Abwerbestopp: Apple und Google sollen höheren Schadenersatz zahlen
Den von Adobe, Apple, Google und Intel vorgelegten Vergleich lehnt Richterin Lucy Koh ab. Ihrer Ansicht nach ist der vereinbarte Schadenersatz von 324,5 Millionen Dollar für das illegale Anti-Abwerbe-Abkommen der Technikfirmen zu gering. Der Abwerbestopp habe zu einem geringeren Lohnniveau geführt. Dies sei klar bewiesen.
Adobe, Apple, Google und Intel wollten mit einem Vergleich eine von Mitarbeitern eingereichte Sammelklage beilegen. Diesen hat Richterin Lucy Koh allerdings abgelehnt. Sie ist der Meinung, dass der vereinbarte Schadenersatz von 324,5 Millionen Dollar zu gering sei. Mit diesem können die Nachteile nicht ausgeglichen werden, die den Mitarbeitern durch den zwischen den beklagten Technikfirmen vereinbarten Abwerbestopp entstanden.
Es gebe “zwingende Belege” für die illegale Absprache, erklärte Koh in ihrer Entscheidung. Sie hob die Rolle des Spitzenpersonals aus dem Silicon Valley bei der Organisation des Abwerbestopps hervor. Dieser soll zwischen 2005 und 2010 gegolten haben. Als “wesentliche Akteure” bei der Schaffung und Durchsetzung des Anti-Abwerbe-Abkommens nannte sie Apples Steve Jobs, Googles Eric Schmidt sowie Intuit-Chairman Bill Campbell, der erst kürzlich Apples Aufsichtsrat verließ.
“Substanzielle und zwingende Belege” sah die Richterin am US-Bundesbezirksgericht von Nordkalifornien insbesondere dafür, dass Apple-Gründer Jobs “eine, wenn nicht die zentrale Figur in der behaupteten Verschwörung war”. Die Kläger legten im Verfahren E-Mails zwischen Jobs, Schmidt und anderen Führungskräften der beteiligten Firmen als Beweise vor. Die Sammelklage vertrat die Interessen von 64.600 derzeitigen und früheren Entwicklern, Designern, Qualitätsanalysten, Künstlern, Autoren und Systemadministratoren, die zwischen 2005 und 2010 bei den sieben beklagten Unternehmen beschäftigt waren.
Schon vor einem Jahr schlossen drei dieser Firmen – Lucasfilm, Pixar und Intuit – einen Vergleich. Allerdings fiel der von Adobe, Apple, Google und Intel im April präsentierte Vergleich proportional geringer aus für die Kläger. Demnach sollten sie einen durchschnittlichen Betrag von 3750 Dollar erhalten. Richterin Koh bezeichnete das als nicht angemessen. Zudem sei mittlerweile die Beweislage für die Unternehmen noch belastender als im Vorjahr. Vor allem sah sie als bewiesen an, dass das tatsächliche Lohnniveau der Mitarbeiter durch die Absprachen erheblich geringer blieb.
Wäre der Fall wie geplant Ende Mai vor Gericht gekommen, hätte den Beklagten laut Gerichtsunterlagen eine Schadenersatzzahlung von bis zu 3 Milliarden Dollar gedroht. Und nach dem US-Wettbewerbsgesetz hätte diese sich auf bis zu 9 Milliarden Dollar verdreifachen können. Intel nannte die ausgehandelten Vergleichsbedingungen dennoch fair, denn die Einigung sei durch Verhandlungen erzielt worden, die “über Monate hinweg wie zwischen unabhängigen Parteien” geführt wurden.
John M. Simpson von der Verbraucherschutzorganisation Consumer Watchdog begrüßte die Ablehnung des Vergleichs durch das Gericht. “Ich gehe davon aus, dass die Parteien letztlich ihre Anregung akzeptieren und sich auf einen höheren Betrag einigen werden”, sagte er. “Leider werden es nur die Unternehmen sein, die dafür bezahlen. Die Führungskräfte, die vorsätzlich illegal handelten, werden keine persönlichen Nachteile für ihr verachtenswertes Verhalten erfahren.”
[mit Material von Bernd Kling, ZDNet.de]