“Wir sind enttäuscht”: IBM bezahlt teuer für den Ausstieg aus der Chip-Fertigung
Ein weiteres großes Unternehmen trennt sich von einem Geschäftsbereich: IBM ist die Chip-Fertigung an Global Foundries los geworden. Im Gegenzug wird Global Foundries IBM weiterhin Chips für Power- und Mainframe-Server liefern, dafür bekommt der Hersteller Zugang zu geistigem Eigentum von IBM. Anleger strafen IBM an den Börsen ab.
IBM hat nach monatelanger Suche endlich einen Käufer für die kostspielige Chipfertigung des Unternehmens gefunden. Globalfoundries bekommt als Mitgift für den Bereich Microoperations von IBM insgesamt 1,5 Milliarden Dollar, wie IBM mitteilt.
Im Vorfeld hatten Bloomberg und die Financial Times von der Transaktion berichtet. Mit in dem Verkauf sind auch Werte in Höhe von 200 Millionen Dollar enthalten. Somit verringert sich der Netto-Betrag auf 1,3 Milliarden Dollar oder eine Milliarde Euro.
Das Unternehmen hat diese Meldung vor dem Handelsstart der US-Börsen gemacht und diese zusammen mit vorgezogenen Quartalszahlen bekannt gegeben. In der aktuellen Bilanz sind die Werte für den ausgegliederten Bereich bereits nicht mehr enthalten.
Hinter Globalfoundries steht ein staatlicher Investmentfonds aus Abu Dhabi. Das Unternehmen, das bereits die Produktion von AMD im Jahr 2009 übernommen hatte, wird schon länger als aussichtsreicher Kandidat für die Übernahme der IBM-Produktion gehandelt.
Um neue Chip-Generationen fertigen zu können, müsste das Werk in East Fishkill bei New York grundlegend und mit hohem finanziellem Aufwand erneuert werden. Laut den Berichten soll IBM eine Milliarde Dollar als Mitgift geboten haben. Der derzeit zweitgrößte Auftragsfertiger nach der taiwanischen TSMC soll jedoch die doppelte Summe gefordert haben.
Im Zuge des jetzt getroffenen Abkommens wird Globalfoundries IBM, das nach dem Verkauf der x86-Server-Sparte an Lenovo nach wie vor Power- und Mainframe-Server baut, exklusiv für IBM die entsprechenden Prozessoren fertigen.
Weiterhin Forschung und Entwicklung
IBM werde auch weiterhin die angekündigten 3 Milliarden Dollar in die Chip-Entwicklung investieren, so IBM. Globalfoundries bekomme dann als Exklusivpartner Zugang zu den neuesten Entwicklungen und zwar über gemeinsame Investitionen über die beiden Hochschulen Colleges of Nanoscale Science and Engineering (CNSE) und das SUNY Polytechnic Institute, in Albany, N.Y.
Das Abkommen läuft über zehn Jahre, allerdings stehen noch einige regulatorische Genehmigungen aus. Im Zuge dieses Abkommens werden auch rund 5000 IBM-Mitarbeiter zu Globalfoundries wechseln. Im Zuge dieses Abkommens werde Globalfoundries CPUs mit Strukturbreiten von 22 Nanometer (nm), 14nm und 10nm liefern.
Der Forrester-Analyst Frank Gillett sieht IBM damit als ein Unternehmen, dass wie viele andere auch, den Weg geht, Chips zu entwerfen und diese von anderen Unternehmen fertigen zu lassen, wie er via Email erklärt. “Heute hat alleine Intel ein Produktionsvolumen und ein komplexes Prozessor-Design, um aus der Integration von Design- und Herstellungs-Technologien Synergien gewinnen zu können. Wie Apple, Qualcomm, ARM und AMD kann IBM nun finanzielle Ressourcen für das Halbleiter-Design aufwenden, – vor allem für den Power-Prozessor in Mainframes und anderen Unternehmensservern, und den Bereich der Herstellung von Halbleitern anderen überlassen.”
