OpenOffice vor dem Aus
Ungepatchte Sicherheitslücken und eine dünne Community machen OpenOffice das Überleben schwer. Die Projektleitung denkt nun über Konsequenzen nach.
Es gibt Überlegungen, das Apache-Projekt OpenOffice zu beenden. Das geht aus einer E-Mail-Diskussion hervor, die Vizepräsident Dennis Hamilton gestartet hat. Darin werden die möglichen Folgen einer solchen Entscheidung diskutiert.
Hamilton erklärt, dass “ungefähr halbe Dutzend Freiwilliger, die das Projekt zusammenhalten”, offenbar nicht ausreicht, um OpenOffice dauerhaft am Leben zu erhalten. Ein Rückzug des Projekts der Apache Software Foundation (ASF) sei daher eine “ernsthafte Möglichkeit”. Das Aufsichtsgremium der ASF habe schon nach diesbezüglichen Überlegungen der Projektführung gefragt.
OpenOffice entstand auf Basis von StarOffice, das Sun Microsystems im Jahr 2000 kaufte. Das lange Zeit beliebteste quelloffene Office-Paket bekam 2011 Konkurrenz durch den Fork LibreOffice. Damals wechselten viele Entwickler zu dem neuen Projekt, nachdem Sun Microsystems durch Oracle übernommen wurde. Heute wird LibreOffice regelmäßig aktualisiert, im Jahr 2015 beispielsweise 14-mal, während es 2014 nur zwei neue Releases von OpenOffice gab, und 2015 gar nur einen: die bis heute aktuelle Version 4.1.2 vom Oktober 2015.
Ungefähr gleichzeitig mit der Veröffentlichung von Version 4.1.2 erhielt das OpenOffice-Team einen Hinweis auf eine Sicherheitslücke, wie Hamilton berichtet. Für einen Fix gab es keine Zeit mehr. Sie ist folglich bis heute ungepatcht. Darüber lassen sich Denial-of-Service-Angriffe durchführen und und sogar Code einschleusen. Zu den von Projekt OpenOffice offiziell vorgeschlagenen Behelfslösungen zählt ein Wechsel zu LibreOffice oder Microsoft Office.
Dieses Problem hat die Aufmerksamkeit der ASF auf sich gezogen, die jetzt monatliche Berichte zur Entwicklung statt wie üblich vierteljährlicher fordert. Im Fall eines Projektendes könnte der Quelltext weiter verfügbar bleiben, es gäbe aber keine Möglichkeit mehr, neuen Code beizutragen.
Der Rückzugsplan, den das Projekt nun diskutiert, zu dem es sich aber noch nicht entschlossen hat, beinhaltet auch, alle Diskussionslisten und Social-Media-Konten zu OpenOffice zu schließen. Die ASF würde unter einer speziellen E-Mail-Adresse auch Anträge Dritter entgegennehmen, die Marke OpenOffice in Lizenz zu nehmen. Der Plan würde Hamilton zufolge einen Rückzug mit Anstand ermöglichen.
Aufgrund des bekannten Namens scheinen zahlreiche Anwender OpenOffice weiter einzusetzen. Im Jahr 2015 wurde es mehr als 29 Millionen Mal heruntergeladen. Seit Mai 2012 verbucht die Statistik über 160 Millionen Downloads.
LibreOffice hingegen erfreut sich einer breiten Unterstützung in der Community. So ist das Programm inzwischen auch über eine Cloud-Version verwendbar. Für viele Unternehmen dürfte die Entscheidung kaum Auswirkungen haben, da auch in der Anwenderschaft die Nutzung des Clones LibreOffice deutlich überwiegt.
[mit Material von Florian Kalenda, ZDNet.de]
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