Voll auf In-Memory
SAP setzt weiterhin voll auf die Karte HANA, wie die Technologiekonferenz Teched zeigt. Die In-Memory-Datenbank bekommt neue Funktionen und die Business Suite zerlegt SAP in Einzelapplikationen, die mit einem vereinfachten Datenmodell arbeiten. Für den entscheidenden Kick sorgt auch hier: HANA.
Eine Plattform, eine Wahrheit – mit großen Worten machte SAP auf der Technologiekonferenz TechEd && d-code klar, dass die In-Memory-Appliance Hana nach wie vor im Mittelpunkt der gesamten Produktstrategie steht. “HANA ist das Herz von allem, was wir tun”, verkündete Technikvorstand Bernd Leukert in Berlin.
Mit dem Service Pack 9 (SPS09) haben die Walldorfer ihrem Produkt-Flaggschiff jetzt ein Update verpasst, das viele wichtige Neuerungen umfasst. Dazu zählt unter anderem die Mehrmandatenfähigkeit. Durch diese soll es nun einfacher sein, mehrere Datenbank-Workloads in der Cloud bereitzustellen und zu verwalten. Cloud-Nutzer können sich dann Computing- und Speicherressourcen teilen. “Darauf haben sicherlich viele von Ihnen gewartet”, sagte Leukert in Richtung der TechEd-Besucher. Leukert hatte schon vor ein paar Monaten davon gesprochen, dass SAP bei diesem Thema noch einige Hausaufgaben zu erledigen habe und dabei auch die Zustimmung von Analysten bekommen.
Verbessert hat SAP auch die Datenhaltung. Den Geschwindigkeitsvorteil gewinnt die In-Memory-Technik daraus, dass die Daten im Hauptspeicher gehalten werden. Doch dies ist nicht für alle Informationen notwendig und schon gar nicht wirtschaftlich. Mit SPS09 kann der Hana-Anwender nun Dynamic Tiering nutzen. Anhand vorab definierter Regeln wird dabei zwischen so genannter ‘hot Data’ und ‘warm Data’ unterschieden. Die heißen Daten kommen in den Hauptspeicher, die anderen auf die Festplatte. Laut Matt Zenus, Senior Director für die Hana-Plattform-Lösungen, war es zwar schon immer möglich, Daten auf einen anderen Speicherort zu schieben. Mit Dynamic Tiering geschehe dies aber nun innerhalb des HANA-Systems und damit wesentlich nahtloser. “Bei HANA folgen wir dem Grundsatz ‘In-Memory first’“, so Zenus, “und nicht ‘In-Memory only'”.
Zenus hält SPS09 für die “größte Ankündigung, seitdem Hana auf dem Markt ist”. Zu den weiteren Neuerungen gehören Möglichkeiten, um Informationen einfacher und noch schneller zu verarbeiten. So können etwa dank Smart Data Streaming große Datenmengen in Echtzeit analysiert werden.
Außerdem bietet Hana mit SPS09 eine Graphenfunktion, um miteinander vernetzte Informationen auszuwerten. Als Beispiel nennt Zenus die Personallösungen der SAP-Tochter SuccessFactors. Dort lassen sich Zusammenhänge zwischen den Mitarbeitern und dem Schulungsmaterial herstellen. Auf dieser Basis können dann weitere Schulungsunterlagen empfohlen werden.
Mit den neuen Funktionen bildet HANA auch die Basis für die Produktfamilie von SAP, die unter dem Namen s-innovations auf der TechEd vorgestellt wurde. Dabei zerlegt SAP die Business Suite sukzessive in Einzelapplikationen und stellt sie den Anwendern zur Verfügung. Der Buchstabe s steht dabei für simple – also einfach. Denn mit HANA als technischer Basis sparen sich die Anwender Indizes und Vor-Aggregation bei der Verarbeitung von Daten. Damit lässt sich die Menge der zu verarbeitenden Daten um einen beträchtlichen Teil reduzieren – bis um den Faktor 40, so der SAP-Plan.
Bei s-innovations gehe es nicht darum, Funktionen einzusparen, sondern das Datenmodell einfacher zu machen, so Leukert. Aus seiner Sicht sind die s-innovations “der nächste logische Schritt in der Weiterentwicklung der Business Suite”. Sie sind zur Zeit nicht dafür gedacht, um diese zu ersetzen. Wie dies allerdings auf lange Sicht aussieht, das müssten letztlich die Anwender entscheiden, meint Leukert.
