Breitbandausbau: Große Koalition stellt weitere Pläne vor
Die weiteren Pläne zum Breitbandausbau der Bundesregierung sehen eine Versorgung aller Haushalte mit 50-MBit/s-Zugängen bis 2018 vor. Von Glasfaser bis Mobilfunk sollen alle verfügbaren Technologien genutzt werden. Außerdem will die Große Koalition den Wettbewerb unter Infrastruktur- und Dienstleistungsanbietern stimulieren.
Im Deutschen Bundestag hat die erste Lesung über einen Antrag zum weiteren Breitbandausbau stattgefunden. CDU/CSU und SPD haben den Antrag “Moderne Netze für ein moderneres Land – Schnelles Internet für alle” gemeinsam eingebracht. Vorgesehen ist eine Versorgung aller Haushalte mit 50-MBit/s-Zugängen bis 2018. Dafür will die Bundesregierung die bestmögliche Kombination verfügbarer Techniken nutzen. Dazu zählen vor allem Glasfaser, DSL, Kabel und Mobilfunk. Darüber hinaus soll der Wettbewerb unter Infrastruktur- und Dienstleistungsanbietern stimuliert werden.
Breitband ist für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion “Standortfaktor Nummer eins”. In einer Pressemitteilung erklärte Thomas Jarzombek, Sprecher der AG Digitale Agenda der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, ein schneller Zugang zum Internet sei eine “elementare Voraussetzung für die umfassende Teilhabe an den Chancen der digitalen Gesellschaft und der digitalen Wirtschaft”. Er ist der Meinung, der flächendeckende Breitbandausbau mit 50 MBit/s bis 2018 ist nur ein Etappenziel.
“Wir brauchen nicht nur den Wettbewerb der Technologien, sondern auch den Wettbewerb unterschiedlicher Infrastruktur- und Dienstleistungsanbieter”, so Jarzombek weiter. “Es wäre ein gewaltiger Irrweg, zu glauben, mit einer weitgehenden Re-Monopolisierung – ob verdeckt oder offen – wäre der Netzausbau durch die großen nationalen Anbieter effektiver zu erreichen.”
Kirsten Lühmann, Sprecherin für Verkehr und digitale Infrastruktur der SPD-Bundestagsfraktion, stimmt dem Unions-Politiker weitgehend zu, allerdings weist sie darauf hin, dass die Ziele im Koalitionsvertrag äußerst hoch gesteckt sein. Eine Studie im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums errechnete beispielsweise, dass Investitionen von etwa 20 Milliarden Euro notwendig sein. Ende 2013 waren erst 60 Prozent der Haushalte mit Breitband versorgt. Lühmann zufolge gilt es daher, “zusätzliche Investitionsanreize zu setzen und Wirtschaftlichkeitslücken zu schließen”. Dies wolle die Große Koalition mit einem auf fünf Säulen ruhenden Maßnahmenpaket erreichen:
- Schaffung der Rahmenbedingungen für eine innovations- und investitionsfreundliche Regulierung mit Wettbewerbsorientierung.
- Synergieeffekte bei Ausbauprojekten optimal nutzen, um Kosten zu senken.
- Die Potenziale von Funkfrequenzen für den Breitbandausbau “konsequent und zeitnah” nutzen.
- Effiziente und stärkere finanzielle Förderung für unterversorgte Gebiete.
- Bessere Abstimmung und Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen
Mit dem heute diskutierten Antrag zum Breitbandausbau fordere man “die Bundesregierung auf, zügig mit den Ländern einen Konsens zum Breitbandausbau anzustreben, insbesondere zur abgestimmten Ausgestaltung von Förderprogrammen und zur weiteren Frequenzplanung”, sagte Lühmann. Bei letzterem Punkt bezieht sie sich insbesondere auf Pläne, die nach der Umstellung des terrestrischen Rundfunk auf DVB-T2 frei werdenden Frequenzen für den mobilen Breitbandausbau zu nutzen.
