Geiz ist im Rechenzentrum geiler als Ökologie
Klimawandel und Öko-Boom scheinen nun auch die Rechenzentren (RZ) erreicht zu haben. Längst läuft das Rennen um die Reputation als umweltfreundlichster IT-Lieferant.
Generalisten wie IBM und Siemens, Chiphersteller wie Intel und AMD, aber auch Speicherspezialisten wie Hitachi Data Systems überschlagen sich mit Vorschlägen für Green IT im Rechenzentrum.
Ökologie spielt dabei allerdings nur beim Marketing die erste Geige. So hat IT-Dienstleister T-Systems gerade mit großem Tamtam für sein Rechenzentrum in München eine Brennstoffzelle mit Biotreibstoff in Betrieb genommen. Ökologisch sei daran, dass das System CO2-neutral arbeite, sprich: Der zu Biogas vergorene Saatmais nimmt beim Wachsen so viel Kohlendioxid auf, wie die Anlage beim Verbrennen wieder abgibt. Ein geschlossener CO2-Kreislauf also, was besser sei, als Öl zu verfeuern.
Der Hinkefuß: Für einen Rechnerraum braucht T-Systems einen Quadratkilometer Anbaufläche. Allein um das T-Systems-RZ vollständig mit Biogas zu betreiben müssten 80 Quadratkilometer bepflanzt werden. Wollte man alle Münchner Rechenzentren so mit Biogas betreiben, müsste man wohl die Nahrungsmittelerzeugung in der Region einstellen.
Tatsächlich spielen die nur halb durchdachten Konzepte der IT-Industrie über regenerative Energieformen im Endeffekt nur jenen in Hände, die für CO2-arme, aber aus anderen Gründen nicht unbedingt erwünschte, Atomkraftwerke plädieren.
Wohl durchdacht haben die RZ-Betreiber wie T-Systems dagegen jene Aspekte, um die es ihnen tatsächlich geht: Das Sparen von teurem Strom und die Sicherung der Grundversorgung mit Energie. Brennstoffzellen eignen sich vor allem dazu, die kontinuierliche Grundlast zu tragen – sprich sich für den Alltag von den großen Stromerzeugern und deren Preisgestaltung unabhänig zu machen. So beklagt Willi Hoffmann, Technischer Geschäftsführer der Münchner Power and Air Solutions , die sinkende Qualitität der Stromnetze, die im Jahr 2006 in den weltweit verteilten Rechenzentren der Telekom zu 11.000 Ausfällen geführt hätten. Daher spekuliert man bei T-Systems über eine Zeit, in der man die öffentliche Netze nur noch als Notstrom-Lieferanten bei Spitzenbelastung nutzt.
Der andere Aspekt ist, Strom zu sparen, was ökologisch gesehen immer richtig ist. Nur wird derzeit die Bedeutung von Green IT in diesem Zusammenhang massiv übertrieben. Nach Untersuchungen der ETH Zürich benötigen RZs je nach Land zwischen 0,1 und 1 Prozent des nationalen Strombedarfs. In den verschwenderischen USA sind es 1,5 Prozent, hier zu Lande rund 0,8 Prozent. In den USA geht man davon aus, dass mit bekannten Mitteln ungefähr ein Viertel des Stromverbrauchs eingespart werden könnte. Damit lässt sich die Ökobilanz nur unwesentlich entlasten, die Stromrechnung der amerikanischen RZ-Betreiber jedoch sehr. Sie lag 2006 zusammengerechnet bei 4,5 Milliarden Dollar.
Es ist also kein Wunder, dass sich RZ-Betreiber wie IBM und T-Systems an die Spitze der Green-IT-Bewegung setzen. Sie können durch einen breiten Energiemix nicht nur durch den raschen Wechsel auf die jeweils günstigste Stromquelle Geld sparen, sie profitieren auch mit niedrigeren Preisen und dem neuen Öko-Image.