Standardisierung von Open XML kommt ins Stocken
Microsoft-Partner Novell scheint für Microsofts Open XML etwas übrig zu haben, wie ein Translator für OpenOffice zeigt. Verschiedene ISO-Mitglieder kritisieren die schnelle Standardisierung des ODF-Konkurrenten, was zum Problem werden könnte.
Verschiedene Mitgliedsorganisationen der International Organization for Standardization (ISO) haben schriftlich ihre Bedenken gegen eine allzu schnelle Standardisierung des Formates Open XML durch das Standardisierungsgremium der ECMA (European Computer Manufacturers Association) geäußert.
Zwar habe in den vergangenen Monaten die Zahl der Kritiker leicht abgenommen, wie es aus informierten Kreisen heißt, dennoch bleiben noch immer genügend Gegenstimmen übrig, um die Zertifizierung von Open XML durch die ISO-Gremien abzuschmettern. ECMA hat im Januar Microsofts Vorschlag von Open XML als Standard verabschiedet und nun bei der ISO zur weiteren Zertifizierung als Standard vorgelegt.
Auf einige der Kritikpunkte hat ECMA nun geantwortet. Der Blog Groklaw hat ein PDF mit den Anworten der ECMA online gestellt. Müssten die zuständigen ISO-Gremien derzeit über den Microsoft-Vorschlag abstimmen, würde der ECMA-Standard 376, so die offizielle Bezeichnung für den Open XML-Standard, wohl abgelehnt werden, urteilen Experten. Die Niederlande beispielsweise haben angekündigt, sich der Stimme enthalten zu wollen. Ein Standard jedoch müsse von den Ländergremien einstimmig angenommen werden.
Laut Groklaw könnten die vorgebrachten Kritikpunkte auch das so genannte ‘Fast Track’-Verfahren gefährden. Dabei sollte der Open XML innerhalb der nächsten fünf Monate zum Standard gekürt werden. Das Gremium könnte aber auch den Weg versuchen, die Einwände durch Änderungen am Entwurf für den Standard aus der Welt zu schaffen.
Ob Microsofts Programm Manager für Open XML, Brian Jones, jedoch mit seinem Friedensangebot für den ISO-Standard Open Doucument Format (ODF) die Bedenken der Kritiker zerstreuen kann, ist fraglich. In einem Blog erklärte Jones: “In den vergangenen Jahren hatten wir zwei wichtige Dokumentenformate auf dem Markt, Open XML und ODF. Beide sind für unterschiedliche Aufgaben entwickelt worden und beide liefern einen wertvollen Beitrag. Man kann inzwischen sagen, dass wir viele verschiedene Implementierungen beider Formate haben.”
Microsoft scheint nach wie vor ein wenig in Erklärungsnot zu sein, was die Versuche angeht, den eigenen Standard gegen ODF zu positionieren und dabei dennoch den Anschein eines ‘offenen’ Unternehmens zu wahren.
So heißt es etwa in einer Mitteilung, die Microsoft PR-wirksam zur Konferenz Advancing eGovernment veröffentlichte: “Microsoft begrüßt grundsätzlich die Wahlfreiheit beim Einsatz von Dokumentenformaten in der Industrie und der öffentlichen Verwaltung.” Dennoch lässt der Hersteller wenig Zweifel übrig, dass Open XML einen “wichtigen Beitrag zur Realisierung der ursprünglichen Vision von XML” liefert, und “durch umfassende Interoperabilität” letztlich die bessere Alternative der beiden Formate liefert.
“Unsere Kunden, vor allem aus der öffentlichen Verwaltung, wünschen bei den Dokument-Formaten Interoperabilität, Wahlmöglichkeiten und Innovation”, so Michael Grözinger, National Technology Officer bei Microsoft Deutschland. Auf diese Wünsche habe Microsoft mit Open XML reagiert.
Auch Novell hat auf diese Wünsche, aber auch auf die Bedürfnisse von Organisationen reagiert, die lieber ein herstellerunabhängiges Dokument-Format sehen. So hat der frischgebackene Microsoft-Partner jetzt einen Translator für Microsofts Open-XML-Format für die Textverarbeitung von OpenOffice veröffentlicht Mit dem Translator können Organisationen nun ODF- und Open-XML-Dokumente öffnen und speichern. OpenOffice-Plugins für Präsentationen und Tabellenkalkulationen werden noch folgen, kündigt Novell an.