Bereits in der vergangenen Woche hatte Bundekanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Haushaltsdebatte im Bundestag angekündigt, dass die Digitale Agenda voraussichtlich im August im Kabinett beraten werde und dass man an der besseren Versorgung mit Breitband arbeite.
Merkel wörtlich: “Es geht in diesem Zusammenhang darum, dass wir die Telekommunikations- und Netzunternehmen beim Ausbauprozess durch vernünftige Rahmenbedingungen unterstützen, zum Beispiel auch durch die Versteigerung von Frequenzen aus der Digitalen Dividende II, woraus wieder neue Mittel zur Verfügung stehen werden, um den Breitbandausbau zu fördern.” SPD-Politikerin Lühmann deutete nun zudem an, dass sich “mögliche Haushaltsspielräume auch aus der Vergabe anderer Frequenzbereiche im nächsten Jahr ergeben”.
Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder hat in einer ersten Stellungnahme den Antrag der Regierungskoalitionen begrüßt: Ziel der Politik sollte sein, so viel wie möglich an privaten, eigenwirtschaftlichen Investitionen auszulösen, wozu ein “stabiler und anreizorientierter Regulierungsrahmen” gehöre. Dem trage die Initiative der Regierungsfraktionen Rechnung. “Der Antrag setzt auf einen Technologiemix und Planungssicherheit mit einem innovations- und investitionsfreundlichen Regulierungsrahmen”, sagte Rohleder. Er wies zudem darauf hin, dass auch ein Rahmen für Fördermaßnahmen der öffentlichen Hand in Regionen in Arbeit sei, in denen “ein allein marktgetriebener Ausbau nicht realisierbar ist”.
Der IT-Lobbyist drängte die Politiker jedoch auch, bei der sogenannten Digitale Dividende II einen Gang hochzuschalten: Für den sinnvollen Einsatz von LTE-Advanced müssten ausreichend Mobilfunkfrequenzen zur Verfügung gestellt werden. Sonst ließen sich die geforderten hohen Bandbreiten nicht erreichen. Die Politik solle daher dafür sorgen, dass früher für Radio und Fernsehen genutzte Frequenzen so früh wie möglich frei werden: “Damit das 700-MHz-Band ab spätestens 2018 für den Mobilfunk verfügbar ist, müssen Bund und Bundesländer gemeinsam an einem Strang ziehen und noch in diesem Jahr das Vergabeverfahren anschieben. Hier erwarten wir klare und eineindeutige Aussagen von dem Umsetzungspapier der Bundesregierung zur Digitalen Agenda.”
Kritischer als der Bitkom sieht der Verein Digitale Gesellschaft den Antrag der Großen Koalition. Er bezeichnet ihn gar als Mogelpackung: Das Vorhaben sei unzureichend und gehe auf Kosten der Netzneutralität. “Eine flächendeckende Versorgung mit Breitband-Internet ist nur über den konsequenten Ausbau der Glasfasernetze zu erreichen und nicht über Funknetzzugänge mit begrenzter Kapazität, die sich die jeweiligen Nutzerinnen und Nutzer obendrein auch noch untereinander teilen müssen”, erklärte Alexander Sander, Geschäftsführer des Vereins. Seiner Ansicht nach sind die wachsenden Bandbreitenanforderungen – etwa durch das Internet der Dinge – mit derartigen Anschlüssen nicht zu bewältigen.
Die Regierungskoalition müsse den Breitbandausbau deshalb endlich als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge begreifen, statt die Verantwortung im Wesentlichen auf die Telekommunikationsunternehmen abzuschieben. Sander weiter: “Indem sie ausgerechnet denjenigen Zugeständnisse verspricht, die seit Jahren Einschnitte bei der Netzneutralität und die Einführung von Überholspuren im Netz fordern, gefährdet die Bundesregierung außerdem den diskriminierungsfreien Zugang zu einem offenen Internet. Fällt die Netzneutralität, könnten Telekommunikationskonzerne das Netz nach ihren ökonomischen Interessen zu einem Oligopolmarkt umbauen, um die Internetzitrone bis auf den letzten Cent auszupressen.”
[mit Material von Peter Marwan, ITespresso.de]