Fake News: Facebook setzt auf externe, spendenfinanzierte Prüfer

Facebook reagiert auf den zunehmenden Druck durch die Politik und hat nun Einzelheiten zu den im Dezember versprochenen Maßnahmen gegen Fake News auf seiner Site vorgestellt. Im Wesentlichen soll es Nutzern erleichtert werden, offensichtlich falsche Meldungen zu melden. Diese werden dann im ersten Schritt von einem externen Dienstleister überprüft und gegeben falls mit einem Warnhinweis versehen. Außerdem können sie dann nicht mehr beworben oder hervorgehoben werden.

Für die Überprüfung greift Facebook in Deutschland auf das Recherchenetzwerk Correctiv zurück. Auf seiner Facebook-Seite bezeichnet das die Zusammenarbeit als Betatest. Das ausschließlich aus Spenden finanzierte Correctiv erklärte auch, dass es zunächst für seine Arbeit kein Geld von Facebook bekommt. Allerdings teilt es auch mit, dass das kein Dauerzustand sein kann. “Es wird schwer werden, das Geld unserer Spender dafür auszugeben, Facebook zu heilen.” Inwieweit von Facebook Geld für die Tätigkeit verlangt werden kann, soll aber offenbar nach dem nun anlaufenden Betatest geklärt werden.

Kennzeichnung eines Facebook-Beitrags als Fake News (Bild: Facebook)

Facebook erklärt in einer Pressemitteilung zudem, dass man weitere Partner aus der Medienbranche suche. Möglicherweise denkt der US-Konzern hier an die Bertelsmann-Tochter Arvato, die für ihn seit einem Jahr schon nach Hasskommentaren fahndet und diese gegebenenfalls löscht. Als Falschmeldungen identifizierte Beiträge sollen jedoch nicht gesperrt werden, sondern werden nur mit einem Warnhinweis versehen. Sie können dann nicht mehr zu Werbeanzeigen gemacht oder hervorgehoben werden. Allerdings werden sie sich nach wie vor teilen lassen.

Nutzer können künftig einen Beitrag über das Menü in der oberen rechten als falsch markieren. Anschließend werden sie aufgefordert, ihre Ansicht zu begründen und die Person, die den Artikel veröffentlicht oder geteilt hat, darüber zu informieren. Correctiv bekommt Zugriff auf die gekennzeichneten Einträge und prüft sie.

Indem es auf externe Kräfte zurückgreift, will Facebook offenbar unter allen Umständen vermeiden, dass es selbst als Zensor wahrgenommen wird. Es bleibt damit seiner in der US-amerikanischen Rechtsauffassung und der dort sehr hoch eingestuften Meinungsfreiheit ruhenden Linie treu. Schon seit Jahren wird etwa kritisiert, dass zum Beispiel zu viel Haut für Facebook ein Tabu ist, Propagandavideos mit Enthauptungen dagegen problemlos veröffentlicht werden können.

Politiker-Panik beim Thema Fake-News

Im Nachgang des US-Wahlkampfs, in dem Fake-News nach Auffassung einiger Beobachter eine wichtige Rolle gespielt haben sollen, befürchteten maßgebliche Stellen auch im Wahljahr 2017 in Deutschland eine Flut von Falschmeldungen, für die sie insbesondere sogenannte “Troll-Fabriken” in Russland verantwortlich machen. Mitte Dezember durchgesickerte Ambitionen der Behörden, insbesondere des Bundesinnenministeriums, umfassender gegen Falschmeldungen – wie immer die definiert sein mögen – vorzugehen, haben nun offenbar Facebook veranlasst, selbst aktiv zu werden um nicht in Zugzwang zu geraten.

Das von Thomas de Maizière geleitete Bundesinnenminister denkt über ein “Abwehrzentrum gegen Desinformation” nach (Bild: BPA/Jesco Denzel)

Dass auch mit den etablierten Werkzeugen und Instrumentarien ein effektives Vorgehen gegen Falschmeldungen in Sozialen Netzwerken möglich ist, zeigte die Berliner Polizei kurz nach Weihnachten. Damals wurde eine Person verhaftet, die am 23. Dezember per Audionachricht auf WhatsApp das Gerücht verbreitet hatte, dass die Gefahr eines Anschlags auf ein Berliner Einkaufszentrum besteht. Ihr droht ein Verfahren wegen der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Dafür kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren verhängt werden.

Erst kürzlich hat zudem der Würzburger Anwalt Chan-jo Jun wegen Falschmeldungen eine Klage gegen Facebook und einen Facebook-Nutzer aus dem Rheinland eingereicht. Im Auftrag seines Mandanten wirft Jun dem Nutzer vor, Urheber einer Fake-News zu sein und kritisiert den US-Konzern, weil er nicht genug gegen die Verbreitung der verleumderischen Falschbehauptungen auf seiner Site getan habe. Dabei wurde ein Bild des Mandanten verbreitet, in dessen Beschreibung die offensichtlich unwahre Behauptung aufgestellt wurde, er habe an Anschlägen teilgenommen. Über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung verhandelt das Landgericht Würzburg am 6. Februar.

Aktuelle Gesetzeslage bei Fake-News

Anwalt Christian Solmecke von der Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke gibt zu bedenken, dass “Fake-News” als Begriff juristisch gesehen nicht existiert, sondern dass darunter im Sprachgebrauch neuerdings eine Vielzahl nach aktuellem deutschem Recht verfolgbarer Tatbestände zusammengefasst werden. Dazu gehören in Bezug auf konkrete Einzelpersonen unwahre Tatsachenbehauptungen, Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung, in Bezug auf ganze Bevölkerungsgruppen Meldungen, die möglicherweise den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen. Auch Falschbehauptungen mit wirtschaftlichem Hintergrund lassen sich juristisch verfolgen: In dem Fall meist mit Unterlassungsklagen nach dem Wettbewerbsrecht.

Anwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke sieht keinen juristischen Handlungsbedarf beim Thema Falschmeldungen (Bild: WBS)

Schwieriger sei es dagegen bei abstrakten Verschwörungstheorien. Lediglich wenn sie sich auf konkrete Unternehmen oder Personen beziehen, können die dagegen vorgehen, sofern sie das Gegenteil beweisen können. Auch hier reicht nach Ansicht von Solmecke die aktuelle Gesetzeslage aus.

Bei Falschbehauptungen zur politischen Stimmungsmache, um die es in der aktuellen Diskussion um Fake-News im Kern vor allem geht, ist der Anwalt dagegen skeptisch. Dafür müsste “eine Art Wahrheitskommission geschaffen werden, die den jeweiligen Wahrheitsgehalt einer Aussage ermittelt und dann gegen den ursprünglichen Verbreiter vorgeht. In der Praxis halte ich das für nicht machbar. Mit solchen unwahren Tatsachen müssen wir leben und hoffen, dass kritische Journalisten auch in Zukunft diese Art von Falschmeldungen entlarven und aufdecken werden.”

Einen juristischen Handlungsbedarf beim Thema Falschmeldungen sieht Solmecke nicht. Seiner Ansicht nach müssen die bestehenden Gesetze konsequenter angewandt und die Strafverfolgungsbehörden besser geschult werden. Auch müsste Vorgehen im Rahmend er geltenden Gesetze schärfer gegen die Sozialen Netzwerke vorgegangen werden, damit die ihren Pflichten nachkommen. Dann, so Solmecke, “können Fake-News auch mit den bestehenden Gesetzen wirksam eingedämmt werden.”

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[mit Material von Stefan Beiersmann, ZDNet.de]

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Redaktion

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