Daimler legt mit Kauf von PayCash Europe Grundstein für Mercedes pay
Im Bemühen, sich vom reinen Autobauer zum Mobilitätsanbieter zu wandeln, hat Daimler über seine Sparte Daimler Financial Services die in Luxemburg ansässige PayCash Europe S.A übernommen. Zu finanziellen Details der Transaktion haben die Beteiligten Stillschweigen vereinbart. Die Technologie des Zahlungsdienstleisters wird die Grundlage für Mobile-Payment-Angebote bilden, die unter der Marke “Mercedes pay” auf den Markt kommen sollen.
“Mercedes pay wird ein zentraler Bestandteil von Daimlers Mobilitäts- und Digitalisierungsstrategie sein”, erklärt Bodo Uebber, im Daimler-Vorstand für Finanzen & Controlling und den Bereich Daimler Financial Services verantwortlich, in einer Pressemitteilung. Das Bezahlsystem unterstreiche die Ambitionen, als einer der führenden Anbieter digitaler, mobiler Dienste, die eigenen Angebote attraktiver zu machen.
Zu diesen Angeboten gehören derzeit vor allem der Car-Sharing-Dienst Car2Go, die Mobilitäts-App Moovel sowie die App MyTaxi. Sie agieren alle unter dem Dach der Daimler Mobility Services GmbH, einer Tochter von Daimler Financial Services. In diesem Bereich wird dann auch Mercedes pay angesiedelt sein.
Neben diesen neueren Angeboten gehört auch die traditionellere Finanzierung von Fahrzeugen zum Angebot von Daimler Financial Services. 2016 seien über derartige Verträge über vier Millionen Fahrzeuge betreut worden. Mercedes pay soll auch genutzt werden, um diese und andere Finanztransaktionen mit Angeboten des Daimler-Portfolios zu vereinfachen.
“Unsere Kunden können mittels ‘Mercedes pay’ unsere Mobilitäts- und Dienstleistungsservices ganz einfach per Smartphone bezahlen”, erläutert Klaus Entenmann, Vorstandsvorsitzender Daimler Financial Services, das Ziel. Davon profitierten künftig vor allem Kunden, die mehrere Daimler-Dienstleistungen nutzen. Sie müssten dazu nur einmal nur einmal die erforderlichen Daten angeben.
Bislang hat PayCash in besondere mit Anbietern und Entwicklern von Kassensystemen- und Software zusammengearbeitet. Außerdem besteht eine Technologiepartnerschaft mit dem E-Commerce-Software-Anbieter Magento. Angaben darüber, inwieweit diese Partnerschaften weiterhin gepflegt werden sollen, oder ob sie im Zuge des Einbaus in die Daimler-Welt und der dazu erforderlichen Neuausrichtung aufgegeben werden, haben die Unternehmen noch nicht gemacht. Auch die Frage, ob und wie die Beziehungen zu zahlreichen Payment Providern weltweit, darunter auch Giropay, Paysafecard, Klarna oder Paypal, weiterhin unterhalten werden, ist noch offen.
Warum sollte jemand Mercedes pay nutzen
Damit ist auch unklar, welche Rolle Mercedes pay im Marktsegment Mobile Payment tatsächlich einnehmen kann und wie Verbraucher dazu bewegt werden können, gerade Mercedes pay zu verwenden. Schließlich ist die Auswahl an Alternativen groß genug. Und selbst wenn einige Personen mehrere der Daimler-Mobilitätsangebote nutzen, werden die doch nur einen – vergleichsweise kleinen – Ausschnitt aus ihrem Bezahl-Alltag darstellen. Daneben werden sie ins Kino gehen, Lebensmittel einkaufen, diverse Güter online erwerben oder Dienstleistungen beim Friseur, städtischen Einrichtungen wie Frei- und Hallenbädern oder anderen Anbietern nutzen. Sofern sich Mobile Payment tatsächlich durchsetzt ist grundsätzlich anzunehmen, dass Nutzer im Idealfall auf eine, aber zumindest nur auf eine sehr begrenzte Zahl an elektronische Geldbörsen zurückgreifen werden, der oder denen sich dann alle anderen unterordnen müssen.
Mehr oder weniger gesetzt sein wird die des Anbieters des Mobiltelefons beziehungsweise dessen Betriebssystems. Hier sind Apple, Google und Samsung mit Apple Pay, Android Pay und Samsung Pay bereits aktiv. Dazu kommen dann noch Anbieter, die Verbraucher in anderem Zusammenhang schon nutzen, etwa Paypal, oder Dienste, die die Zahlung bei vielen anderen Angeboten von zentraler Stelle aus ermöglichen. Wenn die Geldinstitute es bald aggressiver positionieren und ihre enorme Kundenbasis aktivieren, hat vielleicht auch noch das vor gut einem Jahr gestartete deutsche Gemeinschaftsprojekt Paydirekt eine Chance. Alle anderen werden es sehr schwer haben. Das lässt sich zum Beispiel anhand der Angebote der Mobilfunkprovider aufzeigen.
Bei IBM dreht sich das gesamte IoT-Geschäft um die kognitive Plattform Watson IoT. Sie soll zusammen mit Bluemix, einer Art Cloud-Service-Baukasten, die unterschiedlichsten analytischen Dienste und Anwendungen ermöglichen.
Die Deutsche Telekom hat ihren Dienst MyWallet in Deutschland im November eingestellt. Er war 2014 ins Leben gerufen worden. Trotz der großen potenziellen Nutzerbasis aufgrund der hohen Anzahl an Mobilfunkkunden begründete die Telekom das Aus für den Dienst außer mit technischen Hürden auch mit der geringen Akzeptanz bei der Zielgruppe: Laut Telekom lagen die Kundenzahlen “im niedrigen fünfstelligen Bereich”. Daher sei der Dienst in Deutschland aufgegeben worden. In anderen Ländergesellschaften, beispielsweise Polen, wolle man jedoch in dem Segment auch weiterhin vertreten sein.
Auch Vodafone hat sich entschlossen, die eigene Bezahllösung SmartPass, die in Kooperation mit Wirecard betrieben wurden, zugunsten von PayPal aufzugeben. Dazu wurde PayPal in die Vodafone-Wallet-App integriert. Wesentlich offensiver als Telekom und Vodafone geht derzeit Telefónica mit seiner Marke O2 die Verknüpfung von Mobilfunkvertrag und Bezahl- sowie Bankfunktionen an. Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr zusammen mit der Fidor Bank ein spezielles Bankkonto für Smartphone-Nutzer vorgestellt.
Mit Wallet-Funktionen und Angeboten hat aber auch O2 schon schlechte Erfahrungen gemacht. In Großbritannien wurde das Angebot etwa im März 2014 eingestellt. In Deutschland war O2 Vorreiter bei dem zusammen mit den beiden anderen Mobilfunknetzbetreibern eingerichteten Mpass. Aber auch der Dienst wurde Ende September 2016 beerdigt.