Samsung verkauft Druckersparte an HP
Damit tragen die Koreaner ihre Ambitionen auf die Marktführerschaft zu Grabe. Im Zuge der Transaktion werden rund 1500 Ingenieure zu HP Inc. wechseln und soll der Käufer rund 6500 Patente erhalten. Damit verfügt HP Inc. dann endlich über eigene Laserdrucktechnologie.
HP Inc. wird Samsung dessen Druckersparte für 1,05 Milliarden Dollar abkaufen. Der Übernahmevereinbarung zufolge sollen insgesamt rund 6000 Angestellte von Samsung zu HP wechseln, darunter auch etwa 1500 Ingenieure. Außerdem sollen rund 6500 Patente im Bereich Drucktechnik von Samsung auf HP Inc. überschrieben werden.
Die Zustimmung der zuständigen Kartellbehörden vorausgesetzt, soll die Transaktion innerhalb der kommenden zwölf Monate abgeschlossen werden. Im Rahmen des Deals wird Samsung seiner Pressemitteilung zufolge das Druckergeschäft zunächst in ein eigenständiges Unternehmen ausgliedern, das erst anschließend in den Besitz von HP Inc. übergeht. Samsung wird im Gegenzug HP-Aktien für 100 bis 300 Millionen Dollar an der Börse erwerben.
Mit der Transaktion entledigt sich HP nicht nur seines in den vergangenen Jahren schärfsten Rivalen auf dem Druckermarkt, sondern erwirbt endlich auch eigene Technologie, um Laserdrucker zu bauen. Bislang setzte es dabei auf Druckwerke von Canon, die HP-eigene Entwicklungsabteilung konzentrierte sich ganz auf die Optimierung der Tintenstrahltechnologie und der Tinte.
Kauf sorgt für Fragezeichen bei Canon und Dell
Damit scheint die Transaktion zumindest mittelfristig auch ein schwerer Schlag für Canon zu sein, droht es doch einen langjährigen Großabnehmer für seine Lasertechnologie zu verlieren. Allerdings wird in der HP-Pressemitteilung zum Kauf der Samsung-Sparte auch Canon-CEO Fujio Mitarai zitiert. Ihm zufolge haben “HP und Canon lange über Druck-Innovationen diskutiert, die Kundenutzen im Bereich Business-Printing und dem wachsenden MPS-Markt bringen. Diese Transaktion wird unsere Zusammenarbeit weiter voranbringen und beiden Unternehmen Wachstum bescheren.”
Unklar ist im Augenblick noch, welche Auswirkungen der Schritt auf Dell hat: Das Unternehmen, das soeben erst die Übernahme von EMC abgeschlossen hat, bietet aktuell im Zuge seiner Strategie als Komplettanbieter aufzutreten, noch von Samsung zugekaufte Drucker unter seiner Marke an.
Einerseits dürfte der Bereich für Dell in seiner Gesamtstrategie mittelfristig ohnehin unwichtiger werden, andererseits verspüren die Texaner sicher wenig Lust, dem Erzrivalen HP zu mühelosen Gewinnen zu verhelfen. Damit bleibt nur die Alternative, sich vom Druckergeschäft komplett zu verabschieden oder einen anderen Lieferanten zu gewinnen. Denkbar wär hier vor allem Kyocera, das sich ebenso wie bislang Samsung auf Laserdrucker konzentriert. Außerdem hat das Unternehmen mit Utax schon Erfahrungen im Vertrieb baugleicher Produkte unter einer anderen Marke. Canon könnte ebenfalls in die Bresche springen. Und falls Dell sich nicht mehr nur auf Laserdrucker konzentrieren will, sondern an den Trend zu Business-Ink-Geräten glaubt, käme auch Brother in Frage, das alle Drucktechnologien aus dem eigenen Hause zuliefern kann.
Übernahme ist ein Eingeständnis des Scheiterns für Samsung
HP-CEO Dion Weisler hat schon angekündigt, durch die Übernahme vor allem die Marktanteile in Unternehmen ausbauen zu wollen. Ins Visier nehmen will er insbesondere die traditionellen Kopiereranbieter Canon, Konica Minolta, Ricoh und Xerox. Helfen sollen ihm die dabei von Samsung vor knapp vier Jahren eingeführten A3-Laserdrucker. Die sind technisch zwar auf der Höhe der Zeit und bieten durch NFC, Tablet-ähnliches Bedienfeld und andere Funktionen zahlreiche Möglichkeiten für den Druck von Mobilgeräten aus (vor allem von Samsung-Mobilgeräten) und die Abbildung von Workflows, sind aber insbesondere in Deutschland im Markt noch nicht so angekommen, wie man sich das in Korea vorgestellt hat.
Dort hatte man bei der Einführung davon geträumt, nach den drei Bereichen Halbleitern, Mobiltelefonen und LCD-TVs die Druckersparte aufzurollen. Ziel war es ganz klar, zunächst nach Stückzahlen und dann auch beim Umsatz die Nummer eins im Markt zu werden. Dieses Vorhaben wurde auch als “vierte Welle” bezeichnet, was veranschaulichen sollte, wie man die Wettbewerber wegspülen will. Das Vorhaben muss nun als gescheitert betrachtet werden. HP dagegen baut mit der Übernahme seine Spitzenposition im Gesamtmarkt aus. Schwächen in wichtigen und wachstumsstarken Segmenten gleicht es damit allerding kaum aus.
