Web-Services haben inzwischen eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Zum ersten Mal machten sie richtig von sich reden zu Zeiten des großen Internet-Hype. Sie spielten und spielen auch bei EAI (Enterprise Application Integration) eine entscheidende Rolle. Der Einzug von Web-Services in die Anwendungsintegration bedeutet letztlich den Abschied von großen proprietären Integrationsplattformen, um Informationen von einer zu einer anderen Applikation zu übermitteln. Sie bedeuten aber auch gleichzeitig den endgültigen Übergang von synchroner Applikationskopplung (z.B. via RPC) auf eine asynchrone Kommunikation. Hier liegt der eigentliche technische Vorteil von Web-Services.
Ein weiterer Vorteil, der mehr als strategisch zu bezeichnen ist, ist das Basieren auf Standards, insbesondere die Einbeziehung von XML als DEN Standard. Damit kommen zwei Eigenschaften zusammen, die große Attraktivität besitzen und letztlich die Basis zum Durchbruch darstellen. Im Ergebnis haben sich für Anwender eine höhere Flexibilität, größere Wahlfreiheit und sinkende Kosten für Integrationsprojekte ergeben. Insofern sind die Erwartungen der Anwender in Bezug auf Web-Services sicher erfüllt worden.
Bei SOA ist die Lage derzeit noch etwas anders zu beurteilen. Trotz vereinter Marketing-Anstrengungen praktisch aller Hersteller und Serviceanbieter sind die Adaptationsraten bei den Anwendern – insbesondere im deutschsprachigen Raum – noch weit hinter den Möglichkeiten zurück.
Andere Motivationslage
In USA und England ist der Durchschnitt der Projekte allerdings vergleichsweise weiter fortgeschritten, so dass davon auszugehen ist, dass die Akzeptanz auch hier zu Lande weiter steigt. Von einem Scheitern der Bemühungen um SOA ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr auszugehen. Dafür ist auch von Herstellerseite zu viel investiert worden. Zwar wird derzeit den Anwendern erklärt, dass SOA ausschließlich zu ihrem Nutzen erfunden wurde; das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn auch die Hersteller profitieren von den Ideen und Konzepten von SOA massiv. Die Motivationslage im Vergleich zu den Anwendern ist allerdings eine andere.
SOA kam beispielsweise für SAP gerade zur rechten Zeit, um den monolithischen Block R/3 aufzubrechen und in kleinere Module zu zerlegen. Diesbezügliche vorangegangene Bemühungen hatten sich als nicht besonders vielversprechend herausgestellt. Mit einer ähnliche Situation sah sich Microsoft konfrontiert. Das Windows-Betriebssystem als auch die hiesigen Office-Anwendungen sowie die ERP-Applikationen waren programmtechnisch kaum noch beherrschbar bzw. nicht direkt integrierbar.
Für andere Anbieter großer Anwendungen hat sich die Situation vielfach sehr ähnlich dargestellt. Oracle repräsentiert in diesem Zusammenhang eine andere Gruppe von Anbietern. Oracle benötigt dringend eine Technologie, die in der Lage ist, möglichst flexibel heterogene Anwendungsarchitekturen zusammenzuführen. Web-Services kamen dabei wie gerufen. Eine dritte Gruppe von Anbietern wird in diesem Zusammenhang von IBM repräsentiert.
Integratoren wittern Morgenluft
Systemintegratoren sind seit jeher bemüht, die Implementierung von großen Anwendungssystemen durch eigene Zusatzmodule, die in aller Regel individuell programmiert werden, zu bereichern. Diese Module sind allerdings nicht oder nur sehr schwer von einem Projekt auf ein anderes Projekt – insbesondere wenn die darunter liegende Basisanwendung eine andere ist – zu portieren. Durch die asynchrone Technologie und Standardisierung von SOA und Web-Services wird so eine Portierung plötzlich sehr vereinfacht. Dadurch können Kosten und Aufwand gespart werden. Die Hoffnung der Systemintegratoren liegt also in einer größeren Profitabilität bzw. der Möglichkeit der einfacheren Replikation von einmal geschaffenen Programmerweiterungen.
Für die Hersteller war die Umstellung auf SOA zunächst ein riesiger technischer Kraftakt, der mit hohen Investitionen verbunden ist. Die neue Basistechnologie von SOA und Web-Services hat allerdings Einzug in die Standardapplikationen gehalten. Diese Technologie wird sich damit sukzessive bei Programm-Updates auch bei den Anwendern etablieren. Diese werden damit auch von den Vorteilen der neuen Technologien profitieren.
SOA kommt über große Anwendungen
Da die Motivatoren für die Hersteller in diesem Zusammenhang praktisch die gleichen wie die für die Anwender sind (größere Flexibilität, leichtere Integrierbarkeit, Standardisierung, größere Modularität, klarer Architekturdefinitionen und auch geringere Kosten) ist sicher davon auszugehen, dass die Vorteile über die Zeit auch bei den Anwendern ankommen. Dieser Zeitpunkt ist allerdings noch nicht erreicht. Einerseits sind die Anwender hauptsächlich aufgrund mangelnder Erfahrungen und Know-how nicht in der Lage, SOA-Projekte komplett selbstständig auszuführen, andererseits bringen die Hersteller ihre SOA-basierenden Produkte erst nach und nach in den Markt.
Es ist davon auszugehen, dass die SOA-Assimilierungswelle noch die nächsten drei bis fünf Jahre anhalten wird, da diese Architekturen insbesondere über die großen Anwendungen in die Unternehmen gebracht werden, wobei die Austausch- und Upgrade-Zyklen bei den Anwendern häufig große zeitliche Vorläufe benötigen.
Fazit: Während Web-Services derzeit bereits als voller Erfolg sowohl für die Hersteller als auch für die Anwender bezeichnet werden kann, wird der flächendeckende Einsatz von SOA noch etwas Zeit benötigen. Letztlich werden die Anwender mindestens die gleichen Vorteile genießen wie die Anbieter. Die Vorteile der Anwender können wegen der leichteren Integrierbarkeit von Software-Komponenten unterschiedlicher Hersteller über die Vorteile der Hersteller hinausgehen.
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