscheidung Klauseln zur zeitlich befristeten Nutzung in die Standard-Lizenzen einfügen. Unternehmen, die erwägen die Lizenzen einmal zu veräußern, müssten diesen dann schon vor der Unterschrift unter den Kaufvertrag widersprechen.
[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]