Fünf Jahre Piratenpartei Deutschland
Am 10. September begeht die Piratenpartei Deutschland ihr fünfjähriges Jubiläum. Statt zu feiern, konzentriert sie sich auf die Kommunalwahlen in Niedersachsen (11. September) und die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus (18. September). In Berlin haben die Piraten gute Aussichten, über die Fünf-Prozent-Hürde zu springen.
Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage für die Berliner Zeitung liegt die Berliner Piratenpartei bei 5 Prozent. Demnach verlieren vor allem die Grünen – die um den Posten des Regierenden Bürgermeisters kämpfen – an die Piratenpartei. Die FDP liegt in dieser Umfrage mit 4 Prozent hinter der Piratenpartei.
Gelingt den Piraten der Einzug in das Abgeordnetenhaus, könnten sie an ihren letzten großen Wahlerfolg anknüpfen: bei der Bundestagswahl im September 2009. Die damals drei Jahre alte Partei hatte 845.904 Zweitstimmen geholt, 13 Prozent der männlichen Erstwähler wählten Piraten. Im Wahlkreis Berlin-Friedrichshain – Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost erreichte die Partei 6 Prozent, in Berlin-Mitte 4,18 Prozent, in Hamburg-Mitte 3,82 Prozent und in Nürnberg-Nord 3,69 Prozent.
Dieser Erfolg schreckte damals die anderen Parteien auf. Man müsse von der Piratenpartei lernen und in der Kommunikation über die digitalen Kanäle besser werden, hieß es im Oktober 2009 aus dem CDU-Präsidium. Um im Februar 2010 lud sich Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) Piraten zum Gespräch in sein Büro.
Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, wies im September 2009 darauf hin, dass sich in der Piratenpartei ein bislang übersehenes Milieu organisiere. Die moderne Gesellschaft basiere ganz wesentlich auf dem Wissen, über das dieses intelligentes Milieu verfüge. Politisch tätig wurde dieses Milieu demnach, weil es seine Grundlagen – etwa ein nicht-zensiertes Internet – durch staatliche Eingriffe im Namen der Sicherheit bedroht sieht.
Der Höhenflug der Piratenpartei hielt jedoch nicht an. Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2010 holte sie nur 1,2 Prozent, im März 2011 bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg 2,08 Prozent.
Im Mai 2011 trat der Bundesvorsitzende Jens Seipenbusch zurück. Der Parteichef hatte zuletzt den Rückhalt unter den Mitgliedern der Piratenpartei verloren. Diese begrüßten via Twitter seinen Rückzug. Neuer Bundesvorsitzender wurde Sebastian Nerz, bislang Landesvorsitzender der Piratenpartei in Baden-Württemberg und Student der Bioinformatik in Tübingen.
Nerz trat sein Amt mit dem Ziel an, die zerstrittene Partei zu einen. “Der Bundesvorstand wird die Rahmenbedingungen schaffen, in denen die Piraten politische Arbeit leisten können”, sagte er. Eine verbesserte interne Kommunikation sei Basis für die Wahlkämpfe zur Bundestagswahl 2013 und zur Europawahl 2014.
Wo genau es hakt, beschrieb er kurz nach seiner Wahl unter anderem in einem Interview mit Zeit Online. “Wir haben jetzt 16 Landesverbände, die zum Teil parallel arbeiten. Vor kurzem haben wir festgestellt, dass fünf Verbände gleichzeitig daran arbeiten, Termine zu verwalten. Da ist die fünffache Arbeit gemacht worden, weil wir vorher nicht miteinander geredet haben.”
Wenn es gelinge die Arbeitsweise zu verbessern, kann die Partei nach seiner Meinung bei der Bundestagswahl 2013 fünf Prozent schaffen. Sein erklärtes Ziel sei es in den Bundestag einzuziehen, so Nerz gegenüber ZDFheute.de. “Wir sind jetzt schon auf dem Weg stärker zu werden als die FDP, die ja eher auf dem absteigenden Ast ist. Ich denke bis zur Bundestagswahl werden wir als einzige Bürgerrechtspartei sehr gute Chancen haben.”
“In den ersten fünf Jahren ist viel passiert”, sagte Nerz anlässlich des Jubiläums. “Wir haben in allen Bundesländern Landesverbände gegründet und sind nach starkem Zuwachs mittlerweile die mitgliederstärkste nicht im Bundestag vertretene Partei. Wir haben basisdemokratisch unser Programm erweitert und uns zu einer Partei entwickelt, die einen großen Teil des politischen Themenspektrums abdeckt.”
Dabei habe sich der Anspruch “Klasse statt Masse” durchgesetzt. Zu den Leitgedanken der Themenentwicklung bei den Piraten gehöre es, selbst zu denken und sich nicht zu Themen zu äußern, von denen man nichts verstehe. Da alle Mitglieder über die gleichen Mitspracherechte verfügten, bräuchten die Piraten manchmal länger, um sich eine Meinung zu bilden – diese Prozesse würden jedoch weiterentwickelt und beschleunigt.
Stetige Wahlergebnisse um die zwei Prozent zeigten, dass das Resultat der Bundestagswahl 2009 keine Eintagsfliege war, so Nerz. Bundesweit verfügten die Piraten über 48 Sitze in Kommunalparlamenten. Ziehe die Piratenpartei in Berlin ins Abgeordnetenhaus ein, sei sie zum ersten Mal in einem Landesparlament vertreten. “Nächstes Ziel: Bundestag und Europaparlament kapern. Weil man endlich mehr Demokratie wagen muss.”