EU will Lebensdauer von Elektrogeräten verlängern
Die Wirtschaft lebt davon, dass Verbraucher möglichst oft Produkte neu anschaffen. Doch nun soll mit neuen Regeln und Zertifikaten die Nutzung von Elektrogeräten verlängert werden.
Elektronische Geräte sollen länger genutzt werden. Das hat das Europäische Parlament beschlossen. EU-Kommission, Mitgliedstaaten sowie Hersteller sollen mit einem neuen Regelwerk aufgefordert werden, dass Verbraucherprodukte langlebiger, hochwertiger und vor allem Reparatur-fähig und nachrüstbar werden. Darüber hinaus will das Parlament stärker gegen “geplante Obsoleszenzen” von physischen Produkten und Software vorgehen und auch damit längere Produktlebensdauer erreichen. Der Antrag wurde mit 662 Stimmen angenommen – bei nur 32 Gegenstimmen und 2 Enthaltungen.
“Wir müssen erreichen, dass alle in Verkehr gebrachten Erzeugnisse wieder repariert werden können”, so Pascal Durand von der Fraktion Die Grünen/EFA. “Wir müssen sicherstellen, dass Batterien nicht mehr in ein Produkt eingeklebt, sondern eingeschraubt werden, damit wir kein Telefon wegwerfen müssen, nur weil die Batterie defekt ist. Wir müssen gewährleisten, dass die Verbraucher wissen, wie lange Produkte haltbar sind und wie sie repariert werden können.”
Das Parlament fordert zudem die Kommission auf, die Einführung eines freiwilligen europäischen Gütezeichens zu prüfen, das Lebensdauer, Ökodesign, Nachrüstbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten belegt. Vorgeschlagen wurden Verbrauchszähler für große Elektrogeräte und andere wichtige Gebrauchsgüter. Die Abgeordneten sprachen sich für eine EU-weite Definition von “geplanter Obsoleszenz” aus. Diese Definition soll zudem mit einem Prüfungssystems erweitert werden, das Produkte mit geplantem Verschleiß ermitteln soll. Angebracht seien schließlich “abschreckende Maßnahmen” gegen Hersteller, die in dieser Hinsicht auffallen.
Das Parlament empfahl weiterhin Mindestkriterien für die Beständigkeit in jeder Produktkategorie. Die Mitgliedstaaten sollen Anreize für Hersteller langlebiger und reparierbarer Produkte schaffen. Die Förderung von Reparaturen und Verkäufen aus zweiter Hand könnten Arbeitsplätze schaffen und Abfall verringern. Technischen Lösungen, Sicherheitsvorkehrungen oder Softwarelösungen, mit denen Anbieter Reparaturen verhindern, sei entgegenzuwirken. Wesentliche Komponenten wie Batterien und LEDs sollen nur fest in Produkte eingebaut werden, wenn das Sicherheitsgründen erforderlich ist. Ersatzteile sollen zu einem Produktart und Lebensdauer entsprechenden Preis verfügbar bleiben.
77 Prozent der EU-Verbraucher würden eine Reparatur dem Neukauf vorziehen
Die Parlamentarier verwiesen auf eine 2014 durchgeführte Eurobarometer-Erhebung, nach der 77 Prozent der EU-Verbraucher eine Reparatur dem Neukauf vorziehen. Abschreckende Reparaturkosten oder unzureichender Kundendienst zwängen sie aber letztlich doch, Produkte zu ersetzen. Eine positive Ausnahme ist das Fairphone, das sich sehr einfach reparieren lässt. Leider ist und bleibt das Gerät nach wie vor ein Nischenprodukt.
Die Debatte um geplante Obsoleszenz wird seit Jahren geführt. Schon vor über vier Jahren nannte ein Gutachten im Auftrag der Grünen zahlreiche Beispiele für geplanten Verschleiß. Apple wurde in dem 100-seitigen Dokument gleich mehrfach als schlechtes Vorbild beschrieben, weil es den Austausch von Komponenten oder eine Reparatur erheblich erschwerte und verteuerte.