Akku-Fehler beim Galaxy Note 7: schlicht und einfach Schlamperei
Nach dem Rückruf von rund 2,5 Millionen Galaxy-Note-7-Geräten hat Samsung. den Fall ausführlich untersucht. Der nun vorgelegte Untersuchungsbericht sieht den Fehler bei den Akku-Zulieferern, die Schuld nimmt Samsung aber auf sich.
Samsung hat jetzt den offiziellen Untersuchungsbericht zu den Akku-Problemen beim Galaxy Note 7 vorgelegt. Als Ursache werden darin Produktionsfehler bei den Akku-Herstellern Samsung SDI und ATL angeführt. Sie führten dazu, dass einzelne Geräte überhitzten, in Brand gerieten oder aufplatzten. Dafür, dass diese Fehler nicht entdeckt wurden, sieht das Unetrnehemn die Schuld jedoch bei sich selbst: Die defekten Geräte seien aufgrund unzureichender Qualitätskontrollen an Kunden ausgeliefert worden.
Im Zuge der der Untersuchung wurden Hardware, Software sowie damit verbundene Prozesse, wie Fertigung und Qualitätssicherung, Testverfahren und logistische Abläufe, bei der Produktion des Galaxy Note 7 geprüft. DJ Koh, Präsident von Samsungs Mobilsparte, erklärte heute bei einer Pressekonferenz in Seoul: “In einer großangelegten Untersuchung, bei der rund 700 Samsung Experten die Zwischenfälle mit dem Galaxy Note 7 nachgestellt haben, konnten wir die Ursache der Galaxy Note 7 Zwischenfälle ermitteln. Dafür wurden mehr als 200.000 Geräte und mehr als 30.000 Akkus untersucht und getestet.”
Ursprünglich rüstete Samsung das Galaxy Note 7 mit Akkus seiner Tochter Samsung SDI aus. Wie die nachträglichen Tests ergaben, war die rechte obere Ecke dieser Akkus leicht verformt. Da davon auch die negativen Elektroden im Inneren betroffen waren, konnte es unter Umständen zu einem Kurzschluss kommen. Außerdem war bei einigen Akkus die negative Elektrode offenbar falsch positioniert.
Auch die nach dem ersten Rückruf des Galaxy Note 7 statdessen eingebauten Akkus des chinesischen Anbieters ATL waren fehlerhaft. Offenbar wurden diese Akkus in einigen Fällen unter zu hohm Druck verscheißt. Dadurch wurde eine Isolationsschicht beim positiven Pol beschädigt, was ebenfalls zu Kurzschlüssen führte. Einige Akkus lieferte ATL sogar ganz ohne Isolierband.
Die Tests führte Samsung zusammen mit dem TÜV Rheinland, Exponent und UL durch. Laut Koh trifft weder die im Vergleich zum Vorgänger um 500 mAh Stunden höhere Akkukapazität noch mangelder Platz im Inneren des Smartphones eine Mitschuld an den Problemen.
“Samsung hat die Zielspezifikationen für die im Note 7 eingesetzten Akkus vorgegeben. Entsprechend übernehmen wir die Verantwortung für die Fehler, die bei der Entwicklung und Herstellung der Akkus geschehen sind und die wir erst nach Markteinführung des Galaxy Note7 entdeckt haben”, so Koh. Samsung habe bereits Schritte zur Optimierung der Sicherheitsprozesse eingeleitet.
Dazu gehört ein Sicherheitscheck, mit dem künftig alle Akkus auf Haltbarkeit getestet werden. Sie werden dabei bewusst überladen und auch extremen Temperaturen ausgesetzt. Röntgenbilder sollen zudem Anomalien im Inneren aufdecken. Zudem will bei der Entwicklung neuer Akkus künftig mit einem externen Beratergremium zusammenarbeiten.
Koh versicherte, Samsung werde die Erkenntnisse aus der Untersuchung auf das Galaxy S8 anwenden. Einen Termin für die Präsentation des kommenden Spitzenmodells nannte er jedoch nicht.
Oktober 2016: Klagewelle und reduzierte Prognose
Aufgrund der teuren Rückrufaktion musste das Unternehmen im Herbst bereits die Prognose um mehr als 2 Milliarden Euro nach unten korrigieren. Damals hat der Hersteller das Gerät vollständig vom Markt genommen. Neben den hohen Kosten für den Rückruf und drohenden Entschädigungen muss Samsung auch einen drastischen Image-Schaden verkraften.
Außerdem droht dem Hersteller eine Klagewelle. Drei Samsung-Kunden haben den Hersteller wegen des Smartphone Galaxy Note 7 gemeinsam verklagt. Sie fordern Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Die Kläger argumentieren, dass sie ihre über Mobilfunkprovider gekauften Geräte nicht sicher nutzen konnten und nicht wegen etwaiger Schäden durch entflammte Batterien. Die Kläger haben zudem die Zulassung ihrer Klage als Sammelklage beantragt.
Darüber hinaus werfen sie dem koreanischen Unternehmen Betrug sowie das Zurückhalten und Verzerren von Informationen vor. Über den Status als Sammelklage muss nun ein Bundesrichter entscheiden. Er prüft, ob außer den Klägern auch zahlreiche weitere Verbraucher in ähnlicher Weise betroffen sind, wie Android Police berichtet.
