Bundeswehr-IT: unkalkulierbares Milliardenfiasko
Das berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf nichtöffentliche Prüfungsberichte. Demnach sollen die laufenden Kosten derart davon galoppieren, dass sich die Gesamtkosten für das Mamutprojekt schon nicht mehr kalkulieren lassen. Inzwischen diskutieren die Verantwortlichen in Berlin bereits einen Rückzug aus dem Projekt.
Auch die Planungen für die Umsetzung gingen teilweise ins Leere und das Projekt hinke weit abgeschlagen hinter dem Zeitplan her. Daher, so der Bericht weiter, würden im Bundesverteidigungsministerium sowie im Haushaltsausschuss des Bundestages diskutiert, wie man den Absprung aus dem Projekt Herkules schaffen könnte.
Bereits im Juni hatte ein interner Bundeswehr-Bericht dem Projekt eine verheerende Bilanz ausgestellt. Schon damals war klar, dass die Kosten- und Preisvorgaben sich nicht einhalten lassen würden.
Wiederholt sich hier das Fiasko von Toll Collect? Auch bei Herkules ist Siemens beteiligt. Daneben arbeiten auch IBM und der Bund selbst an dem Kooperationsunternehmens BWI-IT mit. Die Modernisierung der veralteten Anlagen sollte ursprünglich 6,8 Milliarden Euro kosten. Anfang 2008 kletterten die Kosten bereits auf 7,1 Milliarden Euro. Und laut dem jüngsten Prüfungsbericht ist derzeit überhaupt nicht mehr klar, wie viele Milliarden das Projekt verschlingen wird.
Die eigens für das Projekt Herkules gegründete BWI-Informationstechnik nennt als Geschäftsauftrag und Projektumfang: “Der IT-Leistungsverbund wird der Bundeswehr IT-Leistungen bereitstellen, die auf einer modernen IT-Infrastruktur basieren. Diese Leistungen werden sowohl unter wirtschaftlichen als auch technischen Gesichtspunkten an die Bedürfnisse des Auftraggebers angepasst sein. Sie sollen helfen, die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte zu sichern.”
Nach diesem desaströsen Bericht, dem bereits im Sommer ein ähnlich vernichtender interner Bericht der Bundeswehr vorangegangen war, fordert die Politik vom Verteidigungsministerium eine Einstellung der Bonuszahlungen an Mitarbeiter von BWI-IT.
Der Bund jedoch hält nur 49 Prozent an dem Joint Venture und hat damit keine Stimmmehrheit. Damit signalisiert das Verteidigungsministerium seine Handlungsunfähigkeit. Als Grund für die Kostenexplosion, so das Handelsblatt weiter, wird vom Verteidigungsministerium der fehlende Wettbewerb genannt.
“Der Bund wird über den Tisch gezogen”, kritisierte Jürgen Koppellin, Mitglied im Haushaltsausschuss und Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP, gegenüber dem Handelsblatt das Projekt. Das gesamte Projekt müsse jetzt auf den Prüfstand. Der Grünen-Haushaltsexperte Alexander Bonde sieht jetzt den Verteidigungsminister in der Pflicht, “sich der Sache persönlich anzunehmen”.