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Wien – Troja – Eriwan

Das hatte Wien ja auch nicht verdient, ständig mit einem Stück Software aus Redmond in Verbindung gebracht zu werden. Wien ist schließlich eine wunderschöne Stadt.

Selbst so etwas Alltägliches wie ein Zugang zur U-Bahn kann dort ein Baudenkmal sein: Der Pavillon über der Station Karlsplatz etwa gehört zu dem Schönsten, das der Jugendstil hervorgebracht hat. Und die konkurrierende Architekturrichtung, der Historismus, ist in Wien ebenfalls daheim und heißt nach dem Boulevard um die Altstadt auch “Ring-Straßen-Stil”.

Starken Kaffee nennt man dort “Brauner”. Der ist wie Espresso, nur nicht so wenig, also genau das, wonach journalistische Zeilenschreiber stets süchteln.

Ein Stück Fleisch mit ordentlich viel Knoblauch heißt “Vanille-Rostbraten”. Das schmeckt ausgezeichnet. Und der Name klingt nicht so anrüchig wie, wenn man die Zubereitungsart sans phrase benannt hätte.

Solch eine Stadt hat mit einem Microsoft-Betriebssystem nichts, aber auch gar nichts zu tun!

Überhaupt hat der Konzern ja mit seinen Entwicklungsprojekten schon oft dafür gesorgt, dass die Namen einiger Örtlichkeiten in den Ohren der geplagten Anwender einen bleibend schlechten Klang bekommen haben.

Windows 95 etwa hieß, bevor es fertig war, Chicago. Eigentlich wäre Atlantis viel passender gewesen, so oft wie dieses System abgestürzt und in die tiefsten Tiefen versunken ist.

NT wurde Anfangs unter der Bezeichnung Daytona geführt. Mit Daytona aber assoziiert man Härte. Der Strand von Daytona Beach in Floria ist so fest, dass man ihn selbst mit einem gewöhnlichen Auto befahren kann.

NT und die Weiterentwicklung Windows 2000 allerdings sind alles andere als gehärtete Systeme. Im Gegenteil: Sie ziehen digitales Ungeziefer geradezu an. Wenn man nachschaut, was der Virenscanner da immer findet, dann kommt man drauf, dass sich eher Sodom und Gomorrha angeboten hätte. Wenn Daytona Beach derart wenig Halt und Sicherheit böte, würde man sich nicht einmal mit Badelatschen dorthin wagen.

Auf Windows 2000 folgte das Projekt Odyssey, das aber schließlich abgebrochen wurde und dessen Ergebnisse dann in XP eingeflossen sind. Das ist das Betriebssystem, das ständig irgendwelche Daten nach Redmond weitergibt. Insofern wäre vielleicht ein anderer Name aus der griechischen Mythologie adäquater gewesen: Troja.

Etwas unschlüssig ist man, wenn’s darum geht, welcher Name für den Microsoft-Support angezeigt wäre. In Frage käme zum einen der Ort Schilda in Brandenburg, der beansprucht, vor 400 Jahren die Vorlage für Johann Friedrich von Schönbergs Roman “Die Schildbürger” geliefert zu haben. Und dann noch die armenische Hauptstadt Eriwan.

“Tastatur Fehler oder keiner Tastatur Gegenwart
F1 zum Wiederholen drücken, fortzusetzen, ENTF Setup einzugeben”, versucht Microsoft dem User die kryptische Fehlermeldung zu verdeutlichen, die englisch, also für deutsche Anwender besser verständlich, lautet: “Keyboard Error or No Keyboard Present Press F1 to continue, DEL to enter setup”.

Vereinfacht formuliert heißt das: “Weil keine Tastatur da ist, drücken sie F1 oder DEL auf dieser Tastatur.” Aber das wäre nicht “durch ein maschinelles Übersetzungssystem ohne jegliche menschliche Mitwirkung übersetzt”, wie der Konzern in seiner Knowledge Base betont.
Frage: Könnte sowas nicht auch von Radio Eriwan stammen?

Antwort: Im Prinzip ja…

Ach ja, manchmal wünscht man sich halt schon, die Anti-Trust-Klage von 1998 hätte Microsoft ein Kreuth – Gemeinde in Oberbayern, bekannt durch Bestrebungen der CSU nach Unabhängigkeit von der CDU – bereitet, ein Richter hätte einen Trennungsbeschluss verkündet und der Konzern wäre in viele dynamische kleine Unternehmen aufgeteilt worden. Aber es kam halt anders.

Und so ist man sich bei jedem neuen Windows eigentlich sicher, dass es zum Waterloo – Gemeinde in Belgien – für Microsoft werden muss. Aber der Konzern macht doch jedes Mal ein Eldorado daraus.

Dieses sagenhafte Eldorado übrigens gibt’s – geographisch gesehen – überhaupt nicht, nur in der IT halt. Und da heißt es Redmond.

Silicon-Redaktion

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