Nur wenige Wochen, nachdem Frank Karlitschek, der erste Programmierer und Mitgründer von ownCloud, von seinem Amt als CTO bei der Firma ownCloud zurückgetreten ist, hat er nun mit Nextcloud tatsächlich einen Fork ins Leben gerufen. Dahingehende Vermutungen in der Community wollte Karlitschek Ende April noch nicht kommentieren.
Jetzt teilt er mit: “Ich selbst und die meisten Menschen aus dem Kern-Technik-Team sind an den Punkt gekommen, an dem wir entschieden haben, mit einem Reboot von ownCloud einen besseren Weg einzuschlagen.” Bereits den Rücktritt vom CTO-Posten hatte er mit Unzufriedenheit mit der Entwicklung von ownCloud Inc begründet, seinen Unmut aber nur sehr vorsichtig und zurückhaltend zum Ausdruck gebracht. Im Mittelpunkt der Kritik stand das Verhältnis zwischen der Firma owncloud und dem gleichnamigen Open-Source-Projekt.
Offensichtlich wurde dieses Verhältnis auch durch die Gründung der ownCloud Foundation vor einigen Tagen aus Sicht von Karlitschek und einiger anderer Mitstreiter nicht zufriedenstellend gelöst. Die Foundation soll das Open-Source-Projekt für die File-Sync- und File-Share-Lösung ownCloud fortführen und das Ökosystem drum herum pflegen. Die Übergabe des Projekts an die Foundation sollte die Akzeptanz unter Entwicklern und Anwendern erhöhen und die Fortführung des ownCloud-Projektes “ungeachtet aller kommerziellen Bestrebungen” sicherstellen.
In seiner Ankündigung zur Gründung von Nextcloud verspricht Karlitschek bessere Konditionen für Personen und Organisationen aus der Community, die etwas beitragen wollen, die Verwaltung der Marke durch eine unabhängige Stiftung und mehr Transparenz bei der Planung der Entwicklung als bei ownCloud. Anwendern sagt er Unterstützung für die meistgenutzten und verbreitetsten Funktionen von ownCloud, Unterstützung von Videokonferenzfunktionen durch Integration von Spreed.ME, einer Open-Source-WebRTC-Software und zudem die Übernahme einiger Funktionen zu, die bislang bei ownCloud nur in der Enterprise-Version verfügbar waren.
Außerdem kündigt Karlitschek die Gründung der Firma Nextcloud GmbH an. Die werde als nachhaltig wirtschaftendes Unternehmen mit einer langfristigen Vision anstatt der Ausrichtung auf kurzfristigen Profit konzipiert sein – auch das offenbar ein Vorwurf an die früheren Weggefährten bei ownCloud.
Zwei davon, die ownCloud-Geschäftsführer Holger Dyroff und Markus Rex, haben sich bereits zu der Ankündigung geäußert. In einer Pressemitteilung erklären sie, die Entscheidung von Frank Karlitschek, “mit kurzfristig abgeworbenen Entwicklern ein Konkurrenzprodukt zu ownCloud auf den Markt zu bringen, hat uns überrascht und – zugegebenermaßen – auch enttäuscht. Er hat sich in der Vergangenheit große Verdienste um die Entwicklung der ownCloud Community Edition erworben und wir bedauern zutiefst diese Art der Trennung.”
Beide versichern jedoch, für Kunden und Anwender der ownCloud GmbH habe die Ankündigungen keine Auswirkungen auf Support und Betrieb der Software: “Wir werden unverändert unser Produkt weiterentwickeln, professionellen Service anbieten und an unserer Vision des ‘Universal File Access’ arbeiten. Wir stellen uns jedem sauberen Wettbewerb, weil wir von der Qualität von ownCloud überzeugt sind.“ Zudem verweisen sie auf die soeben gegründete Foundation, deren Ziel es sei, „die Community langfristig zu stärken und eine kostenlose, vollständig auf Open Source basierende Version von ownCloud zur Verfügung stellen zu können. Die Community Edition ist und bleibt das Rückgrat unseres Unternehmens.”
Allerdings habe die Ankündigung von Karlitschek für ownCloud Inc. mit dem Sitz in Lexington im US-Bundesstaat Massachusetts bereits Konsequenzen gehabt. “Unser Haupt-Kreditgeber in den USA hat unsere Kreditlinie gestrichen. Nach amerikanischem Recht sind wir damit gezwungen, die ownCloud Inc. mit sofortiger Wirkung zu schließen und acht Mitarbeiter der ownCloud Inc. zu entlassen”, so Dyroff und Rex. Die ownCloud GmbH sei davon jedoch “nicht unmittelbar betroffen”.
Unklar ist im Augenblick noch, wie viele der fleißigsten Entwickler von ownCloud dort bleiben und wie viele sich bei Nextcloud engagieren. Daran wird sich schließlich festmachen, welche Version sich langfristig dynamischer entwickelt und dadurch dann auch mehr Nutzer für sich gewinnen kann. Via Twitter hat Karlitschek jedenfalls schon angekündigt, dass die finanzielle Ausstattung der Nextcloud GmbH ausreiche “jeden von ownCloud einzustellen, der sich nach einer neuen Arbeit umsieht”. Das zumindest klingt nicht nach einem friedlichen Auseinandergehen, sondern schon ganz klar nach einer Kampfansage.
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