SAP setzt auch bei IoT auf die HANA Cloud Platform
SAP sieht die Zukunft ganz im Zeichen der HANA Cloud Platform – auch bei IoT. Im Mittelpunkt steht der Gedanke, Sensordaten und Daten aus IT-Anwendungen sinnvoll zusammenzubringen und zu einem Service zu verschmelzen, auf den spezifische Applikationen aufsetzen. silicon.de gibt einen Überblick über SAPs IoT-Strategie.
Bei SAP gibt es seit fünf Jahren Plattformdienste (PaaS, Platform as a Service) in Form der HANA Cloud Platform (HCP). Seit rund drei Jahren ist SAP auch im Bereich IoT aktiv, der ebenfalls in diese Plattform integriert wurde. Damals ergab sich eine Zusammenarbeit mit Siemens. Mit Siemens entwickelte SAP die offene Industrie-Cloud Siemens Mindsphere, die auf SAP HCP IoT (HANA Cloud Platform Internet of Things) aufgebaut ist.
Hier steht im Mittelpunkt, was auch SAP zum Zentrum seiner Bemühungen erklärt hat: “Für sich genommen, bewegen Sensordaten noch nicht viel. Es kommt darauf an, sie mit Daten aus dem Backend, beispielsweise aus den ERP-Systemen, zu vernetzen”, erklärt Martin Fassunge, bei SAP Chief Product Owner der HCP for IoT. Als SAP seine Partnerschaft mit Siemens begann, war es, so Fassunge, noch üblich, Big Data, IoT und Cloud als getrennte Gebiete zu begreifen. Das sei nun vorbei – alle drei Themen gehörten untrennbar zusammen.
Der Markt sei nach wie vor sehr unüberschaubar, und vertikal orientiert, denn neben vielen Herstellern aus unterschiedlichen Branchen versuchten viele Firmen auch selbst, eine IoT-Plattform zusammenzubauen. Fassunge: “Eine Plattform zu operieren und zu provisionieren ist sehr komplex und häufig verlangsamen sich hierdurch die Entwicklungen der eigentlichen Applikationen. Zudem braucht man hohe Investitionen in Sicherheit, und das weltweit.”
Viele IoT-Szenarien können mit Open-Source-Tools und Frameworks implementiert werden. Enterprise Readiness, Support und Integration dieser Frameworks müssten allerdings auch betrachtet werden. Tatsächlich kosten Open-Source-Hadoop-Lösungen mit Speicher im Petabyte-Bereich unter Umständen sechs- bis siebenstellige Beträge.
IoT Platform werden für die die digitale Transformation benötigt. SAPs IoT-Plattform fußt auf Cloud Foundry von EMCs Tochter Pivotal. Um Einfluss zu gewinnen, ist SAP Platin-Sponsor der darauf gerichteten Open-Source-Entwicklungsbemühungen. Bei Cloud Foundry wird vorwiegend mit neuen Sprachen wie node oder ruby gearbeitet, die wohl in Zukunft einen zunehmenden Teil der Informationsverarbeitung bestimmen werden. Hinter diesen Aktivitäten steht die Idee, die Hadoop-Plattform, PaaS, IoT und Open-Source-basierende, anbieterspezifisch angepasste Software zu einem Angebot zusammenwachsen zu lassen – mit dem Ergebnis Big-Data-as-a-Service liefern zu können. An der HCP-Plattform arbeiten bei SAP derzeit um die 500 Entwickler.
Die einzelnen Bausteine von SAP HCP IoT
HCP IoT ist als Teilbereich der HCP-Plattform zu verstehen und setzt sich aus folgenden Modulen zusammen: Connectivity zu den Endgeräten/Sensoren sowie ins Backend, also den Unternehmensanwendungen, Sicherheit, Datenmanagement, Streaming und Analyse. Die Basis dieser Module waren im Portfolio verstreute Produkte oder Funktionen.
Das Connectivity-Modul zur Edge-Seite hin liefert viele Standardprotokolle wie http, MQTT oder Rest, aber es kann auch mit Hilfe einem Software Development Kit individuell entwickelte Schnittstellen umfassen. Bei der Connectivity kooperiert SAP beispielsweise mit dem Softwarehersteller Jasper.
Das Connectivity-Modul übernimmt auch die softwaregesteuerte Verwaltung der Edge-Systeme. Ein eventuelles Edge-Gateway stammt keinesfalls von SAP, sondern von beliebigen Dritt-Lieferanten. “In den meisten physischen Geräten steckt heute ein Linux-PC in den Dimensionen eines Raspberry Pi, so dass sich die IoT Aktivitäten auch zunehmend auf die Assets selbst verlagern werden. Das gilt sogar für moderne Kaffeemaschinen”, sagt Fassunge.
