In Londons Osten entsteht die “Tech City”; eine neue Stadt für die Informationstechnologie. Hier sind die IT-Giganten an jeder Ecke präsent und unterstützen die neuen, kleinen Unternehmen. Sie sind Mentoren, Investoren und auch selbst Gründer. Intel, Cisco, BT, EMC haben eigene Labs gegründet, in denen sie neue Technologien und Geschäftsmodelle entwickeln, ausprobieren und für den weltweiten Einsatz in vielen Millionen Geräten oder Sensoren skalieren. Eines dieser Start-ups ist Pivotal – wenn auch eines mit einem großen Förderer: Mit ihren Londoner Labs belegt die EMC-Tochter zwei Etagen gleich um die Ecke des U-Bahnhofs Old Street.
Der Besucher bekommt ein deutliches Bild davon, wie die mit mehreren hundert Millionen Dollar Investorengeldern unterstütze Disruption in der IT-Welt aussieht: Entwickler von Herstellern und Kunden arbeiten in Teams. Alle Teams sitzen gemeinsam in großen, offenen Räumen. An Stellwänden hängen Diagramme, Verlaufspläne, Porträtaufnahmen, Post-it-Zettel. Pivotal bietet Sofa- und Sitzecken, eine große Küche und einen Raum für das gemeinsame Frühstück, mit dem hier jeder Tag beginnt.
Das Gespräch von allen mit allen ist ausdrücklich erwünscht, zwischen den Teams soll ein stetiger Austausch stattfinden. Jedes mögliche Problem soll im Lab besprochen und möglichst auch gelöst werden. Alles ist offen, ruhig, geschäftig, konzentriert.
Pivotal hatte mich aus Berlin nach London eingeladen, um mit Michael Ramsperger, damals dem Director EMEA Central, zu sprechen. In Berlin sind unsere Büros etwa 20 Minuten voneinander entfernt. In London dauert alleine der Weg von meinem Hotel in die Nähe der Pivotal Labs knapp zweieinhalb Stunden. U-Bahn Ausfälle, geschlossene Stationen, Umwege, ich gehe im täglichen Londoner Verkehrswahnsinn verloren.
Ramsperger ist gar nicht gekommen. Seit er vor etwa eineinhalb Jahren seine Position übernommen hatte, hat er für Pivotal eine lange Kunden- und Projektliste aufgebaut. Volkswagen, Daimler, Allianz, BMW und noch einige andere Namen zählt er im Gespräch auf. Auch jetzt ist er wieder auf dem Weg zu einem Kundentermin. Also sitze ich allein im Londoner Besprechungsraum und telefoniere mit meinem Berliner Nachbarn.
Mit großem Erstaunen und Neugier beobachten Mitbewerber und Kunden die Erfolge Pivotals. Jeder Autohersteller hat mindestens ein ERP-System, in das die Big-Data-Software integriert und deren Lizenzen bereits gezahlt sind. Trotzdem bleiben diese Systeme häufig ungenutzt in den Serverregalen liegen. Vor allem die Autoindustrie vertraut offensichtlich Pivotal – und es sieht so aus, als surften die Kalifornier auf genau der Analytics-Welle, auf die die anderen IT-Hersteller ungeduldig warten.
EMC hatte vor einigen Jahren ein Big-Data-System auf den Markt gebracht. Doch dieser neue Geschäftszweig habe “eher schlecht funktioniert”, erinnert sich Ramsperger. “EMC stand für Storage – wir hatten im Markt nicht die Reputation für die Geschäftsprozesse seiner Kunden Know-how zu haben. Seit Pivotal auf dem Markt ist, hat sich das um 180 Grad gedreht. Im Bereich Data Analytics sind wir gesuchte Ansprechpartner für Firmen.”
Im Rahmen der von techconsult im Auftrag von ownCloud und IBM durchgeführten Studie wurde das Filesharing in deutschen Unternehmen ab 500 Mitarbeitern im Kontext organisatorischer, technischer und sicherheitsrelevanter Aspekte untersucht, um gegenwärtige Zustände, Bedürfnisse und Optimierungspotentiale aufzuzeigen. Jetzt herunterladen!
Pivotal wirkt wie ein Start-up aus der Retorte, das von seinen Gründern nach einer Checkliste organisiert wurde: EMC übergab die Big-Data-Plattform an eine Open-Source-Foundation. Die im Jahr 2012 von EMC übernommenen Pivotal Labs wurden zum Kern des neuen Unternehmens. EMC und VM Ware statteten das Baby mit Geld und Assets aus und hoben das Start-up “Pivotal” aus der Taufe, dessen Produkt Cloud Foundry soeben in Version 1.10 vorgelegt wurde. “Pivotal ist EMC weitergedacht – es geht nicht mehr nur darum, die Daten zu speichern, sondern mit den Daten zu arbeiten und Mehrwert zu schaffen”, sagt die Stimme aus dem Telefon.
