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Stoipedia

Daran führt mittlerweile einfach keine Linkliste mehr vorbei. Diese Woche ist das Internet-Lexikon sechs Jahre alt geworden. Wikipedia steht inzwischen in 220 nationalen und regionalen Ausgaben im Netz.

Was man allerdings schmerzlich vermisst, ist eine bayerische Version, die beispielsweise die Funktionsweise der Politik im weiß-blauen Freistaat erläutert. Eine Stoipedia bräucht’s halt.

Weil: Außenstehende können das einfach nicht verstehen, was da zwischen dem Landratsamt des kleinsten bayerischen Kreises Fürth, der Staatskanzlei am Münchner Franz-Josef-Strauss-Ring und – dem ehemaligen Badehaus des Tegernseer Abtes Heinrich V – Wildbad Kreuth so abgeht.

Nicht wichtig sei sie, beschied der bayerische Ministerpräsident seine Kritikerin, die Fürther Landrätin. Was einleuchtend klingt. Alle wichtigen Leute versicherten ihm daraufhin, sie stünden hinter ihm. Was beeindruckend klang. Und seitdem weiß der Ministerpräsident, dass es viel unangenehmer ist, wenn die wichtigen Leute sagen, sie stünden hinter ihm, als wenn ihn die unwichtigen kritisieren.

Nachvollziehbar wäre das alles nur für jemanden, der einige grundlegende Artikel in der Stoipedia gelesen hätte. Etwa den, der unter A wie “anders” stehen könnte:

Anders – wichtigstes Attribut bayerischer Politik. “In Bayern gehen die Uhren anders”, erkannte dereinst sogar das Nordlicht Willy Brandt. “Sie gehen vor allem richtig”, ergänzte vor einigen Jahren Edmund Stoiber. Einige betrachten diese These allerdings durch den Umstand, dass Stoiber sie in seiner Funktion als Ministerpräsident aufstellen konnte, als ad absurdum geführt. Eine Contradictio in adjecto, wie es Stoibers altphilologisch gebildeter Vorgänger Strauss formuliert hätte.

“Bayern” – auch das gäbe einen hübschen Artikel ab. Darin müsste stehen, dass das Staatsgebiet auf den nichtbayerischen Politiker Napoleon Bonaparte zurückgeht. Nur seinetwegen (bayerisch: wegen dem) kommt es noch heute im Freistaat zu Rassenunruhen zwischen Franken und Altbayern.

Ein Link auf “Pauli, Gabriele” könnte das sehr plastisch illustrieren. Und von da aus müssten dann gleich noch Links zu den verwandten Themen “parteischädigend” und “Parteiausschlussverfahren” verweisen.

Auch noch unter P aufgeführt gehört der Eintrag: Partei, die. Kurzform für Christlich-Soziale Union. Von P. ist in Bayern nur der Singular gebräuchlich. Der Plural wird nach vorherrschender Meinung (Link zu “Wahlergebnis”) als überflüssig erachtet.

Wahlergebnis, das. Das W. wird in Bayern nach der Formel 55 Prozent plus x für die Partei (Link) errechnet.

Diskussion, die. Austausch von Argumenten. Die CSU plakatiert gerne “Wir in Bayern”. Des reicht. In der Partei (Link) herrscht eine eher ganzheitliche und sinnliche Auffassung von D. vor. Weshalb auch häufig “Ausraufen, das” als Synonym verwendet wird.

Essentiell für das Verständnis bayerischer Politik ist der Artikel “Führung”. Führung, die. F. braucht nach einhelliger Meinung in der Partei ein jeder. Die personenbezogene Abwandlung von F. kann aber wegen eines früheren bayerischen Politikers, der allerdings gebürtiger Österreicher war, heute nicht mehr verwandt werden. Menschen, die F. ausüben, werden deshalb etwas umständlich als Führungspersönlichkeit oder Spitzenpolitiker bezeichnet.

Das größte Vergehen, dessen sich ein Spitzenpolitiker schuldig machen kann, wird als “Schwächeln” bezeichnet. Was keinesfalls mit dem Zutagetreten irgendwelcher intellektueller Schwächen in der Diskussion (Link) oder sonst wo gleichgesetzt werden darf. “Von den anderen” (Link auf “Opposition”) wird dem Stoiber derartiges oft vorgeworfen. Was allgemein als lächerlich empfunden wird. Jetzt aber wirft ihm die Partei (Link) vor, er schwächle. Des is nimmer lustig.

Einige weitere, kleine Artikel könnten sich dann noch mit eher randständigen Themen der bayerischen Politik befassen, mit Frauen, Ethik und CSU-fernen Organisationen. Der zu “Karin” etwa.

Karin, Vorname der Frau des Ministerpräsidenten. Stoiquote führt als Zitat mit Bezug auf Karin auf: “Ach, wenn doch alle Frauen so sein könnten” (Edmund Stoiber). Karin S., geborene Rudolf, gehört einem integrationswilligen neo-bayerischen Volksstamm an, den Sudetendeutschen, also nicht den Franken (Link auf “Pauli, Gabriele”). Sie strebt keine eigene politische Karriere an und gibt meist Ruhe.

Opposition, die. Im politischen System Bayerns unterscheidet man zwei Formen von O., die wirkliche und die von den anderen. Die Rolle der wirklichen O. wird allgemein als zu wichtig erachtet, als dass man sie den anderen überlassen könnte. Deshalb wird sie zusammen mit der Regierungsverantwortung von der Partei – Kurzform für Christlich Soziale Union – (Link) selbst wahrgenommen.

Aus formalrechtlichen Gründen ist im Freistaat darüber hinaus eine zweite Form der O. zugelassen, eben die von den anderen. Als andere gelten, unterschieden nach dem Grad ihrer Marginalität, SPD und Grüne. Deren Aufgabe besteht darin, Forderungen der wirklichen O. mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zu übernehmen, beispielsweise jene nach dem Rückzug Stoibers.

Apropos Verantwortung: Verantwortung, die. V tritt als RegierungsV. stets in Verbindung mit vielen schönen und gutdotierten Posten auf. Deshalb wird sie von Spitzenpolitikern (Link auf “Führung”) gerne übernommen – im Sinne von “ein Amt übernehmen”.

V übernommen – im Sinne von “dafür gerade stehen” – wird von Spitzenpolitikern hingegen nur sehr ungern, weil dies mit dem Verlust ebendieser schönen und gutdotierten Posten verbunden wäre. Deshalb wird dies im weiß-blauen Freistaat – und nicht nur dort – gerne auf Nichtspitzenpolitiker übertragen.

Die Funktion derartiger Nichtspitzenpolitiker besteht darin “abgewatscht” (hochdeutsch: geohrfeigt, übertragen: geopfert) zu werden. Bekannte Abgewatschte sind Alfed Sauter, ehedem bayerischer Justizminister, und Michael Höhenberger, ehedem Büroleiter des Ministerpräsidenten.

Ja, das alles gehört ins Stoipedia rein. Andererseits die Röstzwiebeln in Wikipedia sind ein sehr viel schöneres Thema.

Silicon-Redaktion

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