Seit Jahren gilt BEA als Übernahmekandidat. Der Grund: Der bereits Dotcom-Zeiten paradoxe Slogan, wonach künftig nicht mehr der große Fisch den kleinen, sondern der schnelle den langsamen schluckt, hat sich auch diesmal als unrichtig erwiesen. Richtig ist, dass große Fische kleine fressen, auch weil sie (zumindest beim Fressen) schneller sind. Übertragen auf BEA heißt das, es ist dem Middleware-Spezialisten nicht gelungen so rasch zu wachsen, dass die Übernahme für die Konkurrenten zu teuer wird. Umstrukturierungen, der inzwischen bewältigte Nachholbedarf bei SOA haben die Zahlen gebremst.
Tatsächlich klopft Oracle deswegen schon seit Jahren an BEAs Türen, wurde aber immer wieder abgewiesen. Noch vor wenigen Tagen hatte BEA-Chef Alfred Chuang auf einer Kundenveranstaltung in Barcelona die Vorteile eines unabhängiges Middleware-Anbieters gegenüber herstellerspezifischen Plattformen à la Oracle Fusion und SAP Netweaver hervorgehoben. ISVs (Independent Software Vendors) seien besonders agil, zwangsweise kompatibel zu den verschiedenen Herstellerplattformen und zudem unabhängig von Strategien, die über das reine Middlewaregeschäft hinausgingen.
Nun hat Oracle offensichtlich die Geduld verloren. Ein Rolle mag dabei gespielt haben, dass nun, wo sich BEA mit neuen Produkten langsam aus dem Tal herausgearbeitet hat, die Gefahr besteht, dass der Middleware-Spezialist dem Großkonzern Oracle davonzieht – und dann tatsächlich zu teuer wird.
BEA wird das Schicksal vieler unabhängiger Softwarehäuser teilen, die in Zeiten voller Kriegskassen vom Markt verschwanden. Sobald ein Trend interessant zu werden beginnt, verdrängen oder kaufen die großen Konzerne sie. Das galt in den vergangenen Jahren für Anbieter von Open-Source-Software ebenso wie für ERP-Spezialisten und Business-Intelligence-Firmen, wie die kürzliche Übernahmeankündigung von Business Objects durch SAP belegt. Auch im Middleware-Bereich sind spätestens seit dem SOA-Hype die unabhängigen Anbieter umfassender Lösungen Mangelware geworden.
Beim BEA-Management weiß man, dass Widerstand wenig helfen wird und beklagt daher das aus seiner Sicht zu niedrige Angebot. Allerdings dürften die Aktionäre eine fetten Reibach machen, allen voran der Investor Carl Icahn, der wegen der Übernahmegerüchte seinen Firmenanteile auf 13 Prozent erhöht hat. Zweifelhaft ist jedoch, ob sein Versuch, die Spekulationen und die Kurse durch die Gerüchte anderer Interessenten hochzutreiben, besonders viel Erfolg zeitigt. Bislang allerdings spielt die Börse mit und beteiligt sich an der Kursralley. Dabei hat die SAP schon abgewunken, HP auch. Die Software AG würde sich wohl an dem Deal überheben und die IBM wird den Teufel tun, sich fast ausschließlich Produkte ins Haus zu holen, die sie schon hat.
Ob sich der Deal für Oracle lohnt, ist fraglich. Schließlich kauft das Unternehmen sich viel Technologie, die man schon im Haus hat, und verunsichert damit die eigenen Kunden, genau wie die von BEA. Schwer einzuschätzen ist die Bedeutung des an sich attraktiven Bestands an BEAs Großkunden, denn mit ihrer Datenbank ist Oracle längst in allen Konzernen vertreten. Kurz: Es geht wohl eher um den Ausbau der Markmacht und um einen Analysten-freundlichen Wachstumsschub. Außerdem schafft sich Oracle einen gefährlichen Konkurrenten vom Hals und rückt im Middlewaregeschäft zur Nummer zwei nach der IBM auf.
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