Kommunikationsprobleme
Es ist schon bemerkenswert: 57 Prozent der hiesigen Arbeitsmänner und Arbeitsfrauen sitzen am PC. Das hat der Branchenverband Bitkom ausgerechnet.
Das wären mehr Leute, als verheiratet sind, und erst recht mehr, als es hierzulande Kinder gibt. Im Schnitt kommunizieren die Menschen also häufiger mit einem Stück IT als in der Ehe und erst recht als mit dem Nachwuchs. Und trotzdem kümmert sich niemand um die Schwierigkeiten, die das mit sich bringt.
Bücher für insgesamt 71,04 Euro kann man sich bei Amazon zum Thema “Gespräch in der Ehe” bestellen. Diese Ratgeber werden meist dann konsultiert, wenn jenes im Laufe der Jahre schon recht einsilbig geworden ist.
Und was für Kommunikationsprobleme erst mit Kindern auf den verschiedenen Gesprächsfeldern auftreten können! – Wenn man mit ihnen “über Mathe” (18,60 Euro), “über Gott” (14,90 Euro) oder “darüber” spricht.
Letzteres mag manchem ein bisschen peinlich sein. Dafür ist es äußerst preiswert. Den Leitfaden gibt’s im Zustand: “gebraucht – gut” schon für 49 Cent.
Einen Titel “Kommunikation mit dem PC” sucht man beim Internetbuchhändler allerdings vergebens. Dabei ist so eine Unterhaltung mit seinem Rechner doch ebenfalls äußerst konfliktträchtig.
“drwtsm32.exe – dll-Initialisierung fehlgeschlagen”, hat er vorhin erst wieder vermeldet. Wann lernen es diese Dinger endlich mal, sich ordentlich auszudrücken?
Die Kommunikation mit einem Rechner kann aber auch sehr schön und einfühlsam sein. Wenn er fragt, ob die eben eingegebenen Log-in-Daten gespeichert werden sollen, legt einem beispielsweise der sensible Firefox nahe, sich nicht gleich festzulegen und statt dessen mit “diesmal nicht” zu antworten. Sehr feinfühlig formuliert ist das!
Es klingt ein bisschen nach: “Tschuldigung. Ich muss das jetzt eben fragen. Ich weiß. Du solltest dich auch endlich mal um deine Firewall kümmern, Office patchen und Schutzprogramme gegen Rootkits evaluieren, kommst aber nicht dazu. Und diese leidige Frage, welchen Passwort-Manager du verwenden willst, ist halt auch noch offen. Komm, du armer Stressler, schieb die Entscheidung noch ein bisschen vor dir her, und klick einfach diesen Button an.”
So ein empfindsames Programm muss man einfach gern haben. Man entwickelt zu ihm ein Verhältnis wie ein Herrchen zu seinem Hund. Eigentlich müsste der gute Firefox ja eher Foxhound – Jagdhund – heißen.
Mehr wie ein Dackel hingegen geriert sich Windows. Es tut nicht, was es soll, und macht dann einen auf Unschuld. “Debuggen fortsetzen?” bellt es einen oft unvermittelt an. Und weil kein Feld da ist, in das man eingeben könnte: “Das hätten mal die Loser erledigen sollen, die dich programmiert haben”, lässt man sich notgedrungen auf diese Unverfrorenheit ein -in der Gewissheit, dass das eigensinnige Stück Software auch in Zukunft nur widerspenstig sein wird.
Ganz anders ist da wiederum das Brennprogramm Nero – fast wie ein deutscher Schäferhund. Es heißt ja auch schon so, liebt es zu parieren und den entsprechenden Ton.
“Never ask me again!”, legt es einem in den Mund, wenn es eine eigentlich überflüssige Frage gestellt hat. Gäbe es eine bayerische Version, so stände hinter dem entsprechend bajuwarisierten harschen Kommando sicherlich noch ein “Zefix!”
Ja, Software muss gehorchen. Und Nero weiß das. Fein gemacht. Guutes Programm!
Geht doch! Es ist zwar schwierig. Aber irgendwie schafft man es doch immer wieder, sich seinem Rechner zu verständlich zu machen. Selbst Windows lässt sich – im Unterschied zu einem Dackel – mit Alt+Ctrl+Del zur Räson bringen.
Und die Kommunikationsprobleme im Non-IT-Bereich löst eh die Zeit. Kinder werden erwachsen. Und jene in der Ehe sind spätestens dann verschwunden, wenn man sich gar nichts mehr zu sagen hat.
Aber dann war da diese Woche noch diese Meldung auf silicon.de: “IT-Leiter frustriert Marketing-Blabla der Speicherhersteller”. Die Hälfte der in einer Untersuchung des US-Software-Hauses Bocada befragten CIOs beklagen demnach, “dass die Anbieter schlicht nicht zuhören”.
Ganz eigenartig kontrastiert das mit dem, was diese Anbieter immer Schreibern wie unsereinem erzählen, wenn man ihnen mit konkreten Frage zu ihrer Produktstrategie kommt, die sie nicht wirklich beantworten wollen. Dann heißt’s, die Roadmap hänge von den Kundenwünschen ab: “We listen to our customers.”
In jedem Interview mit einem US-CEO fällt dieser Satz. Im Web ist’s dokumentiert. “Ungefähr 58.000” mal wird Google fündig.
Das scheint tatsächlich etwas zu sein, das auch die Zeit nicht heilen kann. Schließlich hatten die Speicherhersteller ausreichend Gelegenheit, sich in der Kommunikation mit Kunden zu üben: 50 Jahre alt ist diese Woche das Geschäft mit Festplatten geworden.
Vielleicht sollte man mit den CEOs und den Platten-Tandlern mal reden wie mit dem Nero: “Never give me that answer again, zefix!”