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Wirtschaftslyrik

Das hätte sich das fleißige Fräulein Grete, die spätere Frau Schickedanz, wohl auch nicht träumen lassen, dass ihr Versandhaus, einmal nach einem Helden aus der World of Warcraft heißen würde. “Mut, Wertigkeit und Verlässlichkeit” fänden in dem neuen Namen ihren Ausdruck, erläuterte vor ein paar Tagen der bis dato KarstadtQuelle- und künftige Arcandor-Chef Thomas Middelhoff. Ansonsten war der bislang als Poet noch nicht aufgefallen.

Warcraft-Kenner mögen bemängeln, dass eher Nathrezim – einer der Schreckenslords ihrer Cyber-Welt – einen probaten Namenspatron abgegeben hätte. Stellt diese Spezies doch laufend gewaltige Armeen aus Skelettkriegern auf. Das hätte vielleicht besser zu dem Umstand gepasst, dass Quelle gerade sein Call Center auslagert und aus diesem Anlass den Telefonistinnen den Lohn um ein Drittel kürzt und dafür ihre Arbeitszeit verlängert. Aber das würde Middelhoff sicherlich als kleinlichen Einwand betrachten.

E.ON heißt die Nummer 64, was ebenfalls phantasievoller klingt als Vereinigte Elektrizitäts- und Bergwerks AG (VEBA) und Vereinigte Industrieunternehmen AG (VIAG), wie sich die Vorgängerkonzerne noch nannten.

Die begnadetsten Lyriker der I+K-Industrie wiederum kommen vom Wittelsbacher Platz in München, wo Siemens (Position 22 bei Fortune) seinen Konzernsitz hat. Die haben das wohlklingende Wort Infineon erdacht. Das haben sie vom englischen “infinity” für “Grenzenlosigkeit” und dem altgriechischen “aeon” abgeleitet. Letzteres bedeutet “Leben” und “Unendlichkeit”. Die neuen Aktionäre, die Siemens diese Firma abkauften, haben dann recht schnell lernen müssen, dass auch in diesem – dem endlichen – Leben die Verluste, die man an der Börse erleiden kann, nahezu grenzenlos sein können.

Infineon selbst hat im letzten Jahr ebenfalls versucht, mit einem schönen Wort Geld zu machen und das Geschäft mit Speicher-Chips unter dem Namen Qimonda loszuschlagen: “Qi” steht für “atmende und fließende Energie”. Das hat aber nicht mehr so gut geklappt. Da war dieser Trick wohl doch schon zu alt.

Nur das Stammhaus heißt noch ganz altmodisch nach dem ehrbaren Ingenieur Werner von Siemens. Da könnten sich die Poeten vom Wittelsbacher Platz doch auch mal was Adäquateres einfallen lassen!

Siemens macht ja in jüngster Zeit vor allem deshalb von sich Reden, weil der Konzern ganz seltsame Käufe und Verkäufe tätigt. Mal verkauft er seine Handy-Sparte an einen taiwanesischen Bankrotteur. Dann wird ihm vorgeworfen, Arbeitskräfte eingekauft, ohne dafür Steuern und Sozialabgaben entrichtet zu haben. Das Wohlwollen von Leuten, die lukrative Aufträge zu vergeben haben, soll Siemens gekauft haben. Und schließlich eine ganze gelbe Gewerkschaft, die komische Organisation des Soziologen-Sohns Schelsky.

Sowas sollte eigentlich nicht im Namen des großartigen Erfinders Werner von Siemens geschehen. Der Vorschlag des Schreibers für die längst überfällige Umbenennung des Konzerns: Emerall, von lateinisch “emere” für “kaufen” und dem englischen “all”.

Auch bei IBM wär’s mal an der Zeit. Das wundert einen überhaupt, dass dieses Unternehmen immer noch die altbackene Abkürzung für International Business Machines benutzt. Stehen bei ihm die allergüldensten Feldern im Sold.

Power nennt sich der Prozessor, den IBM im Angebot hat. Und den Marketing-Leuten, die sich das ausgedacht haben, soll man abnehmen, das sei bloß ein unschuldiges Akronym – für Performance Optimization with Enhanced RISC (Reduced Instruction Set Computing).

Und wenn die Nummer 29 bei Fortune auf alternativ, also auf Linux, macht, dann wirbt sie – einer der größten Lieferanten des Pentagon – mit “Love, Peace and Linux”. Der Vorschlag des Schreibers: bavarIT. IT steht für Informationstechnik. Logisch. Und die Buchstaben davor, kommen aus “bavarder”. Das ist französisch und bedeutet “plaudern”. Das würd’s doch treffen.

Microsoft ist auch schon lange nicht mehr klein, wie der Name suggeriert. Im Gegenteil: Rang 140 bei Fortune. Und soft ist das auch nicht, was die in Redmond so bringen. Diesen Monat haben sie wieder einen Patch ins Netz gestellt, nach dessen Installation der Rechner erst einmal völlig mit der Produktion von Fehlermeldungen ausgelastet ist. Und deshalb haben sie dann noch einen Patch für den Patch nachgeschoben.

Was soll man dazu sagen? Oder besser: Wie soll man so ein Unternehmen nennen?

Aosverblus würde vielleicht den Kern treffen. “Aosda” ist das gälische Wort für “alt”. Das niederländische “verdeler” bedeutet “Verteiler” oder “Steuerung” und “blus” – in Afrikaans – heißt “löschen”. Die letzten beiden englisch abgekürzt, ergibt das: Alt+Ctrl+Del.

Silicon-Redaktion

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