Zögerliche Austauschpolitik wohl der größte Fehler
Da Samsung die Käufer des Note 7 aufgefordert habe, die Geräte auszuschalten und nicht mehr zu benutzen, habe über einen Zeitraum von Tagen oder gar Wochen kein funktionierendes Smartphone zur Verfügung gestanden, heißt es in der Klage. In der Zwischenzeit hätten sie aber weiterhin die Gebühren für ihren Mobilfunkvertrag bezahlen müssen, in dem auch Kosten für das Smartphone enthalten seien.
Der Schaden, den die Kläger auf mehrere Millionen Dollar schätzen, sei auch entstanden, weil Samsung keine Ersatzgeräte zur Verfügung gestellt habe. Die von Samsung im Austausch angebotenen Modelle Galaxy S7 und S7 Edge seien kein adäquater Ersatz für das Note 7 gewesen, da sie weniger “fortschrittlich” seien. Es sei also zu erwarten gewesen, dass Betroffene an dem ursprünglich gekauften Gerät festhielten.
Auch in Samsungs Heimatland Südkorea klagen Verbraucher gegen den Hersteller. Die Kläger fordern eine Entschädigung wegen des Mehraufwands, der durch den Rückruf entstanden ist, sowie für die Ängste, die sie aushalten mussten, weil sie ein möglicherweise gefährliches Gerät mit sich führten.
Es ist durchaus wahrscheinlich, dass weitere Klagen eingereicht werden, da solche Klagen für Kläger und Anwälte ein lohnendes Geschäft sein können.
September 2016: Rückruf in Deutschland
Samsug reagierte Anfang September auf das Problem mit explodierenden Akkus und startete nach einem weltweiten Verkaufsstop eine Rückrufaktion von ausgelieferten Geräten in Deutschland. Über ein Webformular können Registrierungen für einen Produktaustausch entgegengenommen werden.
Hier müssen Adresse, IMEI oder Seriennummer angegeben werden. Diese lässt sich über die Tastenfolge *#06# aus dem Galaxy Note7 erfahren. Betroffene sollen außerdem den Betreff der Meldung mit “N7N1” beginnen. In den nächsten Tagen wolle der koranische Hersteller weitere Informationen über den Ablauf des Austauschs bekannt geben. Unter der Rufnummer 06196 934 0 262 ist außerdem eine telefonische Registrierung möglich.
Für das zweite Geschäftsquartal hatte Samsung eine Umsatz- und Gewinnsteigerung melden können. Dazu trug nicht zuletzt das Galaxy S7 Edge bei, das laut Samsung für mehr als 50 Prozent der Verkäufe der aktuellen Galaxy-S-Generation verantwortlich war. Der Smartphonehersteller konnte sich daher große Hoffnungen auf einen anhaltend erfolgreichen Verkauf des technisch verwandten Galaxy Note 7 machen. Es bietet ebenfalls das an beiden Rändern gebogene 5,7 Zoll große Super-AMOLED-Display mit einer Quad-HD-Auflösung von 2560 mal 1440 Bildpunkten, was einer Pixeldichte von 518 ppi entspricht. Als weiteres Highlight stellte Samsung den integrierten Iris-Scanner heraus, der für mehr Sicherheit als ein Fingerabdruckleser sorgen soll.
Probleme mit dem Akku
Den Rückruf erklärt Samsung auf Facebook mit “aktuellen Fällen rund um das neue Galaxy Note 7”. Eine gründliche Untersuchung habe Unstimmigkeiten bei den Akkuzellen erkennen lassen. “Derzeit führen wir eine umfassende Analyse mit unseren Zuliefern durch, um möglicherweise betroffene Batterien, die bereits auf dem Markt sind, zu identifizieren” heißt es weiter. Der Verkauf von Galaxy Note 7 sei vorläufig gestoppt worden, da die Sicherheit der Kunden höchste Priorität habe.
Samsung berichtet von weltweit 35 bekannten Fällen. Nach Medienberichten sollen 2,5 Millionen Smartphones erfolgen. Die Rückrufaktion kommt für den Elektronikkonzern zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, da in dieser Woche die Vorstellung von Apples iPhone 7 ansteht. Die aufsehenerregenden Akkuprobleme könnten außerdem den neuerlichen Aufschwung seiner Smartphonesparte ausbremsen.
Falsch verdrahtet
Bei Samsungs High-End-Smartphone Galaxy Note 7 kann es vor allem während des Ladevorgangs der Akku explodieren. Nach ersten Berichten von betroffenen Nutzern, etwa bei Sammobile, hatte das Unternehmen zunächst in Korea mit einem Verkaufsstopp reagiert. Die südkoreanische Publikation Chosun Ilbo meldete Anfang September zunächst acht Fälle weltweit auf, bei denen der Akku des neuen Samsung-Smartphones beim Ladevorgang explodierte.
Chosun Ilbo zitiert einen Mitarbeiter eines Akkuherstellers, der erklärt: “Die Schnelladefunktion des Galaxy Note 7 erzeugt mehr Hitze als beim herkömmlichen Ladevorgang entsteht und belastet die Batterie erheblich.” Eine weitere Möglichkeit ist, dass billige und fehlerhafte USB-C-Kabel zum Laden verwendet wurden.
Dass die eine echte Gefahr für Hardware darstellen, ist spätestens seit dem Frühjahr bekannt. Damals wies Softwareentwickler Benson Leung darauf hin, dass Kabel für USB Typ C häufig nicht den Spezifikationen entsprechen, falsch verdrahtet sind und die verbauten Widerstände falsch dimensioniert sind. Das fehlerhafte Kabel eines chinesischen Herstellers etwa zerstörte ihm zufolge nicht nur zwei seiner Messgeräte, sondern auch sein Notebook vom Typ Pixel C.
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