Dreamforce 2013 – oder: „Salesforce.com – Große Emotionen, große Ambitionen“
Hassan Hosseini von The-Industry-Analyst.com hat an seiner dritten Dreamforce teilgenommen. Lesen Sie seine Eindrücke hier oder auch in englischer Sprache in seinem Blog, The-Industry-Analyst.com. Wieder einmal hat die in San Francisco stattfindende Kundenveranstaltung von Salesforce.com mit über 130.000 registrierten Teilnehmern die vorhergehende übertroffen und die vier Tage zu einem weiteren „Dreamforce Happening“ werden lassen.
Große Emotionen kamen bei der Eröffnungsansprache von CEO Marc Benioff1/1/1-Modell der Stiftung, insbesondere die Projekte in Haiti, einging. Wohltätige Arbeit eines Technologieanbieters derart prominent hervorzuheben, hatte ich bisher noch nicht erlebt, und ich kann es mir auch nicht bei jedem CEO und jeder Firma vorstellen. Nicht dass andere Firmen weniger wohltätig sind. Doch stellen Sie sich dieses Szenario einmal bei SAP oder Oracle vor. Zu der Persönlichkeit Marc Benioff passt es allerdings sehr wohl, denn er tut nicht nur Gutes, sondern spricht auch gerne darüber, um wiederum andere zu motivieren. Und genau diese Persönlichkeit emotionalisiert Mitarbeiter, Partner und Kunden von Salesforce.com. Dieser Umstand ist meiner Ansicht nach nicht zu vernachlässigen. Im Gegenteil – der Multiplikatoreffekt, den engagierte Mitarbeiter auf Partner und Kunden, Partner auf Kunden und wiederum Kunden innerhalb eines Anwenderunternehmens haben, wird häufig unterschätzt. Doch in den meisten Unternehmen fehlen solche Leitfiguren.
Neben den Emotionen gab es jedoch auch einige Neuigkeiten. So wurde „Salesforce1“ als neue Plattform vorgestellt. Die Vorstellung erinnerte mich an eine Veranstaltung mit Eric Schmidt von Google auf der Dreamforce 2011. Damals sagte Schmidt im Gespräch mit Benioff, dass die nächste Generation von Entwicklern zukünftig Anwendungen zunächst für mobile Geräte entwickeln würden, die zusätzlich lokale und soziale Charaktereigenschaften aufwiesen. Mit dieser neuen Plattform und dem entsprechenden Marketing kann Salesforce.com nicht nur diese Botschaft erneuern, sondern auch einige seiner technischen Herausforderungen elegant umschiffen. Durch die Akquisitionen der letzten Jahre haben sich einige zugrundeliegende Plattformen angesammelt, auf die nun angeblich mittels APIs einfacher zuzugreifen ist.
Der in Kooperation mit HP vorgestellte „Salesforce Superpod“ ist eine weitere Neuigkeit. Diese Hardware stellt eine dedizierte Instanz in der mandantenfähigen Salesforce.com-Umgebung dar, eine Art Private Cloud oder Hosting, bei dem Unternehmen all die Vorteile einer Public Cloud erfahren. Der Superpod soll nur großen Kunden gegen eine noch unbekannte zusätzliche Gebühr angeboten werden. Offensichtlich geht Salesforce.com in seiner bisher propagierten „nur“ Public Cloud Strategie einen halben Schritt zurück, um Kunden zu gewinnen, die bisher unter anderem aufgrund von rechtlichen oder/und sicherheitsrelevanten Gründen zurückhaltend agiert hatten. Falls in Zukunft dieser Superpod auch noch in Datenzentren weiterer Länder angeboten werden sollte, die sich bisher kritisch zeigten, eröffnen sich erhebliche Möglichkeiten. Allerdings stellt sich dann auch die Frage: Was passiert, wenn mehr als ein paar große Unternehmen dieses Angebot annehmen? Salesforce.com wird das vermutlich über die Preisgestaltung regeln.
Neben diesen technischen Aspekten fielen mir vor allem die aggressiven Umsatzziele der Firma auf. Während ich im vergangenen Jahr noch festhielt, dass Salesforce.com als eine Art „Hidden Champion“ agiere, stellt sich dies nun anders dar. Veranstaltungen für Software-, Beratungs- und Implementierungspartner offenbarten die großen Ambitionen der Firma. Die potenziellen Möglichkeiten im Dienstleistungsbereich innerhalb des Salesforce.com Ökosystems würden sich innerhalb der kommenden Jahre verdoppeln. Ferner, das erwartete Jahresumsatzziel für das Fiskaljahr 2015 liegt bei 5 Milliarden USD. Das langfristige Ziel ist die Firma auf einen Jahresumsatz von 20 Milliarden USD zu hieven. Die Firma hat offensichtlich einiges vor!
Folgendes ist festzuhalten:
Salesforce.com
Es gibt noch genügend Spielraum, aggressiv zu wachsen, da der Fokus der Firma sicher nicht nur auf CRM liegt, wie bereits die Entwicklung von Work.com zeigt. Darüber hinaus trägt die Firma noch nicht so viele „Altlasten“ mit sich wie die etablierten Konkurrenten und kann somit auch weiterhin agil und fokussiert agieren. Wachstum um jeden Preis sollte allerdings auch nicht das alleinige Ziel sein.
Kunden
Salesforce.com baut weiterhin seine Vision und seine bestehenden Produkte konsequent aus. Das Superpod Angebot ermöglicht nun einigen Unternehmen den Einstieg in die Cloud. Fraglich bleibt sicherlich die Preisgestaltung.
Partner
Salesforce.com hat ambitionierte Wachstums- und Umsatzziele. Die eigenen Dienstleistungen spielen im Vergleich zu etablierten Softwareanbietern jedoch eine relativ kleine Rolle für die Umsatzgenerierung. Ziel ist vielmehr, Partner bei der Umsatzgenerierung zu unterstützen und in diese Partner zu investieren.
Wettbewerb
Soviel ist klar: Salesforce.com kann seine langfristigen Umsatzziele nicht alleine durch Anwendungen im CRM-Umfeld erreichen. Analytische Anwendungen, auf die Benioff in einer Fragestunde mit Kunden einging, stellen auf lange Sicht nur einen Teil des Portfolios dar. „Jede Anwendung wird neu betrachtet, neu gedacht, und neu entwickelt.“ Dies wurde bereits im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit Work.com erwähnt und hat sich aus meiner Sicht nicht geändert.
Emotionalisierung von Mitarbeitern, Partnern und Kunden ist als Multiplikator nicht zu unterschätzen. Hier können Wettbewerber sich einiges von Marc Benioff oder anderen Protagonisten abschauen, ohne zu imitieren.
Im Ausblick auf das erneut zu erwartende “Happening“ im kommenden Jahr schließe ich gemäß dem Bonmot von Sepp Herberger: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ mit „Nach einer Dreamforce ist vor einer Dreamforce“.