Für die könnten die s-innovations durchaus interessant sein, wenn man etwa Bent Nielsen vom dänischen Energieversorger Dong glaubt. Er ist bei dem Unternehmen als Head of ERP für die betriebswirtschaftliche Software zuständig, die zum größten Teil aus dem Hause SAP kommt. Er hält die angekündigten Applikationen für sehr wichtige Neuerungen und spricht dabei sogar von “revolutionär”. Die große Vereinfachung in der Datenstruktur hält er für den entscheidenden Vorteil.
Für Einfachheit soll auch die Benutzeroberfläche Fiori sorgen, mit der die s-innovations bereit gestellt werden. Sie ist bereits bei Dong im Einsatz – unter anderem für die Zeiterfassung. Bei den Endanwendern komme das Frontend gut an, meint Nielsen. Gerade um die jungen Mitarbeiter – also die Digital Natives – zu erreichen, sei es wichtig gewesen, dass sich SAP jetzt mit einer einfachen Oberfläche nutzen lässt.
Das bisher einzige konkrete Beispiel für eine Applikation aus der s-innovations-Familie ist s-finance. Die Anwendung wurde bereits Mitte des Jahres auf der Anwenderkonferenz Sapphire vorgestellt. Die Prozesse in der Finanzbuchhaltung sollen sich damit deutlich beschleunigen lassen. Informationen zur Profitabilität zum Beispiel sind dann laut SAP nicht erst am Monatsende, sondern quasi in Echtzeit verfügbar. Anwender müssen lediglich mit einer Datenquelle arbeiten – sowohl transaktionale als auch analytische Informationen liegen in HANA. Bestimmte Reporting- und Analysefunktionen lassen sich als Self-Service nutzen. Planungen können durch Predictive Analysis erweitert werden.
S-finance sei zur Zeit als Onpremise-Lösung und als Angebot für die Managed Cloud verfügbar, so Sven Denecken, Vice President of Cloud Solutions and Head of Co-Innovation. Ab Januar werde die Applikation auch als Service aus der Public Cloud angeboten. Dann wird es auch weitere Details zur Roadmap für die s-innovations insgesamt geben.
Geplant ist, Anwendungen für verschiedene Geschäftsszenarien und Branchen anzubieten. Dazu zählen die Kundeninteraktion, der Handel, das Beschaffungswesen und die Bestandsverwaltung. Außerdem sollen auch die schon bestehenden SaaS-Angebote von SuccessFactors und Ariba in das s-innovations-Konzept integriert werden. Grundsätzlich werden die Lösungen unter dem Label s-innovations in verschiedenen Bereitstellungsmodelle angeboten: Onpremise, Managed Cloud und Public Cloud.
HANA-Technik in der Cloud ist auch die Basis für Lösungen, mit denen SAP in das Internet der Dinge einsteigt. Grob gesagt, bildet die HANA-Cloud dabei die Brücke zwischen den Maschinen und den Geschäftsanwendungen im Unternehmen. Das System sammelt die Daten, die zum Beispiel von den Sensoren aus der Fabrikhalle kommen, analysiert sie und bereitet sie für die Systeme wie etwa ERP-Software auf.
Nach diesem Konzept hat SAP spezielle Lösungen für den Logistik-Bereich, die Fertigung und Predictive Maintenance entwickelt. Mit letzterer – also einem System für die vorausschauende Wartung – arbeitet bereits der Kompressoren-Hersteller Kaeser. Das System sammelt dort die Daten der Kaeser-Geräte, die bei den Kunden des Unternehmens im Einsatz sind. Das sind laut CIO Falko Lameter rund eine Million Messungen pro Tag. Diese Informationen werden ständig analysiert. Dadurch kann Kaeser sehr frühzeitig auf mögliche Störungen reagieren beziehungsweise diese schon erkennen, bevor sie entstehen. Im besten Fall kann so der Ausfall eines Geräts verhindert werden.
Damit könne Kaeser seinen Kunden nicht nur einen besseren Service anbieten, sondern sich auch neue Geschäftsmodelle erschließen, meint Lameter. “Ich sehe uns in den kommenden Jahren eher als Service-Provider von Druckluft denn als Fertigungsunternehmen”, so Lameter.
Für SAP wird das Internet der Dinge als Betätigungsfeld an Bedeutung gewinnen. 500 zusätzliche Software-Entwickler sollen in diesem Bereich an verschiedenen Initiativen arbeiten, was laut Nils Herzberg “gefühlt einer Verdopplung” des bisher dort eingesetzten Personals entspricht. Herzberg ist Senior Vice President für das Internet der Dinge bei SAP. Er geht davon aus, dass sich die Preise für die SAP-Lösungen in diesem Umfeld in Zukunft an der Zahl der Maschinen orientiert, deren Daten ein Unternehmen auswerten möchte.