Jedes Unternehmen kann Start-up sein
Ich lehne mich zurück und frage, ob Pivotal tatsächlich ein “Start-up” sei. “Unsere Vorstellung eines Start-ups bedeutet extrem schnell zu programmieren, die Wünsche der Kunden in den Mittelpunkt zu stellen und die alte Logik der Projektgeschäfte zu brechen”, sagt der frühere EDS- und EMC-Manager, der Anfang des Jahres von Deutschland weiter nach Kalifornien gezogen ist. So nenne Pivotal auch Google, Uber oder Facebook “Start-ups”.
Nach Meinung Pivotals könne jedes Unternehmen Start-up sein. Und genau hier liegt der Schlüssel zum Erfolg: “Wir helfen unseren Kunden dabei, wieder Softwareentwickler zu werden. Sie sollen mit den Unternehmen aus dem Silicon Valley konkurrieren können.” Pivotals Versprechen sei es, dass jedes Unternehmen ein Silicon-Valley-Unternehmen werden könne. Dafür müssten die Unternehmen vor allem lernen, was im Internet-of-Things-Zeitalter Geschwindigkeit bedeute. “Denn Geschwindigkeit ist eine Kernkompetenz der Start-ups”.
Sein Angebot an die Kunden sei die Implementierung der Pivotal Plattform und die Nutzung der Pivotal Labs. “Dabei ist die Rolle der Pivotal Labs nicht nur die Produktentwicklung und die Produktprogrammierung. Sie sind unser Instrument für den Wissenstransfer von Pivotal zu seinen Kunden.”
Dafür sei es auch höchste Zeit. Beispielsweise seien Mobilitätsanbieter wie Uber oder Logistikunternehmen wie Amazon den Automobilherstellern weit voraus. “Es wird fünf bis sieben Jahre dauern, bis sie diesen Vorsprung wieder einholen. Falls sie heute mit dem Aufholen anfangen.”
Um etwa die Automobilindustrie für diese Jagd fit zu machen, dreht Pivotal das Start-up-Geschäft einfach um. Die Hersteller brauchen in Zukunft nicht mehr mit Start-ups oder Systemhäusern zu arbeiten – ganz einfach weil sie sich selbst zu einem Start-up wandeln.
“Das Frontend – also die mobilen Applikationen und die Websites – müssen die Autohersteller künftig als ihre Kernkompetenz ansehen. Sie sind so wichtig wie der Motor. Unsere Kunden sehen die Entwicklung und Programmierung dieser Systeme als ihr strategisches Know-how, mit dem sie gegen Google oder Uber antreten. Wenn sie konkurrenzfähig bleiben wollen, sind sie gezwungen, dieses Wissen im eigenen Haus zu haben”, das ist Ramspergers Trumpf.
Er gibt zu bedenken, dass “mit diesem ‘Start-up-Wissen’ ein fundamentaler Wandel angestoßen werde. “Auf diesem Weg kommen eine neue Kultur, neue Konzepte und neue Maßstäbe in die Unternehmen.”
Helge Husemann, Product Marketing Manager EMEA von Malwarebytes, stellt in diesem 60-minütigen Webinar (Aufzeichnung) die neue Sicherheitslösung Malwarebytes Endpoint Protection vor. Sie enthält ein mehrstufiges Sicherheitskonzept und bietet damit einen effektiven Schutz vor modernen Bedrohungen wie WannaCry, Petya und anderen.
Ramspergers baut eine neue, schillernde IT-Welt aus Pivotal Algorithmen und Marketingmodellen auf. In deren Zentrum steht die Pivotal Plattform mit den kundenspezifischen Frontends und einer EMC-Storage-Umgebung. Ramspergers Eckpunkte sind Wissen, Geschwindigkeit und die ständige Analyse der Kundendaten. Das Ziel der Unternehmen sei es, so zu sein, so zu fühlen und so zu arbeiten wie ein Silicon-Valley-Start-up.
“Mit uns setzen die Kunden das Silicon-Valley-Feeling um. Bei uns ist das quasi mit in der Packung: Dazu zählen kundenzentriertes Arbeiten, die täglichen Verbesserungen der Systeme und somit die ständige Weiterentwicklungen des digitalisierten Unternehmens.” Er spreche von der Disruption der IT-Welt. Und nur wer diese Disruption mitgehe, könne die Disruption in seiner jeweiligen Industrie beherrschen.