Neue Patentrichtlinie der IEEE: Verkaufsverbot ist letztes Mittel
Das US-Justizministerium hat keine kartellrechtlichen Bedenken gegenüber den neuen IEEE-Regeln. Sie würden den Wettbewerb verstärken und nicht behindern. Sie sollen Klagen von Inhabern von standardrelevanten Patenten erschweren.
Die neue Richtlinie der IEEE für standardrelevante Patente verstoße nicht gegen das Kartellrecht, das hat das US-Justizministerium mitgeteilt. Die Regeln erschweren es Inhabern von standardrelevanten Patenten, andere für deren Nutzung zu verklagen.
Der Vorschlag fördere nach Ansicht des Justizministeriums den Wettbewerb, statt ihn zu behindern. Aus diesem Grund seien kartellrechtliche Bedenken unwahrscheinlich. Wenn das Standardisierungsgremium der IEEE über einige vorgeschlagene Modifikationen abgestimmt habe, sei noch im Lauf des Monats eine finale Zustimmung zu erwarten.
Einschränkungen für Patente, die in Standards des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) zum Einsatz kommen, also etwa allen WLAN-Standards, gibt es bereits seit längerer Zeit. Solche Techniken können Patentinhaber entweder kostenlos für die Verwendung innerhalb des Standards freigeben, sie zu zu vernünftigen Bedingungen und Gebühren zur Lizenzierung anbieten, auf Klagen gegen Firmen, die den Standard einhalten, von vornherein verzichten oder aber erklären, dass keine dieser drei Optionen für sie in Frage kommt.
Bislang haben sich die meisten Unternehmen für die vierte Option des IEEE-Formulars (PDF) entschieden. Diese sieht vor, dass Patente von jedem zu vernünftigen Bedingungen (RAND) in Lizenz genommen werden können. Dabei stellt sich die Frage: Wie viel ist noch vernünftig?
Die IEEE hat in den neuen Richtlinien festgelegt, dass Mehrkosten bei der Lizenznahme aufgrund der Aufnahme einer Technik in einen Standard von vornherein ausgeschlossen sind. Grundsätzlich werden diese herausgerechnet. Patentinhaber seien somit nicht mehr in der Lage, höhere Preise oder günstigere Bedingungen herauszuholen, wenn sie ihre Patente für einen Industriestandard freigeben, heißt es in der Beurteilung des Justizministeriums.
Verkaufsverbot als letzte Möglichkeit
Der auf Patentrecht spezialisierte Anwalt Andrew Updegrove von der Kanzlei Gesmer Updegrove weist in einer E-Mail an ZDNet.com auf weitere Vorteile der neuen IEEE-Bedingungen hin. Demnach können Inhaber von (F)RAND-Bedingungen unterworfenen Schutzrechten keine Verkaufsverbote für Konkurrenten mehr beantragen, wenn sie nicht alle anderen Mittel ausgeschöpft haben.
Allerdings betreffe dies nur IEEE-SA-Mitglieder, also nicht für Patenttrolle. Diese Bedingungen blieben aber bei einer späteren Übertragung der Patente bestehen. Somit limitieren die Regeln langfristig auch die Klagemöglichkeiten von nicht praktizierenden Patentinhabern – Patenttrollen.
In einem Blog führt Updegrove weiter aus, dass die IEEE-SA damit ein Vorbild für andere Standardisierungsgremien setze. Wenn es von anderen nachgeahmt werde, sinke auf Dauer grundsätzlich die Attraktivität standardrelevanter Patente für reine Patentverwerter. “Das Maximum, das sie heraushandeln können, wird niedriger sein, und die Nuklearschlag-Option eines Verkaufsverbots wird vom Tisch sein.” Die “Mobilplattform-Patentkriege der letzten Jahre unter Beteiligung von Apple, Microsoft, Samsung, Motorola” und anderen wären dann nicht mehr möglich.
[mit Material von Florian Kalenda, ZDNet.de]