Irgendwann im Laufe des Jahres 1982 beispielsweise setzte der US-amerikanische Student Rich Skrenta einen Computervirus Namens Elk Cloner frei. Bis dato war digitales Ungeziefer unbekannt.
Heuer steht demnach eine Art Jubiläum an. Und als Zeitzeuge von damals schießt einem da doch gleich durch den Kopf: “Jetzt ist das a(uch) scho(n) wieder so lang her. Das mit den ersten Viren. Ein Vierteljahrhundert. Wie die Zeit doch vergeht!”
Im Animmer-Stadium dann sind sämtliche Symptome des Ascho-Syndroms voll ausgeprägt: “Aber das Malware-Zeug ist a(uch) nimmer das, was es mal war.”
Ist doch auch wahr. Früher, das war eine ganz andere Zeit. Die Leute waren anders drauf. Die Musik war besser und sogar die Malware.
Um zu erklären, wie eine logische Bombe funktioniert, erzählte man etwa damals immer die Geschichte von dem Programmierer, den sein Chef feuern will.
Deshalb schreibt dieser Programmierer ein kleines Stück Software, das regelmäßig in der Personaldatenbank des Unternehmens nachschaut, ob der Name seines Urhebers noch drinsteht. Wenn ja, tut es nichts. Wenn nein, löscht es alles.
Eine schöne Geschichte war das doch. Allein durch die Kraft seiner Gedanken schmiedet ein Kleiner eine Waffe, mit der er sich am tyrannischen Großen furchtbar rächt.
Gut, sie ist wahrscheinlich frei erfunden. Aber das haben schöne Geschichten in einer unschönen Welt so an sich.
Und so dachte man damals eben über Malware. Die meiste davon war schließlich ebenfalls gut drauf.
Viren waren gewisser Maßen der digitale Arm der Spaßguerilla. Der SCA-Virus beispielsweise. Der schrieb auf den Monitor die Meldung: “Etwas Wunderbares ist geschehen. Dein Computer lebt. Er wurde von einem Virus befallen.”
Oder der Stoned. Der meldete sich mit: “Your PC is stoned. Legalize Marihuana!”
Das digitale Ungeziefer von heutzutage hingegen! “Paradigm Shift!” wie der Wurm Fizzer einmal in die Betreffzeile einer Mail geschrieben hat. Ein Paradigmenwechsel. Malware ist heute anders als der gute alte Stoned oder die logische Programmierer-Bombe. Dabei geht’s bloß noch um Geld wie sonst überall halt auch.
Bots und Trojaner nennt man dieses zeitgeistige Zeug. Es spioniert Kontodaten aus oder verwandelt anständige PCs in Zombies, die Werbemüll verschicken.
Der arglose Nutzer infiziert seinen Rechner damit meist, indem er auf ein Attachment klickt. Und damit er das tut, steht in der Betreffzeile der Mails, mit der jenes versandt wird, etwas das ihn verblüfft. “I love you” beispielsweise.
Besonders hinterhältig war da auch besagter Fizzer. An Schwaben verschickte sich der mit dem Betreff: “Koi Luschd zom Schaffe”. Für die Einwohner Württembergs war dies insofern erstaunlich, als dass kaum jemand außerhalb der Landesgrenzen die Ausdruckstärke und Schönheit ihrer Sprache zu würdigen weiß.
Andererseits stellte diese Betreffzeile ein geradezu klassisches Oxymoron dar, einen besonders hübsch formulierten Widerspruch in sich. Denn Lust und Arbeit sind dem Schwaben eins. Auf diesem Gebiet hat er immer “Luschd”. – Deshalb erhebt sich bei so einem spannenden Betreff der Klickfinger doch geradezu vor freudiger Erregung.
“Social Engineering” nennt sich die Kunst, mit gezielt gesetzten Worten, jemanden dazu zu bringen, etwas zu tun, was er eigentlich gar nicht will. Ein anderer Begriff dafür lautet Marketing. Der wird aber nicht im Zusammenhang mit Malware verwandt. Und außerdem geht’s dabei in aller Regel um noch mehr Geld.
Auch der deutsche Innenminister möchte das degenerierte digitale Ungeziefer von heute einsetzen – in Form des Bundestrojaners. Wolfgang Schäuble ist ja der erstaunlichste Politiker überhaupt. Der ist immer für eine Überraschung gut.
Erst wollte er Protestierer gegen den Weltwirtschaftsgipfel nächste Woche in Heiligendamm kurzerhand einsperren. Dann machte Bild, das Fachblatt für Paradoxie, vergangenen Samstag mit der Headline auf: “Schäuble begrüßt Demos beim G8-Gipfel”.
Verblüfft fragt man sich, was das jetzt wieder soll. Nur eine vernünftige Antwort kann es darauf geben: Die Überschrift in Bild gäbe schließlich auch eine unwiderstehliche Betreffzeile ab. – Ganz klar: Wolfgang Schäuble übt sich im social Engineering.
Bloß eins fällt einem als vom Ascho-Syndrom Betroffener dazu ein: “So weit sind wir als a(uch) scho(n).”
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