Gebrauchtsoftware: Kommando zurück im Streit um die Rechtekette
Ende August war die Preo Software AG unter Berufung auf einen Beschluss des OLG Hamburg mit Aussagen zu Rechten der Kunden und Pflichten der Händler in Bezug auf die Rechtekette bei Gebrauchtsoftware vorgeprescht. Zu weit, wie das Landgericht Hamburg nun befand: Dem Unternehmen wurden auf Antrag von Usedsoft die meisten der damals getroffenen Aussagen untersagt.
Usedsoft hat der Preo Software AG im Zuge einer einstweiligen Verfügung untersagen lassen, im geschäftlichen Verkehr weiterhin bestimmte Aussagen zur Rechtekette bei Gebrauchtsoftware zu verwenden. Dabei ging es vor allem darum, auf welche Informationen Käufer gebrauchter Software einen Rechtsanspruch haben und inwieweit sich Mitbewerber legal verhalten. Damit wurde ziemlich unverhohlen das Geschäftsmodell von Usedsoft diskreditiert.
Die Aussagen machte die Preo Software AG als Kommentar zu einem Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (Aktenzeichen 5 W 36/16) vom August. Der Beschluss erging in einem Verfahren, dass sich an den Kauf von Software-Lizenzen für Microsoft-Programme aus zweiter Hand über eine Internetplattform anschloss. Die Lizenzen sollten in Form eines Produktschlüssels ausgeliefert werden. Der Käufer wollte aber nicht nur wissen, welche Nutzungsrechte mit der Software einhergehen, sondern auch Informationen über die Vorbesitzer haben.
Die Firma Usedsoft, hält das nicht für erforderlich. Ihre Sache sowie die aller anderen Händler sei es, sich darum zu kümmern, dass keine “Erschöpfung des Verbreitungsrechts” eintritt – also die Software legal weiterverkauft werden darf.
Das bestätigen auch die Richter des OLG Hamburg: “Dieser [der Händler] hat Kenntnis davon, von wem er selbst das Vervielfältigungsstück erworben hat und er wird bereits im eigenen Interesse, nämlich für den Fall einer eigenen Inanspruchnahme durch Microsoft, die weiteren Daten über den Erst- bzw. Zwischenerwerber des angebotenen Vervielfältungsstücks besitzen und sich entsprechende Nachweise verschafft haben.”
Denn den Händler trifft im Falle einer Kontrolle durch den Hersteller auch die Beweislast. Oder anders gesagt: Bei einem Lizenz-Audit kann der Käufer die Kontrolleure an ihn weiterverweisen, anstatt selbst den Nachwies über die ordnungsgemäße Lizenzierung erbringen zu müssen. Der Verbraucher benötige dagegen Informationen darüber, in welcher Art die Lizenz ursprünglich eingeräumt wurde und ob bereits dem Ersterwerber eine verkörperte Kopie bereitgestellt wurde oder nicht, um einschätzen zu können, ob ihm ein wirksames Nutzungsrecht an der Software überhaupt eingeräumt werden kann.
Tatsachenbehauptungen und Meinungen zu gebrauchter Software
Das von der Preo Software aus dem Beschluss postulierte Recht auf Informationen zu den Vorbesitzern konnten nun offenbar die Richter des Landgerichts Hamburg nicht erkennen. Diesbezügliche Aussagen werden mit dem aktuellen Beschluss (Aktenzeichen 406 HKO 148/16) untersagt. Gegen den Beschluss kann noch Widerspruch eingelegt werden. Ob dies geschehen wird, ist noch offen. Auf Anfrage von silicon.de wollte Preo dazu noch keine abschließende Auskunft geben.
Im Juli ging ein Streit zwischen Usedsoft und der U-S-C GmbH vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf anders aus. Auch U-S-C sät unterschwellig Zweifel daran, ob es bei den Geschäftspraktiken des Mitbewerbers Usedsoft immer mit rechten Dingen zugeht. Das ist nicht fein, wird aber geschickt gemacht: Indem die Aussagen auf der Website als Meinung formuliert sind (nicht wie im Fall der Preo Software AG als Tatsachenbehauptungen) unterliegen sie der Meinungsfreiheit, so das OLG Düsseldorf.
Darüber, ob diese Meinung richtig ist, befand das Gericht aber nicht. Das ist eigentlich auch nicht notwendig. Denn in Rechtsfragen zählt die persönliche Meinung in der Regel nichts – was gilt, ist die Auslegung der Gesetzte durch die Richter. Und da hat Usedsoft in den vergangenen Jahren zahlreiche Siege errungen, die sein Geschäftsmodell bestätigen.
Langwierige Rückzugsgefechte
Beispielsweise musste Anfang Juli Adobe dem Händler Rechtsberatungskosten und Schadenersatz in Höhe von 125.000 Euro leisten, weil es Teile des Usedsoft-Geschäfts als illegal bezeichnet hatte. Es ging dabei um die Aufspaltung von Volumenlizenzen und deren späteren Weiterverkauf. Dazu wurde eigentlich in einem Urteil des BGH im Dezember 2014 alles gesagt, was nach dem EuGH-Urteil zu Gebrauchtsoftware noch zu sagen war.
Das Adobe die Ansicht der Richter nicht teilte, wurde letztendlich also ziemlich teuer. Dem Hersteller dürfte das nicht viel ausmachen: Auch dieser Rechtsstreit, wie einige andere von Adobe und Microsoft zuvor und vor allem das lange Jahre dauernde und schließlich vor dem EuGH endende Verfahren zwischen Usedsoft und Oracle, sind doch nichts anderes als Rückzugsgefechte gewesen. Die Software-Anbieter dürften dabei Anwalts- und Gerichtskosten mehrfach sorgfältig gegen den Nutzung abgewogen haben, den Markt zu verunsichern und das Volumen des Marktes für Gebrauchtsoftware klein zu halten, um – so ihre Rechnung – mehr neue Lizenzen zu verkaufen.
Zur aktuell erwirkten einstweiligen Verfügung erklärt nun Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider: “Europäischer Gerichtshof und Bundesgerichtshof haben alle wichtigen Rechtsfragen rund um den Gebrauchtsoftware-Handel abschließend geklärt. Trotzdem versuchen einige Marktteilnehmer immer wieder, mit solchen falschen Behauptungen die Kunden zu verunsichern und sich auf diese Weise Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.” Schneider schließt aber mit einigen versöhnlichen Worten: “Ich fordere alle Marktteilnehmer auf, die höchstrichterliche Rechtsprechung endlich anzuerkennen und auf unlautere oder unfaire Methoden zu verzichten. Davon würde auch der Gesamtmarkt profitieren.”