In Deutschland liegt zum Beispiel in dem je nach Segment stark unterschiedlich dominierten Markt für Business-Laserdrucker in den wachstumsstarken Segmenten Kyocera deutlich vorne. Bei Farblasern, auf die den Marktforschern von Context zufolge rund 20 Prozent der über den indirekten Vertrieb in Unternehmen hinein verkauften Business-Geräte entfallen, konnte Kyocera zuletzt (im ersten Halbjahr 2015) auf rund 30 Prozent bei den teuren A3-Geräten mit über 20 Seiten pro Minute verweisen. Vor HP folgten auf Kyocera noch Brother und Lexmark. Samsung musste sich in dem Segment hierzulande damals mit knapp 4 Prozent zufrieden geben.
Update 14. September 10 Uhr 19: Im Text wurden zunächst fälschlicherweise die Zahlen für das Segment “Business-Laserdrucker mit mehr als 20 Seiten” dem Segment “A3-Schwarzweiß-Drucker” zugeordnet. Der Fehler wurde nach einem Hinweis eines aufmerksamen Lesers korrigiert.
Bei allen Business-Laserdruckern mit einer Leistungsfähigkeit mit mehr als 20 Seiten pro Minute kam HP damals auf gut 20 Prozent. Es belegte damit den zweiten Rang. Auch in der Leistungsklasse lag Kyocera mit rund 23 Prozent auf Platz 1. Mit deutlichem Abstand vor Samsung (mit gut 7 Prozent) rangierten noch Brother (16 Prozent) und Lexmark (fast 12 Prozent).
Übernahme ist auch ein Hilferuf der HP-Druckersparte
Aber auch bei HP Inc. können die nun angekündigten, ehrgeizigen Pläne nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ziele der jüngeren Vergangenheit nicht erreicht wurden. Seine hohen Marktanteile von bis zu 40 Prozent gemessen in Stückzahlen für den Gesamtmarkt erreichte HP nur noch dadurch, dass es eigentlich kleine Business-Geräte nahezu im Wochenrhythmus über Discounter wie Penny und Aldi verschleuderte.
Das machte sich aber allmählich bei den Umsätzen mit Verbrauchsmaterial bemerkbar: Die ja mit einer gewissen Erwartung an den Nachkauf von Verbrauchsmaterial in den Markt gebrachten Geräte wurden gar nicht so intensiv genutzt wie vorgesehen. Damit wird der Verkauf über die Discounter zum Verlustgeschäft – eine bittere Erfahrung, aufgrund der Samsung genau diese Strategie schon vor einigen Jahren aufgegeben hat. Spürbar wurde das bei HP Ende Juni, als die Halbjahreszahlen belegten, dass die Umsätze mit Tinte und Toner gegenüber dem Vorjahr deutlich (um 18 Prozent) zurückgingen. Der Verkauf von Druckerhardware ging trotz der intensiven Bemühungen von HP hierzulande weltweit um 10 Prozent zurück.
Außerdem verwundert der Zukauf der – gemessen an anderen Übernahmen der jüngsten Zeit zugegebenermaßen recht günstigen – Samsung-Drucker-Sparte auch aus technologischer Perspektive. HP hatte bereits 2015 A3-fähige Business-Ink-Geräte vorgestellt, mit denen man Laserdrucker im Einstiegssegment, etwa in kleinen Büros oder Arbeitsgruppen, ersetzen wollte. Außerdem wurde erst in diesem Frühjahr die mit viel Vorlauf und Aufwand entwickelten Office-Drucker mit PageWide-Technologie eingeführt. Sie erreichen durch den seitenbreiten Druckkopf eine für tintenbasierende Geräte hohe Druckgeschwindigkeit von bis zu 55 Seiten pro Minute und sind durch die Optionen für das Papiermanagement durchaus auch für den Einsatz in größeren Umgebungen geeignet.
Update 13. September 8 Uhr 45: Genau diese Modellreihen, die leistungsfähigen Business-Drucker mit PageWide-Technologie, hat HP Inc. zum Auftakt seiner weltweiten Partnerkonferenz in Boston noch einmal erheblich aufgerüstet: Das Unternehmen kündigte “ein komplettes Portfolio an A3-MFPs” an, darunter drei HP PageWide und 13 HP-LaserJet-Geräteplattformen. “Insgesamt werden 54 verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Endverarbeitungsoptionen erhältlich sein, darunter integrierte Ausgabeeinheiten mit Hefter, externe Ausgabeeinheiten mit Hefter für hohe Seitenvolumen”, so der Konzern in seiner Pressemitteilung.
Sie waren eigentlich als Hoffnungsträger im Kampf um Marktanteile im oberen Preissegment und auch als Waffe gegen die Übermacht der Mitbewerber im Bereich Farb-Laser konzipiert. Dass ihnen nun die Samsung-Geräte zur Seite gestellt werden, ist nicht unbedingt ein Vertrauensbeweis des HP-Managements in die selbstentwickelte Technologie. Und selbst wenn beide Produktreihen mittelfristig parallel angeboten werden, ist das für den HP-Vertrieb und die Kunden unbefriedigend, bleibt doch immer die Frage, wann denn nun welcher Ansatz der bessere ist. Und die wird HP so beantworten, wie es vor der Einführung seiner Business-Ink-Geräte die Frage nach der Überlegenheit von Tinte oder Toner beantwortet hat: Beides ist gut. Das ist diplomatisch, aber in der Praxis wenig hilfreich.
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