ERP: Mobile Anbindungen enttäuschen
Das Interesse an Cloud-Computing und Big Data bei ERP-Anwendern ist verschwindend gering. ERP-Systeme mit einem engen Branchen- oder regionalem Fokus scheinen für hohe Zufriedenheit bei Anwendern zu sorgen. Etablierter Systeme wie SAP halten sich hingegen im soliden Mittelfeld. Doch gibt es nicht nur bei großen Installationen Baustellen.
Die Trovarit AG hat zusammen mit der FIR an der RWTH Aachen rund 2700 CEOs, CIOs und Projektverantwortliche über ihre Zufriedenheit mit dem von ihnen genutzten ERP-System befragt. Es zeige sich, so die Studie “ERP in der Paxis“, dass die insgesamt 50 in mehr als 30 Kategorien bewerteten Lösungen in der Regel zu einem guten Ergebnis führen. Sämtliche ERP-Systeme zusammengenommen erreichen die Schulnote 2.
Besonders hoch in der Nutzergunst stehen laut der Studie Lösungen, die einen eng umfassten Nutzerkreis adressieren. Das sind vor allem Lösungen mit starkem Branchenfokus oder Lösungen, die sich an kleineren Anwender richten.
Die Autoren von Trovarit sehen dafür mehrere Gründe: Kleinere Anbieter bieten weniger komplexe Lösungen mit klarer Zielsetzung. Daher sind Einführung und Administration weit weniger aufwändig. Zudem sind diese Installationen meist auf aktuellem Stand und die Anbieter halten natürlich zu Ihren Kunden enge Beziehungen. Die überschaubare Anwenderbasis erlaube offenbar eine intensivere Pflege.
Als Beispiele nennen die Autoren Anbieter wie Work … for all, das auf Professional Services spezialisiert ist, MyFactory, ORLANDO oder Finanzlösung FIBUnet. Vorteilhaft sei in diesem Bereich auch, dass Systementwicklung und Sytstemintegration dann häufig aus einer Hand kommen.
Bei den Global-Playern führe SAP ERP das Feld an, auch wenn zwei Lösungen von Infor im Vergleich zu den vergangenen Jahren den Abstand verringern konnte. Abstriche scheint Trovarit hingegen im Bereich Software bei Microsoft Dynamics AX zu sehen. Hier können zum Beispiel eine Änderung der Produktstrategie, der Kommunikaition, Engpässe bei der Wartung oder auch eine bedeutende Produktentwicklung die Zufriedenheit dämpfen.
“Die Studie zeigt insgesamt, dass sich die Größe und Komplexität einer ERP-Installation deutlich dämpfend auf die Anwenderzufriedenheit auswirkt. Wichtige Indikatoren sind hier die Anzahl der ERP-Anwender, der implementierte Funktionsumfang, die Zahl der an die ERP-Lösung angebundenen Standorte und der Grad der Internationalisierung der Installation”, so die Studie.
Durch die genannten Punkte steigt nicht nur das Anforderungsniveau, sondern natürlich auch der Aufwand bei Einführung, Wartung und Anwenderbetreuung. Größere Installationen werden zudem seltener aktualisiert, was sich ebenfalls auf die Zufriedenheit der Anwender auswirkt.
Kritik gibt es häufig am Preis-Leistungsverhältnis. Doch tatsächlich vernichtend fällt der Punkt mobile Erreichbarkeit aus. Das aktuelle Ergebnis markiere einen historischen Tiefpunkt. Das von den Herstellern gepriesene mobile Arbeiten mit der ERP, das Zugriff von Mobilen Endgeräten ermöglichen soll, sorgt für deutliche Unzufriedenheit. Offenbar sind die Verantwortlichen von den Lösungen, die sie privat nutzen, verwöhnt. Und die Apps, die die ERP-Hersteller bereitstellen, halten offenbar in vielen Fällen den Erwartungen nicht Stand. So muss eine ERP-Lösung, um auf einem Smartphone oder Tablet dargestellt zu werden, eine ganz andere Darstellungsform aufweisen.
Weitere Baustellen sehen die Marktforscher im Bereich “Formulare und Auswertungen”, “Internationalität” und “Aufwand zur Datenpflege” sind ebenfalls Bereiche, in denen die Hersteller nachbessern müssen. Budgettreue, Personal- und Schulungsaufwand, Support und die Beratungen zur Optimierung eines Systems scheinen ebenfalls häufiger nicht den Erwartungen der Nutzer zu entsprechen.
Verbesserung der Usability, mobiler ERP-Einsatz und die Rollen- & kontextbezogene Nutzerverwaltung gelten für die Anwender als wichtigste Trends aus ihrer Sicht. Die häufige Nennung von Internationalisierung, Enterprise Application Integration (EAI) und Schnittstellenmanagement lasse zudem den Trend zu mehr Durchgängigkeit erkennen. “Ziel ist es, die Ressource Information zukünftig deutlich umfassender und auch gezielter zu bewirtschaften”, heißt es zu den Ergebnissen.
Interessant ist auch das geringe Interesse der Anwender an Themen wie Cloud-Computing. Nur knapp 6 Prozent aller Anwender sehen das als “sehr relevant”. Nur wenig besser sind Themen wie Big Data mit 7,5 Prozent und BYOD mit 5,9 Prozent. Social Media erreicht lediglich einen Wert von 5,2 Prozent und Schlusslicht ist Industrie 4.0 zusammen mit Cyber Physical Systems mit lediglich 4,1 Prozent. 40 Prozent der Nutzer können zudem mit diesem Begriff überhaupt nichts anfangen. Das zeigen auch andere Studien.
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