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Slow Surfer

Ein schnelles Datennetz an einem so wunderschönen Ort ist doch eine feine Sache. Ansonsten allerdings geht hier überhaupt nichts schnell. Und das ist auch eine feine Sache.

Der Fischer würde – beschönigend formuliert – sicherlich einen imposanten Body Mass Index aufweisen. Wenn er Rotwein für seine Gäste bringt, japst er trotzdem nicht. Nie gibt er jenes erbärmliche Bild eines Dicken ab, den irgendwer oder irgendwas zu schnellen Bewegungen angetrieben hat.

Es würde sicherlich niemand jemals auch überhaupt nur auf den Gedanken kommen, den Fischer antreiben zu wollen. Dazu flößt er viel zu viel Respekt ein. Mit Gemach und Bedacht setzt er einen Fuß vor den anderen. Er schreitet. Nur er bestimmt, wie schnell er etwas tut. Er ist der Herr seiner Geschwindigkeit. Das verleiht ihm Würde. So jemand lässt sich nicht hetzen.

Auch anderen, auf die man gelegentlich trifft, tät’ man so viel Würde gönnen. Türkischen Frauen mit kleiner Haushaltskasse etwa, wenn sie zu Beginn des Schlussverkaufs, gleich bei Ladenöffnung, die Wühltische stürmen.

Oder finanziell besser gestellten deutschen Frauen, wenn sie mit flackerndem Blick zur Schnäppchenjagd durch die einschlägigen Boutiquen blasen. Oder deutschen Männern, die auf der Autobahn den Vordermann bedrängen, weil ihnen ihre Termine im Nacken sitzen und sie sich davon treiben lassen.

Oder Personal-Managern, die Bewerbern sagen, sie müssten unter Druck arbeiten können. Solche Anforderungen zu stellen, gilt manchem als Ausweis für ein dynamisches Unternehmen. Gute Leute allerdings dürften Firmen eher meiden, in denen man nicht in der Lage ist, die Arbeit vernünftig zu organisieren, und diese Unfähigkeit auch noch für einen zeitgemäßen ‘Skill’ hält.

Auf Erhellendes stößt man ja, wenn man sich auf die Suche nach der Herkunft des Wortes ‘Hetze’ ins Web begibt. Ursprünglich bedeutet es Treibjagd. Heute allerdings hetzt man Wild nur noch selten, Menschen hingegen umso öfter. Und noch einen Unterschied gibt es: Das Vieh früher hat sich selbst nie mit dem Treiber verwechselt. So manch einer der Abgehetzten von heute aber hält sich nicht für einen Gejagten, sondern für den Jäger.

In dem Zusammenhang: Surfen ist eine jener schönen Tätigkeiten, bei denen augenfällig wird, was für ein Quatsch Hast doch ist. Mit Hast geht da gar nichts. Richtig surfen kann man nur mit Muße: Entlang von Links oder von Wellen gleitet man durch einen Ozean – aus Wasser oder aus Information – und wird eins mit ihm.

Und weil bei etwas so Schönem dem Menschen immer ein bisschen heilig ums Gemüt wird, betrachteten die polynesischen Ureinwohner Hawaiis das Surfen (mit dem Brett) auch als spirituelle Handlung. “He’e nalu” nannten sie es. – Findet man alles im Web. Man braucht nur ein bisschen zu surfen (mit dem Browser). An einem so herrlichen Flecken wie dem Platz unter dem Baum am Strand und mit einem guten Rotwein (Peljesac, Jahrgang 2003) hat man ja die nötige Muße dazu.

Übrigens: Nachdem James Cook Hawaii entdeckt hatte, nannte er es erst einmal Sandwich-Inseln zu Ehren von John Montagu, des korrupten vierten Earl of Sandwich. Und was dabei auch interessant ist: Dieser Earl fungierte nicht nur als Namensgeber für Südseeinseln, sondern – vielleicht noch bedeutsamer – auch für das belegte Toastbrot. Er war nämlich ein von der Spielsucht Getriebener. Und um das Cribbage-Spiel nicht unterbrechen zu müssen, ernährte er sich oft nur notdürftig mit Fast-Food. In der Internet-Enzyklopädie Wikipedia steht die Geschichte. Der Earl machte so einem wesentlichen Bestandteil der heutigen britischen Küche erstmals populär.

Zu jenen kulturell äußerst fragwürdigen Errungenschaften – den angelsächsischen Ernährungsgewohnheiten – gehört ja auch die Black Pudding genannte Blutwurst. In England isst man derartiges gerne warm zum Frühstück. – Natürlich gibt es auch einen Internetauftritt zum Thema.

“If you are squeamish”, heißt es auf der Black-Pudding-Page ganz oben, “turn back now” – “Wenn Sie empfindlich sind, kehren Sie jetzt um.” Das ist britischer Humor!

Es ist doch fantastisch, auf was man alles stößt, wenn man so durchs World Wide Web spaziert. Apropos Humor: “Humor beginnt da, wo der Spaß aufhört”. Das stammt von Werner Finck und ist in Wikiquote zitiert. Ein hintergründiges Bonmot!

Der Fischer hat derweil neuen Wein gebracht. – “Wie war das noch gleich?” fragt sich der Schreiber, während er einschenkt. “Wie kommt man wieder schnell von der Treibjagd zum Humor?” – Gar nicht. Sowas geht nicht schnell. Dazu muss man surfen.

Silicon-Redaktion

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