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Hu, Bill und die CIA

Dafür tragen bienenfleißige Schreiber jedes Jahr aufs Neue die – aus Geheimdienstsicht – wichtigsten Kennziffern aller Länder der Erde zusammen, also: Erdölvorräte, Geburtenrate und wie viele Moslems dort jeweils leben.

Alles, was man halt so wissen muss, wenn man gelegentlich im Ausland einen Putsch anzettelt: Ob sich das überhaupt lohnt. Ob’s hinterher wieder mal Ärger gibt. Und ob jener tendenziell größer wird oder voraussichtlich eher abnimmt.

Ein derart akribisch zusammengeselltes Zahlenwerk ist auch für Leute interessant, die selber eigentlich nie putschen. Klar aber, dass die CIA sowas braucht.

Was einen allerdings doch ein wenig verwundert, ist, dass sie mittlerweile ihr gesammeltes Wissen auch noch veröffentlicht. Ansonsten fühlt sich die CIA ja eher fürs Zurechtbiegen und weniger fürs Publizieren von Tatsachen zuständig. Trotzdem: Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs stellt sie regelmäßig die neue Auflage ihres World Factbook ins Netz – mittlerweile zum 17. Mal.

Die Welt hat sich halt doch sehr verändert. Das hat sich ja auch diese Woche wieder einmal gezeigt. Da war Hu Jintao auf Staatsbesuch in den USA.

Zur Zeit des Kalten Krieges wäre sowas ein willkommener Anlass gewesen, um auf Menschenrechtsverletzungen in China hinzuweisen und um den Unterschied zwischen westlichen Demokratien und kommunistischen Ein-Parteien-Regimes zu betonen. Da verspricht sich heute aber wohl niemand mehr was von.

Die einzige Rechtsverletzung, die man China gegenwärtig noch ernsthaft übel nimmt, ist jene des Copyrights. Deswegen war Hu Jintao gleich zu Beginn seiner US-Reise auch erst einmal bei Bill Gates. Klasse Headlines hätte so ein Besuch vor 20 Jahren abgegeben! “KP-Chef trifft mächtigsten Kapitalisten” beispielsweise.

Da kommt heute aber niemand mehr drauf. Wär’ auch zu albern, einen derartigen Gegensatz konstruieren zu wollen.

Gut, es gibt auch im Westen immer noch jede Menge Extremisten, die die Arbeitsmänner und Arbeitsfrauen mit dem, was in der Mao-Bibel steht, zu agitieren versuchen. “Was auch immer unternommen wird, es muss das Prinzip ‘Fleiß und Genügsamkeit’ eingehalten werden”, heißt es dort etwa (Mao Tse-tung: Der sozialistische Aufschwung im chinesischen Dorf, Band 1).

Aber die, die solche Parolen verbreiten, bilden heute keine K-Gruppen mehr. Sie finden sich statt dessen in anderen radikalen Organisationen, hierzulande vorzugsweise im BDI und in der FDP.

Die Domino-Theorie von John Foster Dulles, die nach der chinesischen Revolution von 1949 für vier Jahrzehnte die amerikanische Außenpolitik bestimmte, hat mittlerweile eben ausgedient. Das einzige, was die USA heute in Sachen Volksrepublik noch schreckt, ist deren Außenhandelsüberschuss.

Ja, die Welt hat sich verändert. Besser geworden ist sie nicht. Aber komplizierter. In solchen Zeiten suchen die Menschen nach Orientierung.

Und die finden sie ebenfalls im World Factbook. Neben Angaben zum Erdölvorkommen, der Geburtenrate und der Religionszugehörigkeit der Bevölkerung, gibt es dort nämlich auch solche zur Größe des jeweiligen Staatsgebiets.

“Slightly smaller than the US” heißt es etwa zur Volksrepublik China. Und zu Deutschland: “Slightly smaller than Montana”. 83 Staaten kann man sich bei der CIA am besten vorstellen, wenn man sie mit Washington, DC, vergleicht. Bei elfen ist’s Maryland und bei 18 Texas.

Ein bisschen despektierlich ist, wie der US-Geheimdienst den Vatikan beschreibt, den anderen Staat mit einem – seit einem Jahr – deutschen Oberhaupt, der sich ansonsten in Sachen Demokratie fast mit der Volksrepublik China messen kann. “About 0.7 times the size of The Mall in Washington, DC” habe der, liest man im World Factbook.

Das ist schon hart. Andererseits fällt der Vatikan halt einfach durchs Raster. Es gibt dort kein Erdöl, keine Moslems und keine Geburtenrate.

Und zum Thema World liest man im Factbook: “Land area about 16 times the size of the US”. Sowas gibt einem doch Halt. Wie sehr sie sich auch verändern mag, die Welt, die Maßstäbe bleiben dieselben.

Silicon-Redaktion

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