EU kann Zeitplan für Untersuchung gegen Apple und Amazon nicht einhalten
Die EU-Wettbewerbskommissarin begründet die Verzögerung mit ausbleibenden Antworten von einigen Mitgliedsstaaten. Sollte die EU Apples und Amazons Steuerabkommen mit Irland und Luxemburg als illegale Staatshilfe bewerten, drohen hohe Steuernachzahlungen.
Bei der Untersuchung der Europäischen Kommission der Steuervereinbarungen einzelner Mitgliedsstaaten mit Unternehmen wie Apple und Amazon verzögern sich. Sie sollte eigentlich bis Mitte des Jahres abgeschlossen sein, dies könne die EU allerdings nicht mehr einhalten, erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager im EU-Parlament.
“Wir werden das Rechtsstaatsprinzip und die Qualität unserer Arbeit nicht opfern, um das Verfahren zu beschleunigen”, sagte Vestager laut Bloomberg in Brüssel. Es sei zeitaufwendig für die Regulierer, Informationen von den einzelnen Ländern einzuholen. Zudem erhielten sie nicht immer auf ihre erste oder zweite Anfrage hin die gewünschten Antworten. “Aber wir werden unser Bestes tun. Es zählt zu unseren höchsten Prioritäten. Es ist natürlich immer besser, schnell und nicht langsam zu sein. Aber am besten ist es letztlich, gerecht zu sein.”
In Pflichtmeldungen an die US-Börsenaufsicht SEC warnte Apple bereits die Anleger
vor einer “erheblichen” Steuernachzahlung an Irland, sollte die EU-Kommission Irlands Steuerabkommen als illegale Staatshilfe bewerten. In diesem Fall könnte der iPhone-Hersteller gezwungen sein, für die letzten zehn Jahre Steuern nachzuzahlen. Darüber hinaus können Änderungen in der Steuergesetzgebung oder ihrer Auslegung den effektiven Steuersatz des Konzerns ändern. Diese würde sich nachteilig auf Betriebsgewinn, Cash Flows und Finanzlage auswirken.
Die Financial Times berichtete bereits im vergangenen Jahr von einer möglichen Milliardenstrafe für Apple aufgrund des irischen Steuersparmodells. Die Überprüfung von Apples Steuerzahlungen in Irland nahm die EU-Kommission im Juni 2014 auf. Dabei ging sie Vorwürfen nach, denen zufolge der iPhone-Hersteller Schlupflöcher in internationalen Steuergesetzen ausnutzt, um insgesamt weniger Abgaben zu leisten. Vor allem eine zwischen 1991 und 2007 gültige Absprache zwischen Apple und der irischen Regierung stand im Mittelpunkt der Untersuchung. Apple zahlt in Irland einen Steuersatz von knapp 2 Prozent. Normalerweise beträgt die Körperschaftssteuer für Unternehmen dort 12,5 Prozent.
Auch Amazon im Visier
Nach vorläufiger Einschätzung der EU-Kommission hat außerdem Luxemburg dem Versandhändler Amazon unrechtmäßige Steuervorteile verschafft. Die dortige Praxis “verbindlicher Steuerbescheide” komme nach aktuellem Erkenntnisstand einer illegalen Staatshilfe gleich. Durch ein 2003 erlassenes Steuergesetz soll Amazons Steuerpflicht im Großherzogtum begrenzt worden sein – mit dem Ergebnis, dass Amazon seine Steuerlast auf weniger als 1 Prozent seiner europäischen Einkünfte drücken konnte. Luxemburg habe es Amazon erlaubt, Gewinne innerhalb seiner Unternehmensbereiche in einer Weise zu verschieben, die steuerrechtlichen Grundsätzen widerspricht.
Die Untersuchung gilt außerdem Luxemburgs Besteuerung von Fiat Finance & Trade sowie der steuerlichen Behandlung von Starbucks durch die Niederlande. Laut Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ist noch offen, ob die Regulierer außerdem eine Untersuchung zu den Vereinbarungen von McDonald’s mit Luxemburg einleiten. Diese sollen der Fastfood-Kette ermöglicht haben, europaweit Steuerzahlungen in Höhe von einer Milliarde Euro zu vermeiden.
[mit Material von Bernd Kling, ZDNet.de]