Die Bundeszentrale für Politische Bildung hat einen Sammelband zum Thema ‘Medien 2.0’ herausgegeben. Und dafür braucht’s natürlich einen kompatiblen, also versionsgleichen Journalismus.
Die Early Adopters in Sachen Sprechblasen, die aus der Public-Relations-Branche, haben den Trend selbstverständlich ebenfalls schon aufgegriffen. Und eine Agentur hat eine Site namens PRzweinull ins Netz gestellt – mit Web-2.0-Features, versteht sich.
Nokia nennt eines seiner Mobiltelefone ‘Computer 2.0’. Was empörend ist. Schließlich darf man den Namen einer Maschine, die zu beherrschen, Verstand und Sachkenntnis erfordert, wirklich nicht als Bezeichnung für Gadgets missbrauchen, deren Besitzer stets laut und meist Überflüssiges daherreden.
Manchmal wünscht man solchen Leuten eine lange Autoexec.bat aus der DOS-Zeit aufs Handy und dass sie die händisch editieren müssen – mit dem Daumen. Damit sie wenigstens den Unterschied begreifen.
Auch vom einstmals größten Schrauber existiert angeblich schon eine 2er Version. ‘Dell 2.0’ nennt der Konzern seine Pläne, durch deren Umsetzung er wieder mehr Profit machen will.
Dabei lief die 1er doch eigentlich recht zuverlässig. Man gab über das gewohnte Web-Interface ein paar Daten ein. Und kurz darauf bekam man per Post eine zwar unscheinbare schwarze Kiste, die es aber in sich hatte: genau das, was man zuvor über das Web konfiguriert hatte.
Als Teil von Dell 2.0 nun liefert der Konzern seit diesem Monat knallbunte Notebooks aus. Es ist wohl wie so oft: Bei manchen so genannten Main Releases hat sich nur die Oberfläche ein bisschen verändert. Und man ahnt schon: Die Final-Version wird es erst dann geben, wenn nicht mehr Michael Dell, sondern Steve Jobs CEO ist.
In der Politik reden ebenfalls einige von einem Update. ‘Energie 2.0’ nennt die grüne Bundestagsfraktion ihre diesbezüglichen Vorstellungen. Ja, die Grünen sind eine moderne Partei, was man vor allem an der Verwendung modischer Begriffe erkennt.
Die SPD hingegen mag nicht so recht zugeben, dass bei ihr wieder mal ein Release-Wechsel stattgefunden hat. Das liegt daran, dass in dieser Partei neue Programm-Versionen meist schlechter sind als die alten. Schon an den jeweiligen Chef-Entwicklern kann man das unschwer erkennen: Bebel – Brandt – Beck! – So sieht konsequentes Downgrading aus.
Die SPD hat das Problem, dass sie über keinerlei USP (Unique Selling Proposition) mehr verfügt und dass die wählende Kundschaft die alten Programme lieber mochte. Deswegen ist sie auch so erbost darüber, dass ein – derzeit noch etwas – kleinerer Konkurrent mittlerweile mit beachtlichem Erfolg die sozialdemokratische Classic Edition neu aufgelegt hat.
Die einstmals stärkste der Parteien hält laut der Forsa-Umfrage von dieser Woche nur noch einen Marktanteil von 24 Prozent. Sogar das Vertriebspersonal hat teilweise gewechselt. Und einer der begnadetsten politischen Verkäufer baut inzwischen die lästige linke Konkurrenz auf.
Oskar Lafontaine ist für die SPD, was José Ignacio López de Arriortúa seinerzeit für General Motors war. Bei seinem Wechsel hat auch er jede Menge Intellectual Property mitgenommen. Mit dem Unterschied allerdings, dass sowas in der Politik legal ist.
Mit der Legalität doch arg schwer tut sich hingegen Wolfgang Schäuble, der sich derzeit Gedanken zur Bundesrepublik 2.0 macht. Einige interpretieren das, was er will, allerdings anders und verkaufen deshalb über das Internet T-Shirts mit seinem Bild und der Aufschrift “Stasi 2.0”, was selbstverständlich in einem seriösen Artikel wie dem vorliegenden nicht gutgeheißen werden kann.
Man stellt sich das Programm, das Schäuble entwickelt, am einfachsten als Ego-Shooter vor, der in Troja spielt. Zwei Gruppen von Figuren gibt es: Bundeswehrler und Verdächtige. Letztere erkennt man daran, dass sie kein Handy haben. Denn das will der Innenminister ihnen ja verbieten.
Gespielt – oder halt geschossen – wird dann nach den einschlägigen Regeln: Wenn sich was bewegt…
Wenn es Wolfgang Schäuble gelänge, seine Bundesrepublik 2.0 hierzulande zu implementieren, dann könnten Ballerspiele künftig als Lehrmaterial im Sozialkundeunterricht eingesetzt werden.
Na ja. Das Web 2.0 ist ja schon in Ordnung. Aber angesichts all der anderen Zwo-Nuller ist es vielleicht doch besser, bei den alten Versionen zu bleiben.
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