Gillett hält es für wahrscheinlich, dass von diesem Schritt auch Anwender profitieren können. “Der Power-Prozessor ist ein Schlüssel-Element bei IBMs Anstrengungen, Unternehmen über Big-Data-Analytics und Watsons kognitive Systeme bessere Einblicke in ihre Kundenbasis zu gewähren.
Apple, AMD, ARM – Nun wird auch IBM zum Chip-Designer
Globaldfoundries wird mit der Übernahme von geistigem Eigentum von IBM zum Besitzer des größten Patent-Porfolios für Halbleiter, so die Unternehmen in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Zudem könne Globalfoundries auch von neuen Errungenschaften beim Radio-Frequency und bei Application-specific Integrated Circuit (ASIC) Designs profitieren können. Auch im Bereich 3D-Transistor treibt IBM interessante Entwicklungen voran. Zudem bekommt der Auftragsfertiger auch zwei Produktionsstätten hinzu: East Fishkill, New York und Essex Junction, Vermont.
Zudem werde der neue Eigner mehr oder weniger sämtliche Mitarbeiter der beiden Produktionsstandorte übernehmen. Lediglich eine kleinere Gruppe von Experten aus dem Server-Team werde bei IBM bleiben.
“Dieses Agreement weitet unsere Partnerschaft aus, die bereits mit der Gründung von Glogbalfoundries im Jahr 2009 ihren Anfang nahm”, kommentiert Dr. John E. Kelly III, IBM Senior Vice President & Director of Research. Durch den Verkauf könne sich IBM nun auf die Forschung rund um Halbleiter und Materialien konzentrieren.
Globalfoundries werde 10 Millarden Dollar bis 2015 investieren. Der Großteil werde in das Werk bei New York fließen. Darüber hinaus habe der Auftragsfertiger auch das kommerzielle Mikroelektronic-Business von IBM übernommen, wo die Herstellung von ASIC und Special Foundry, Manufacturing, Operations und Sales eingeordnet sind. Auch in diesen Bereich wolle Globalfoundries invesiteren.
IBM wird 4,7 Milliarden Dollar auf die Chip-Sparte abschreiben. Darin sind unter anderem die 1,5 Milliarden Dollar Mitgift enthalten, diese werden jedoch um 200 Millionen Dollar Umlaufvermögen reduziert werden.
IBM hat diese Transaktion im Zuge der wenig erfreulichen Quartalszahlen für das dritte Quartal bekannt gegeben. So gehen die Umsätze im Quartal bis September um 4 Prozent von 23,34 Milliarden auf 22,4 Milliarden zurück. Analysten waren von 23,37 Milliarden Dollar ausgegangen. Im Vorjahreszeitraum hatte IBM noch 4,14 Milliarden Dollar Gewinn erzielt. Im Q3 2014 fällt dieser Wert auf 3,46 Milliarden.
“Wir sind enttäuscht von diesem Ergebnis”
“Wir sind enttäuscht von diesem Ergebnis”, erklärte daher auch CEO Ginni Rometty anlässlich der Bilanz. Nach wie vor mache IBM der Wandel in der IT-Landschaft zu schaffen. Auch habe sich zum Herbst hin die Kaufbereitschaft der Anwender abgekühlt. Im Vorbörslichen Handel fallen die IBM-Werte daher an den US-Börsen um über 7 Prozent. Allerdings ist nun nicht klar, ob das mit dem Abstoßen der Chip-Sparte oder mit dem schlechten Ergebnis zusammenhängt.
IBM baut immer stärker traditionelle Bereiche ab und hat neben der Chip-Produktion vor wenigen Wochen bereits die x86-Server-Sparte verkauft. Allerdings kann das Unternehmen sich nicht so schnell in den neuen Cloud-Landschaften auch finanzielle Erfolge feiern, wie sich das die Anleger wünschen.
Jüngst hat IBM eine Partnerschaft mit SAP bekannt gegeben, die SAP HANA-Cloud über Softlayer und IBM-Rechenzentren auszuliefern. Doch nach wie vor steht dieser Geschäftsbereich erst am Anfang und er ist hart umkämpft. Vermutlich werden auch die nächsten Quartalsmeldungen von IBM noch nicht für Feierlaune unter den Anlegern sorgen.