Interview: Rebalancing und hybride Ansätze für den Mainframe
Die Zeit bleibt auch für Mainframe-Anwender nicht stehen und wer auf den Mainframe setzt, muss sich angesichts neuer Aufgaben von der Personalfrage bis hin zu den Kosten einige Fragen stellen. Rainer Downar, Vice President Central Europe von Micro Focus, erklärt im silicon.de-Interview die wichtigsten Mainframe-Trends für 2014.
Viele Unternehmen wollen mehr aus den Mainframes herausholen. Und damit sind viele Anwender auf der Suche nach Lösungen, die sowohl eine Beschleunigung von Analysen, Entwicklungen und Tests als auch eine optimierte Verteilung der Rechenleistung traditioneller IBM-Mainframes ermöglichen.
silicon.de hat sich darüber mit Rainer Downar, Vice President Central Europe, bei Micro Focus in Ismaning bei München, unterhalten.
silicon.de: Bei Micro Focus haben sie ja das Ohr am Markt, welchen Herausforderungen begegnen Sie bei Mainframe-Anwendern derzeit am häufigsten?
Downar: Der generelle Modernisierungsdruck im IT-Bereich – und hier insbesondere im Hinblick auf die geschäftskritischen Applikationen – betrifft natürlich auch Mainframe-Anwender. Treiber dafür gibt es einige: zum Beispiel die Einführung neuer Vertriebsmodelle und Produkte, das Erschließen neuer Märkte, veränderte gesetzliche Bestimmungen oder auch neue Anforderungen aus den Fachbereichen und von Kunden. Auch neue Technologien und Trends wie mobile Applikationen, BYOD, Cloud, Big Data oder Social Networking machen eine kontinuierliche Optimierung des Mainframe-basierten Anwendungsportfolio erforderlich.
Ein akutes Problem, vor dem dabei viele Unternehmen stehen, sind ausreichend Mitarbeiter mit entsprechendem Mainframe-Know-how. Dies führt dazu, dass die Unternehmen darüber nachdenken, wie sie mit modernen Entwicklungswerkzeugen wie Eclipse die Wartung der bestehenden Mainframe-Anwendungen zukünftig auch mit neuen Mitarbeitern sicherstellen können. Als weiterer Trend zeichnet sich zunehmend der Einsatz von Java-Frameworks unter z/OS ab.
silicon.de: Der Mainframe ist eine der ältesten Rechner-Architekturen, aber welche Zukunft sehen sie für diese, sagen wir mal salopp “Dinosaurier”?
Downar: Generell wird der Mainframe einerseits als Anwendungs- und Datenserver weiterhin eine Rolle in der IT-Landschaft spielen. Andererseits werden Unternehmen auch verstärkt nach unabhängigen Lösungen suchen, die ihnen eine vergleichbare sichere Infrastruktur bieten, aber auch eine höhere Flexibilität und vor allem geringere Kosten. Hier wird sich in den nächsten Jahren noch einiges bewegen.
silicon.de: Könnten hier nicht auch Hybrid-Ansätze eine Alternative für Anwender sein?
Downar: Hybrid-Ansätze eignen sich immer dann, wenn man beispielsweise durch Workload-Balancing Kostenreduzierungen erreichen möchte. So kann durch die Verlagerung von zeitunkritischen Prozessen – zum Beispiel von Data-Warehouse-Funktionen – auf alternative Plattformen eine Steigerung des MIPS-Verbrauchs auf dem Mainframe verhindert oder eine solche zumindest eingedämmt werden.
silicon.de: Können sie uns das Rebalancing etwas näher erläutern? In welchen Szenarien macht das denn Sinn?
Downar: Technisch sind den Möglichkeiten heute (fast) keine Grenzen gesetzt. Das betrifft sowohl komplette Applikations- und Teilverlagerungen als auch die Auslagerung von Entwicklung oder Testszenarien. Die primäre Frage lautet dabei: Wie realisiert ein Unternehmen Ziele am schnellsten. Eines ist dabei heute schon Realität: Einfach umsetzbar, risikolos und kostenreduzierend ist eine Verlagerung von Entwicklung und Test auf Plattformen wie Windows und die Nutzung moderner IDEs (Integrated Development Environment) wie Eclipse. Weitere Effekte sind dabei eine höhere Qualität und eine bessere Integration in agile Entwicklungsprozesse.
silicon.de: Ein Argument für den Mainframe ist ja die hohe Sicherheit, die sich durch diese Insellösung ergeben. Anwendungen, die ich in dieser Infrastruktur vorhalte, lassen sich doch nicht so ohne weiteres auf Windows oder “neue” Entwicklungsumgebungen umziehen?
Downar: Mit einer Lösung wie unserem neuen Enterprise Developer for zEnterprise (EDz) können Unternehmen ihre Mainframe-Applikationen einfach und schnell in einer dezentralen Entwicklungsplattform wie Eclipse oder Visual Studio konzipieren, warten oder auch testen. EDz bietet eine moderne Tool-Landschaft, die Mainframe-Entwicklern ebenso wie Java- oder C#-Spezialisten eine problemlose Nutzung der Plattform ermöglicht. Ein zentraler Vorteil der Lösung ist, dass mit dem integrierten Application Workflow Management die Möglichkeit besteht, z/OS-basierte Prozesse in Eclipse zu integrieren, das heißt, ein z/OS-Anwender kann seine vorhandenen Tools im Source Code und Software Configuration Management (SCM) in exakt der gleichen Weise in einer aktuellen IDE nutzen, wie er es unter seiner ISPF (Interactive System Productivity Facility)-Umgebung gewohnt ist.
silicon.de: Wir hatten vorher bereits von Dinosauriern gesprochen, gehen sie eigentlich auf die CeBIT?
Downar:Ja, denn dort werden wir die neueste Generation von Analyse-, Entwicklungs-, Test- und Modernisierungswerkzeugen für Mainframe-Systeme während der CeBIT 2014 direkt am Messegelände präsentieren und zwar am 11. März 2014 von 9:30 bis 12:30 Uhr im Radisson BLU Hotel in Hannover.
silicon.de: Herr Downar, wir danken Ihnen für das Gespräch.