Geht SAP HANA am Bedarf des Marktes vorbei?

An vielen Stellen, und das vielleicht auch zu recht – erklärt SAP, dass die In-Memory-Technologie HANA zwar einen großen Schritt darstellt, jedoch nicht dazu führt, dass bestehende Investitionen über Bord geworfen werden müssen. Das mag von technischer Seite her richtig sein. Allerdings stehen offenbar Unternehmen derzeit offenbar vor dem Problem, diese Technologie strategisch zu integrieren.

In einer Befragung unter Mitgliedern der Americas’ SAP Users’ Group (ASUG) zeigt sich, dass noch immer ein Großteil der Anwender sich nicht zu einer Investition in HANA entschlossen hat. 55 Prozent der 377 Befragten erklärten, dass ihre Unternehmen noch kein HANA-Produkt gekauft haben. Immerhin 40 Prozent aber hätten bereits investiert. Die restlichen 5 Prozent gaben an, dazu keine Aussage machen zu können.

SAP erweitert mit SAP One Support das Support-Angebot Enterprise Support. Vor allem der Betrieb von hybriden Lösungen zusammen mit der HANA Cloud soll dadurch deutlich vereinfacht werden. Auch auf diese Weise versucht SAP den Einstieg in die Welt von SAP HANA zu vereinfachen. Quelle: SAP

Nachdem HANA auf einen Markt zielt, der sehr lange Beschaffungszyklen hat, und HANA noch eine vergleichsweise junge Produktfamilie ist, ist der Wert von 40 Prozent ein respektables Ergebnis. Allerdings erklärten immerhin rund 75 Prozent derjenigen, die keine HANA-Produkte gekauft hatten, dass sie keinen Business-Case ausmachen können, in dem sich die Investitionen in HANA auszahlen würden. Für die Studien-Teilnehmer bedeuten auch Zeitpläne, Upgrade-Zyklen und ein Mangel an Fachpersonal Hemmnisse bei der Einführung von HANA. Alledings in deutlich niedrigeren Prozentzahlen.

Anlässlich der Bekanntgabe der jüngsten Quartalszahlen teilt SAP mit, dass inzwischen mehr als 3600 Anwender HANA nutzen. Die Mehrzahl davon verwendet diese Technologie in Form des Data-Warehouses, das auf Basis von HANA auch schon länger am Markt ist. Seit Anfang 2013 gibt es auch die Business Suite auf HANA und laut SAP nutzen mehr als 1.200 Anwender diese Form der Lösung.

Das deckt sich etwa mit den Ergebnissen der ASUG. Laut ASUG-Befragung nutzen in den USA 65 Prozent der Anwender die Business Warehouse Plattform (BW) mit der In-Memory-Technologie. Das Verhältnis wird wohl auch mittelfristig so bleiben, denn diejenigen, die noch keine HANA-Technologien gekauft haben, gaben in der Befragung an, dass sie zunächst in HANA BW investieren wollen.

Die restlichen Nutzer verteilen sich über die Business Suite on HANA, HANA Custom Analytics, HANA Enterprise Applications und auch der HANA Enterprise Cloud oder der HANA Cloud Platform.

Ein Kritikpunkt, den die ASUG äußert, ist die Tatsache, dass SAP derzeit offenbar zu sehr darauf setzt, die Technologie anzupreisen und zu wenig erfolgreiche Use-Cases kommuniziert. Einen weiteren Grund für die schleppende Einführung sehen die Autoren in der Zuversicht der Anwender, dass derzeit von Produktseite kein Druck besteht: So habe sich bei der Befragung gezeigt, dass mehr als 70 Prozent der Anwender, die HANA derzeit nicht einführen wollen, glauben, dass SAP die alten Produkte weiter unterstützt – zumindest in den nächsten fünf Jahren.

Aber was sind die Mehrwerte mit HANA? Unter denjenigen, die HANA bereits implementiert haben, nannten 34 Prozent Kostenoptimierung als Grund und 25 Prozent setzten damit Innovationen für den CFO oder die Finanzabteilung um (Mehrfachnennungen möglich). 44 Prozent erklärten, damit noch keine konkreten Ergebnisse realisiert zu haben oder diese schlicht nicht zu kennen. In den meisten Fällen scheint es den Anwendern aber um Performance-Gewinne zu gehen. Das treffe laut ASUG vor allem für die ersten Schritte zu.

Nach ersten Erfahrungen mit dieser Technologie scheinen die Ansprüche an HANA jedoch komplexer zu werden. Die Anwender stellen laut ASUG fest, dass damit neue Arten von Unternehmensanwendungen möglich sind und damit auch neue Prozesse, die zuvor nicht realisiert werden konnten.

“Diese Ergebnisse sind ein wertvolles Feedback für die aktuelle HANA-Anwenderschaft”, kommentiert Geoff Scott, CEO der ASUG, die Studie. “Wie bei allen neuen Technologien braucht eine breite Akzeptanz Zeit und Geduld.” Dennoch zeigt die Studie, dass SAP noch stärker als bisher für einzelne Anwender die Vorteile der Technologie herausarbeiten muss. Allerdings unterhält SAP hier auch Projekte, wie zum Beispiel das App-Haus in Heidelberg in denen zusammen mit Anwendern neue Anwendungsformen herausgearbeitet werden sollen, auch die Co-Innovation-Labs sind dafür Beispiel.

Die Strategie, kleinere Versionen, oder HANA in Form von speziellen Apps auf den Markt zu bringen, könnte weiteres Interesse bei den Anwendern wecken. Auch die neue “Run Simple“-Devise aus Walldorf könnte die Einstiegshürden senken.

Allerdings machte erst vor wenigen Tagen die Deutssprachige SAP Anwendergruppe DSAG in einer Mitgliederbefragung, deutlich, dass unter vielen Anwendern derzeit traditionelle Lösungen noch hoch im Kurs stehen. Die Mitglieder fürchten, dass sich SAP derzeit zu sehr auf Innvoationen wie HANA oder Cloud konzentriert und die Pflege von bestehenden Lösungen daher vernachlässigt.

“Seitens unserer Mitglieder stellen wir fest, dass sie sich mit der Transforrmation von Geschäftsprozessen beschäftigen”, kommentiert Marco Lenck, DSAG-Vorstandsvorsitzender, gegenüber silicon.de. Und die Beobachtungen der DSAG scheinen gewisse Parallelen mit der Untersuchung der US-Kollegen aufzuweisen: “Unternehmen führen Innovationsprojekte in diesem Bereich aber nicht um jeden Preis durch. Was zählt, ist der Business Case und der muss sich darstellen und auch rechnen lassen. Nach wie vor genießen Konsolidierungs-, Rollout- und Verbesserungs-Projekte Priorität.”

Neben den ersten 3600 Anwendern kann SAP inzwischen auch auf 1500 Partner-Unternehmen blicken, die Anwendungen und Technologie für SAP HANA entwickeln.

Redaktion

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