Ein solcher Mini-PC kann einerseits die Sensordaten des Endgeräts sammeln und gegebenenfalls vorstrukturieren, andererseits aber auch Updates der Gerätesoftware in Empfang nehmen, was für das Lifecycle Management des Geräts wichtig ist. Derzeit wird diese Aufgabe meist händisch per USB-Stick gelöst.
Theoretisch ist es auch möglich, automatisch von der Plattform auf die Endgeräte am Edge durchzugreifen und sie von dort zu steuern. Diese Idee steht hinter vielen Smart-Grid-Konzepten. Fassunge schränkt aber ein: “Für Connect to Action, wie man diesen Vorgang bezeichnet, gibt es derzeit noch Unwägbarkeiten und Risiken.” Das liege auch an der rechtlichen Unsicherheit, wer für Fehlsteuerungen und Schäden durch ferngesteuerte Geräte am Ende die Verantwortung trägt. Ein Beispiel dafür aus jüngster Zeit ist der Unfall des selbstfahrenden Tesla in Kalifornien.
Hinsichtlich der Authentifizierung und Zertifizierung für den Zugriff auf Assets am System, die das Sicherheitsmodul übernimmt, arbeitet SAP mit dem Partner PriceWaterhouseCooper (PWC) zusammen. SAP bemühe sich, so Fassunge, um alle gängigen Sicherheitszertifizierungen. Beispiele sind die für Finanzdienstleister wichtigen Standards SOC 1 und 2 oder ISO 27001. Das Zertifizierungsspektrum wird ständig erweitert.
Auch Zwei-Faktor-Authentifizierung ist im Programm. Zusammen mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) arbeitet SAP an neuen Standards und Verfahren, um Sicherheitsfunktionen tief in der Architektur des Cloud-Netzwerks zu verankern, und zwar so, dass sie mit den wechselnden Belastungen skalieren. Fürs Thema Sicherheit baut SAP deshalb gerade einen eigenen Bereich auf.
Von Open Source zur Eigenentwicklung VORA
Für Datenmanagement, Streaming und Analyse verwendet SAP derzeit einen selbst zusammengebauten Fast Data Stack aus Open-Source-Produkten: Kafka spielt die Daten ins System ein (Data Ingestion), das Daten-Streaming übernimmt Cassandra dazu kommt Spark, das die Maschinendaten an HANA weitergibt. Dieser Stack soll im November verfügbar sein.
Als strategischer Partner für eine erste Implementierung fungiert ein großes Industrieunternehmen, das den Protokollstapel für die Fabriksteuerung und Produkt- beziehungsweise Serviceentwicklung verwenden will. SAP plant, in anderthalb Jahren diesen Stack durch die Eigenentwicklung VORA zu ersetzen, weil die Open-Source-Produkte beispielsweise Skalierungsprobleme haben. VORA kann die oben geschilderten Aufgaben auch Datenzentrums-übergreifend und weltweit lösen.
Doch die Technik steht nicht still: Fassunge prognostiziert, dass die derzeit und auch in VORA für analytische Aufgaben verwendete Sprache R sehr wahrscheinlich wegen Langsamkeit schon in zwei bis drei Jahren durch etwas Neues ausgetauscht werden könnte.
Aufgelagert auf die IoT-Plattform ist das Applikationsportfolio, hinsichtlich dessen SAP mit Innvoationspartnern zusammenarbeitet. Die Daten aus dem Backend, die in die Analysen einfließen sollen, strömen bei SAP in die HANA-Cloud und werden dort analysiert, weil die Backends mit der Verarbeitung der vielen Millionen Requests überfordert wären.
Typische Applikationen, die SAP heute schon anbietet, sind die vorbeugende Wartung, die Lokalisierung und Verwaltung beweglicher Gegenstände und Ähnliches. Nicht selten werden aber zusätzliche Applikationen, die Kunden nicht bei SAP oder seinen Partnern kaufen können, auch von Kunden selbst entwickelt. Dafür stehen ihnen offene Schnittstellen wie REST zur Verfügung, auf die sie aufsetzen können.
SAP will, wie schon erwähnt, Big-Data-as-a-Service anbieten – als einen Teil der Aufgaben, die Kunden mit Hilfe der HCP lösen können. Darüber, wie wichtig dieses Angebot für die eigene Geschäftsentwicklung ist oder werden könnte, macht das Unternehmen keine Angaben. Gemessen am Engagement kann man aber wohl davon ausgehen, dass der Softwareriese hier einen nicht unbeträchtlichen Teil seiner geschäftlichen Zukunft vermutet.