UN sieht in Internet-Überwachung Verstoß gegen internationales Recht
Das geht aus einem Bericht des UN-Sonderbeauftragten für die Terrorismusbekämpfung hervor. Demnach verstoße die Internet-Überwachung gegen den UN-Zivilpakt. Dieser schützt Bürger unter anderem vor “rechtswidrigen Eingriffen in ihr Privatleben, Familie und Wohnung”.
Die massenhafte Überwachung von Internetnutzern durch Geheimdienste verstößt nicht nur gegen den Online-Datenschutz, sondern auch gegen internationale Gesetze. Zu diesem Ergebnis kommt eine von den Vereinten Nationen in Auftrag gegebene Untersuchung. Am Mittwoch hat Ben Emmerson, UN-Sonderbeauftragter für Terrorismusbekämpfung, die Studie der UN-Vollversammlung vorgelegt. Wie der Guardian berichtet, reagiert die UN damit auf die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snwodens über die Reichweite der Abhörprogramme des US-Auslandsgeheimdiensts National Security Agency (NSA) und des britischen Gegenstücks Government Communications Headquarters (GCHQ).
Darüber hinaus zweifelt die Studie die Behauptungen der Regierungen in Washington und London an, dass die Maßnahmen zur Überwachung proportional zur terroristischen Bedrohung ausgedehnt worden seien. Sie behaupten zudem, das sie wirksam durch Gesetze eingeschränkt seien. Emmerson ist der Ansicht, dass eine Möglichkeit besteht, rechtlich gegen die massenhafte Überwachung vorzugehen. Sie treffe “praktisch jeden Internet-Nutzer”.
Die Geheimdienste brechen insbesondere die durch den UN-Zivilpakt zugesicherten bürgerlichen und politischen Rechte, heißt es in der Studie. Die Abhörprogramme seien “eine direkte und anhaltende Anfechtung etablierter internationaler Rechtsnormen.” Emmerson beruft sich dabei auf Artikel 17 des Zivilpakts (PDF), in dem es heißt: “Niemand darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jedermann hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.”
Der 22-seitige Bericht warnt vor der Gefahr, dass die Abhörprogramme von NSA und GCHQ wie Prism und Tempora “das Recht auf Privatsphäre im Internet neutralisieren”. Auch Programme wie Quantum sieht Emmerson als Bedrohung. Dieses erlaubt dem Geheimdienst, die Kontrolle über einzelne Server zu übernehmen und sich als eine fremde Website auszugeben, um Überwachungssoftware in Computer und WLAN-fähige Geräte einzuschleusen.
Des Weiteren verfügen viele Länder über Technik zum Abhören von Telefon- und Mobilfunkverbindungen sowie zur Ermittlung des Standortes von Personen. Diese könnten zudem verfolgt werden. Auch Textnachrichten lassen sich lesen und aufzeichnen, schreibt Emmerson weiter. Darüber hinaus verwenden immer mehr Staaten Schadsoftware, um Computer oder Smartphones einzelner Nutzer zu infiltrieren und sie zu überwachen. Das stelle nach Emmersons Ansicht einen systematischen Eingriff in die Privatsphäre dar und erfordere eine überzeugende Rechtfertigung.
Emmerson räumt allerdings ein, dass eine Massenüberwachung sehr wohl dazu beitragen kann, Terroranschläge zu verhindern oder die Täter zu ermitteln. Die Tatsache, dass etwas technisch machbar sei und manchmal zu nützlichen Ergebnissen führe, bedeute aber noch nicht, dass es sinnvoll oder legal sei. Emmerson widerspricht zudem dem Argument, dass alles, was im Internet geschehe, automatisch “öffentlich” sei. “Das Internet ist kein rein öffentlicher Raum. Es besteht aus mehreren Schichten privater, sozialer und öffentlicher Bereiche.”
Er betont zudem, dass die Privatsphäre kein absolutes Recht sei. Die Überwachung verdächtiger Personen sei im Rahmen formeller Ermittlungen durch Geheimdienst und Strafverfolgungsbehörden unter Umständen vollkommen legal.
[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]
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