Blauer Engel für das Fairphone
Als erstes Smartphone erhält das so genannte “Fairphone” den Blauen Engel, mit dem strenge Kriterien für den Umweltschutz vorgegeben sind.
Das niederländische Unternehmen Fairphone hat für das gleichnamige Smartphone das Umweltsiegel “Blauer Engel” erhalten. Damit bekommt zum ersten Mal ein Smartphone das weltweit älteste Umweltzeichen.
Fairphone ist modular aufgebaut, das heißt, es können einzelne Komponenten einfach ausgetauscht oder repariert werden. Darüber hinaus achte der Hersteller darauf, dass die Komponenten über die gesamte Lieferkette möglichst unter fairen und umweltverträglichen Bedingungen hergestellt werden. Allerdings scheint das kein einfaches Unterfangen zu sein:
Immerhin hat Fairphone bereits mehrere Lieferketten für einzelne Komponenten und Mineralien transparent gemacht. Was auch mit verbesserten Bedingungen einhergeht. Zinn, Wolfram, Tantal und Gold könne der Hersteller laut eigenen Angeben bereits aus konfliktfreien Förderstätten beziehen. Gold beziehe der Hersteller sogar aus einer Fairtrade Miene. Allerdings sind nicht alle Stoffe, die für das Fairphone verwendet werden Fairtrade gehandelt und das Unternehmen werde sich auch anderen Mineralien zuwenden. “Das ist allerdings ein längerer Prozess und Fairphones Lieferkette ist noch nicht zu 100 Prozent fair”, teilt eine Sprecherin mit.
Produkte, die sich für den Blauen Engel qualifizieren wollen, müssen strenge Kriterien erfüllen. Dabei wird nicht nur das Produkt, sondern der gesamte Lebensweg eines Produktes betrachtet. Maßgeblich für die Verleihung des Blauen Engels waren daher die Langlebigkeit des Produktes, das begleitende Recycling-Programm und die geringe elektromagnetische Strahlung. Auch habe das modulare Fairphone 2 “positiven Einfluss auf die Wertschöpfungskette und erweitert den Markt für Produkte, bei denen ethische Werte an erster Stelle stehen”, wie es in einer Mitteilung heißt.
“Wir sind stolz darauf, mit dem ältesten Umweltzeichen der Welt, das für Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit steht, geehrt zu werden”, Fairphone Value Chain Projektmanagerin Flavia Fries. “Wir werden damit noch mehr Aufmerksamkeit auf das Thema Nachhaltigkeit in der Mobilfunkbranche lenken können und verdeutlicht einmal mehr, dass es möglich ist, diese Probleme anzupacken.”
Um auch andere Smartphone-Hersteller dazu zu animieren, nachhaltigen und umweltbewussten Geräte mehr zu fördern, soll am 30. Oktober 2016 zudem Fairphone Gründer Bas van Abel mit dem Deutschen Umweltpreis dekoriert werden. Der Preis wird von Bundespräsidenten Joachim Gauck überreicht und ist mit 250.000 Euro dotiert. Van Abel hatte unter anderem eine Lieferkette für Gold und Wolfram aus konfliktfreien Gebieten in Ruanda aufgebaut.
Bislang wurden weltweit rund 110.000 Fairphone-Mobiltelefone verkauft, etwa die Hälfte davon im deutschen Markt. Vor wenigen Tagen erst wurde eine neue Hülle für die zweite Generation des Gerätes vorgestellt, die das Smartphone noch schlanker machen soll.
Das neue Back Cover soll nicht nur vor Stürzen und Stößen schützen, sondern soll dem Gerät auch ein filigraneres und hochwertigeres Erscheinen verleihen. Dank des zweiteiligen Aufbaus lässt es sich auch einfacher vom Rest des Gerätes lösen und wieder anbringen. Mit einem neuen Back Cover lässt sich die Optik des Fairphones kostengünstig verändern ohne ein neues Telefon zu kaufen, so der Hersteller.
Das Fairphone 2 kam im Dezember 2015 als weltweit erstes modulares Smartphone auf den Markt. Fairphone hat sich dem modularen Konzept verschrieben, um Telefone langlebiger zu machen und somit gegen ständigen Handy-Neukauf anzukämpfen. Der Fokus der Macher lag daher vor allem auf Reparierbarkeit und Aktualisierbarkeit des Telefons. Daher werde es auch nicht jedes Jahr eine neue Generation des Gerätes geben, so der Hersteller.
Die Ökobilanz des Fairphone 2 – kürzlich vom Fraunhofer-Institut vorgelegt – zeigt, dass sich das Unternehmen in die richtige Richtung bewegt. “Das Fairphone 2 bricht mit gängigen Konventionen”, kommentiert Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH). “Statt möglichst viel Technik in ein besonders flaches Gerät einzubauen, das kaum reparierbar ist und nach zwei Jahren in der Schublade oder auf dem Müll landet, setzen die Niederländer auf ein robustes Gerät, bei dem Langlebigkeit im Vordergrund steht.”
So könnten zum ersten Mal durch die modulare Bauweise Verbraucher Ersatzteile problemlos selbst einbauen, ohne gleich das ganze Gerät austauschen zu müssen. “Eine solche Bauweise vermeidet Elektroschrott, entlastet den Geldbeutel und sollte zukünftig von allen IT-Herstellern umgesetzt werden”, fordert Resch weiter.
Laut Herstellerangaben sollen Fairphone-User bereits mehrere hunderte Reparaturen mit Open Source-Reparaturanleitungen selbst erfolgreich durchgeführt haben. Beispielsweise lässt sich der Bildschirm in weniger als einer Minute ganz ohne Werkzeug austauschen. Auch die Reparaturspezialisten von iFixit loben das Fairphone 2 und bewerten die Reparierbarkeit des Gerätes mit 10 von 10 Punkten.
Display und Batterie lassen sich ohne jegliches Werkzeug austauschen lassen. Das Unternehmen liefere das Smartphone zudem mit einer eigenen Reparaturanleitung aus. Der modulare Aufbau und die Federkontakte erleichtern den Austausch von Komponenten zusätzlich.
Das Fairphone kann entweder über den Shop des Unternehmens für rund 520 Euro bestellt werden. Wahlweise gibt es das Gerät auch über den deutschen Provider 1&1, der das Gerät im günstigsten Tarif von monatlich 19 Euro für 349 Euro anbietet. Wer für das Gerät keine Zuzahlung leisten will, muss ein Datenvolumen von 5 GB pro Monat beziehen und dafür monatlich 44,99 beziehungsweise nach 12 Monaten 49,99 bezahlen. Der Hersteller plant jedoch, noch weitere Mobilfunkprovider als Partner zu gewinnen.
Im ersten silicon.de-Hands-On-Test zeigt sich ein solides Handy, das hinsichtlich Performance und Nutzerführung (Dank Android) den Vergleich zu anderen High-End-Geräten, auch wegen des Leistungsfähigen Qualcomm Snapdragon-801-Prozessors nicht zu scheuen braucht. Beim Design dominiert aber vor allem die Zweckmäßigkeit. Emotionen weckt das Gerät aber nicht über ein elegantes Gehäuse, sondern mit dem Anspruch, die High-Tech-Industrie zum Umdenken zu bewegen und der Tatsache, dass der Hersteller zumindest bemüht ist, Punkte wie Kinderarbeit, blutige Rohstoffe oder ausgebeutete Mitarbeiter zu umgehen.