Mann und Frau auf Computisch
Es ist schon seltsam: Immer öfter passiert es einem, dass man etwas liest, was einem inhaltlich eigentlich fremd ist. Und trotzdem fühlt man sich so heimelig dabei.
Der Wiener Standard etwa brachte dieser Tage einen Artikel über die Energiepolitik auf der Azoren-Insel Graciosa: Die Insulaner wollen autark werden, und zwar “mit Windenergie, Sonnenstrom sowie einem Sicherheits-Backup aus Biomasse.”
“Deutschland muss sich auf wenige Cluster beschränken”, fordert wiederum August-Wilhelm Scheer in den VDI-Nachrichten. Wobei der Bitkom-Präsident damit keine Rechnerverbünde meint, sondern High-Tech-Regionen.
Und der ORF schließlich vermeldete vor kurzem: “Kohl bei der Tour de France ‘virtuell’ in Gelb. – Dass der Österreicher Bernhard Kohl lediglich rechnerisch für ein paar Minuten die Gesamtführung übernehmen konnte, liegt wahrscheinlich weniger an seinen radlerischen Fähigkeiten als daran, dass die Pharma-Industrie seines Heimatlandes einfach nicht zur Weltspitze gehört.
Aber, wie dem auch sei, aus all dem geht hervor, dass an der Sache mit dem Pervasive Computing doch was dran sein muss. Jedenfalls redet man mittlerweile über alles so, als würde es sich dabei um IT handeln.
Leute, die das nicht verstehen, mögen darüber klagen. Aber Computisch ist sicherlich die mächtigste Hochsprache, die die Menschen in ihrer bisherigen Geschichte entwickelt haben. Womit allerdings nicht die English-for-Beginners-Übungen irgendwelcher Marketing-Heinis und -Henrietten gemeint sind.
Da könnte man doch auch mal darangehen, auf Computisch ein ewiges Menschheitsproblem auf den Punkt zu bringen: die Zweierkiste von Mann und Frau! Bislang ist das ja nur sehr unzulänglich geschehen.
Was allerdings auch nicht verwundert, handelt es sich doch bei jener vermeintlich bloßen Kiste um eine äußerst komplexe und heterogene Umgebung. Nur ITler können sowas in den Griff bekommen – und das selbstverständlich auch nur rein sprachlich.
Es beginnt damit, dass Männer und Frauen völlig verschiedene Ansätze implementieren. Männer ähneln in ihrer Funktionsweise einfachen Skalarrechnern. Im kommerziellen Einsatz arbeiten sie meist zuverlässig einen Befehl nach dem anderen ab, sind also für eher einfache Aufgaben optimiert, wie Kriege zu führen und Geschäfte zu machen. Wobei die Ablaufumgebungen jener beiden Tasks sich zudem sehr ähneln.
Im Home-Bereich wiederum fallen Männer häufig in den Hibernate-Mode. Das ist eine Art unterbrechungsfreier Stand-by-Modus, auf den sie besonders schnell und gerne vor dem Fernseher umschalten, vor allem wenn dieser Ruhezustand Bier-assisted ist.
Frauen sind da anders, nämlich: Multitasking-fähig. Dieses Feature haben sie in der Entwicklungsabteilung der Menschheit erworben.
Als seinerzeit, in der Konzeptionsphase des Menschen, der Mann, wie es seinem schlichten Ansatz entsprach, sequentiell die einfachen Instruktionen abarbeitete, die ihm seine zerebrale Firmware vorgab: Wild erspähen – ranpirschen – totschlagen – und das alles in Echtzeit, da lernten Frauen im Home-Bereich, damals Höhle genannt, bereits nebenläufige Prozesse zu handlen, also aufzupassen, dass das Feuer nicht ausgeht, gleichzeitig auf die Kinder zu achten und in der Horde zu kommunizieren. (Darunter hat allerdings ihre Realtime-Fähigkeit stark gelitten.)
Männer wiederum können nicht kommunizieren, wenn sie Bier trinken und fernsehen. Und eben deshalb kommt es heute zu oft gravierenden Systemkonflikten. Zumal die weibliche Partition nie derart ausgelastet ist, als dass nicht noch genügend Ressourcen frei wären, um zu nörgeln.
Verschärft wird dies noch durch ein Defizit in der weiblichen Art der Informationsverarbeitung. Frauen sind nicht ausfallsicher – im Sinne von: fehlertolerant. Errors männlicherseits werden in einem non-volatilen Logfile mitprotokolliert, das stets im Hintergrund aktiv ist. – Dieser Prozess allerdings arbeitet völlig ausfallsicher mit einer – in der IT bislang noch nicht realisierten – Uptime von 100 Prozent.
Bei Männern kann dies bis zum Systemabsturz in der nächsten Kneipe führen. Der Skalierungsfaktor im Mann-Frau-Cluster liegt dann bei absolut null.
Wenn die beiden sich aber als kompatibel herausstellen, dann löst ein Peak den anderen ab. In solch einer Laufzeitumgebung generieren die beiden Liebe und Lust, wissend, dass für sie keinerlei virtuelles Limit existiert.
Ja, es ist schon erstaunlich, welche Performance so ein asymmetrischer Cluster entwickeln kann. Dabei sah das heilige Manual am Anfang allen Seins für die weibliche Domäne doch lediglich eine Assist-Funktion vor: “Und Gott der Herr sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei” (Genesis, Kapitel 2, Vers 18).
Allerdings will das jene Gehilfin heute absolut nicht wahr haben. Und weil sie by default recht hat, bleibt dem Mann ein Lösungsweg verwehrt, der sich in der IT oft als hilfreich erweist, nämlich den ursprünglichen Systemzustand wiederherzustellen.
Noch’n Patch (Nachtrag): Selbstverständlich hat der Schreiber auch die obige Betaversion seines Wochenrückblicks in seinem Cluster gebroadcastet. Ihre Response: “Ach, du wieder!”
Was ist das jetzt? – Ein “confirm” (Javascript), ein “positive acknowledge” (Novell-Netware) oder doch ein “406” (“not acceptable”) unter Androhung eines “409” (“conflict”) aus dem Hypertext Transfer Protocol?
Na gut, dann halt jetzt das Update: Es wäre allerdings völlig verkehrt, jenes ewige Menschheitsproblem in Computisch auf den Punkt bringen und damit verstehen zu wollen. Es besteht vielmehr gerade darin, dass man Frauen einfach nicht verstehen kann.